Silberband 112 - Die Energiejäger
Portal, das sich selbsttätig vor ihm öffnete, in den sonnendurchfluteten Garten hinaus. Er stieg in das Fahrzeug und nannte dem Autopiloten das Ziel.
Während der Gleiter der öffentlichen Fahrstraße zuschoss, verschwand Zwadivars Haus hinter den Bäumen des Parks. Er nahm davon nichts wahr, denn seine Gedanken waren mit dem bevorstehenden Besuch befasst.
»Was das Licht im Dunkel wohl von meinem Anliegen halten wird?«, fragte er sich belustigt.
»Mein verehrter Freund, da ich dich seit geraumer Zeit kenne, bleiben mir nur zwei Möglichkeiten, dein Verhalten zu erklären«, sagte das Licht im Dunkel. »Entweder kennst du ein Geheimnis, das uns anderen verborgen ist, oder du bist übergeschnappt.«
Das Licht im Dunkel, dessen wahrer Name nicht mehr genannt worden war, seitdem sein Träger sich des Privilegs der Selbstteilung begeben hatte, war von Statur dem reichen Zwadivar ebenbürtig. Wie alle Diener der Öffentlichkeit trug er an mehreren Stellen der Haut bunte Verfärbungen, die durch die Injizierung inerter Farbstoffe erzeugt wurden. An Zahl und Tönung der Farbstellen konnte jeder den Rang des Dieners erkennen. Es bestand kein Zweifel, dass das Licht im Dunkel zu den höchsten Mitgliedern des Staatsdiensts zählte.
»Ich kenne kein Geheimnis«, antwortete Zwadivar. »Ich habe nur eine Idee. Die meisten Noran-Fänger leiden darunter, dass sie keine feste Basis haben. Sie müssen die Fangfahrt unterbrechen, um sich mit Proviant zu versorgen, Ersatzteile zu beschaffen und was dergleichen mehr. Ich dagegen werde mir auf dem Irrläufer unter den Sternen eine Basis einrichten und daher alles Benötigte immer sofort zur Verfügung haben.«
»Das ist eine einleuchtende Idee«, erkannte das Licht im Dunkel an. »Aber nur, wenn man nicht daran denkt, dass sich der Irrläufer zur Zeit der Noran-Fangsaison zwischen dem Ursprung der Vollkommenheit und der Heimstatt der Wärme in einem Bereich des Weltalls befinden wird, durch den sich die Norane mit hoher Geschwindigkeit bewegen.«
»Dieser Nachteil wird durch die Verfügbarkeit einer Basis aufgewogen«, antwortete Zwadivar. Er war nicht sicher – und es spielte in Wirklichkeit auch gar keine Rolle –, ob er das Licht im Dunkel täuschen konnte.
Das Licht war einer von denen, die früh im Leben erkannt hatten, dass sie auf längere Zeit hinaus stabil sein würden und damit eine gute Aussicht hatten, Ansehen im Staatsdienst zu erreichen. Als einer, der nicht mehr in unvorhersehbaren Zwischenräumen dem schwächenden Prozess der Selbstteilung unterworfen war, konnte das Licht im Dunkel sich ausschließlich seiner Karriere widmen und war gleichzeitig der Bewunderung aller Mitbürger sicher, denn das Privileg der Selbstteilung aufzugeben war ein hartes Opfer. Bis heute hatte es das Niveau eines Dieners der Öffentlichkeit Erster Klasse mit gleichzeitiger Ernennung zum Meister der Norane erreicht.
Zwadivar hatte den steilen Aufstieg des Öffentlichkeitsdieners aufmerksam verfolgt, und als offenbar geworden war, dass das Licht im Dunkel die höchste Amtsebene erreichen würde, da hatte er den Kontakt gesucht. Die beiden waren nicht Freunde im formellen Sinn der vargartischen Gesellschaft – was daran erkenntlich wurde, dass sie einander mit »verehrter Freund« anredeten –, aber sie verstanden und achteten einander. Zwadivar hatte hohen Respekt vor den geistigen Gaben des Lichtes. Er hatte nicht einmal vor, sein Gegenüber zu täuschen. Er war ganz und gar damit zufrieden, wenn das Licht ihn jetzt für einen Lügner hielt, der er ja auch war – solange es ihm nur das erbetene Jagdgebiet zuteilte.
Das Licht im Dunkel gab einen glucksenden Laut des Missfallens und der Resignation von sich.
»Also schön«, sagte es. »Ich sehe keinen Grund, dein Anliegen abzulehnen, verehrter Freund. Ich bin überzeugt, dass du andere Gedanken im Schilde führst, als du mir vorgetragen hast. Aber solange deine Pläne nicht gegen das Gesetz verstoßen, soll mir das gleich sein. Dein Fanggebiet umgibt den jeweiligen Standort des Irrläufers unter den Sternen in einem Umkreis von vierzehn Lichtsekunden.«
Zwadivar war ein Realist mit scharfem Sinn für das Geschäft. Ein anderer hätte sich schon bei den ersten Worten des Lichtes erleichtert gefühlt. Er aber wusste, dass es besser sei, das Ende der Aussage abzuwarten, und die Entwicklung gab ihm recht.
»Vierzehn?«, wiederholte er und verlieh seiner Stimme dabei den Klang angemessenen Unmuts. »Ich hatte um zweiundzwanzig
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