Silberband 114 - Die Sporenschiffe
Glück schien der Verlust von Wissen und Fähigkeiten in seiner Größenordnung so unbedeutend zu sein, dass er keine unmittelbare Bedrohung darstellte. Sollte der Vorgang jedoch anhalten, musste Coonor sich in absehbarer Zeit Gedanken darüber machen, was er dagegen unternehmen konnte. Vielleicht handelte es sich auch nur um eine instinktive Reaktion auf die neue Umgebung und war nicht weiter tragisch.
Coonor empfand es geradezu als Erleichterung, als die ELLOREE endlich startete und ihn damit zwang, die Initiative zu ergreifen. Er verließ die Lagerhalle und ging quer über das Landefeld.
Dem ersten Menschen, dem er begegnete, nannte er seinen Namen. »Ich gehörte zur Besatzung der ELLOREE und möchte fortan auf Sentimental leben«, sagte er.
Der Mann sah ihn mit einer Mischung aus Misstrauen, Freundlichkeit und Interesse an. »Gehen Sie in die Stadt und wenden Sie sich an unseren Bürgermeister. Er heißt Cherkor, aber das wissen Sie wohl. Er wird sich um alles kümmern.«
Coonor bedankte sich und wunderte sich, wie leicht es war, von diesen Wesen akzeptiert zu werden.
Nachdem Harden Coonor durch die Bürokratie geschleust worden war, wies man ihm entsprechend seiner vermeintlichen Herkunft einen Arbeitsplatz in der Verwaltung des kleinen Raumhafens zu und stellte ihm eine Wohnung im Kommunikationszentrum der Stadt zur Verfügung.
Coonor verhielt sich zunächst sehr zurückhaltend und schweigsam, er konzentrierte sich darauf, die Menschen von Sentimental zu beobachten. Er stellte fest, dass es sich um zum Teil sehr widersprüchliche Individuen handelte. Sie reagierten auf die verschiedensten Ereignisse außerordentlich gefühlsbetont und schätzten offenbar den Zustand individueller Freiheit.
Drei Wochen nach seiner Ankunft begann eine Serie unerwarteter Vorfälle, von denen jeder einzelne dazu geeignet war, Coonor einen schweren Schock zu versetzen.
Gemeinsam mit drei anderen Männern arbeitete Harden Coonor in zwei Schichten im Funkraum des Verwaltungsgebäudes, wobei Tag- und Nachtschicht im Wochenrhythmus wechselten. Sein Partner war ein Raumfahrer namens Knut Versen, ein hagerer, zum Nörgeln neigender alter Mann, den Erinnerungen an ein verlorenes Glück auf einer anderen Welt plagten. Außerdem war Versen ein Pedant. Coonor schikanierte ihn, indem er Ungeschicklichkeit und Unwissenheit vortäuschte. Das Arbeitsklima zwischen beiden verschlechterte sich täglich, und so war es kein Wunder, dass Versen schließlich ankündigte, seine Versetzung in eine andere Schicht zu beantragen.
»Dein soziales Verhalten ist unmöglich!«, warf Versen Coonor vor. »Du solltest daran denken, dass ich wesentlich älter bin als du. Aber anstatt mich zu unterstützen, machst du mir das Leben schwer.«
Coonor grinste hämisch. »Du alter Narr taugst zu nichts mehr«, stellte er fest.
Versen stieg Zornesröte ins Gesicht.
Coonor wusste nicht, was ihn antrieb, den Kollegen so zu behandeln, aber er stellte in den letzten Tagen immer öfter fest, dass es ihm Vergnügen bereitete, andere zu verletzen und ihnen Ärger zu bereiten. Damit einher ging ein wachsender Zerstörungsdrang. Er hatte bereits zwei Funkanlagen absichtlich beschädigt, und Versen hatte sie mit erheblichem Aufwand reparieren müssen.
»Sobald ich in der anderen Schicht bin, muss sich ein anderer mit dir herumärgern«, sagte Versen schließlich. »Wahrscheinlich bist du nicht freiwillig von Bord der ELLOREE gegangen. Ich denke, die Besatzung hat dich davongejagt.«
Coonor wollte eine provozierende Antwort geben, doch gerade da traf ein allgemeiner Hyperfunkspruch mit LFT-Kennung ein. Für Coonor waren solche Nachrichten, die an alle Kolonien gingen, schon deshalb interessant, weil sie ihm einen tieferen Einblick in die menschliche Zivilisation erlaubten.
Die Nachricht kam über Versens Empfänger, sodass Coonor nur abwarten konnte. Der Alte las die Botschaft kopfschüttelnd und vergaß darüber sogar seinen Groll. Schließlich wandte er sich an Coonor.
»Es geht um so genannte Orbiter. Sie sehen aus wie Menschen, treten aber nur in sieben Grundformen auf. Mit ihren Flotten von Keilschiffen haben sie einige wichtige Sonnensysteme der LFT und der GAVÖK besetzt. Es sieht so aus ...« Er unterbrach sich, denn er bemerkte die Veränderung, die mit Coonor vorging. Unwillkürlich lächelte er. »Das verschlägt dir offenbar die Sprache, was?«
Coonor bewahrte mühsam die Beherrschung. Er wusste von der Auffangstation, dass die Anlage des
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