Silberstern Sternentaenzers Sohn 03- Reise in die Vergangenheit
ihm einen dankbaren Blick zu. Was würde ich nur ohne dich machen?!, sollte das heißen. Inzwischen konnte sie sich kaum noch vorstellen, ohne Mannito zu sein. Er war fast wie ein Bruder für sie, der mit ihr durch dick und dünn ging. Dabei hatte es zuerst gar nicht so ausgesehen, dass sie Freunde werden könnten.
Annit hatte Mannito im Zirkus in Warschau kennengelernt, wo er sich öfters bei Silberstern und den anderen Pferden von Roccos Zirkustruppe aufhielt. Daher hatte man ihn zunächst auch verdächtigt, dass er den Tieren etwas Schädliches zu fressen gegeben hatte. Doch schließlich hatte sich herausgestellt, dass Mannito unschuldig war. Annit war sehr erleichtert darüber, denn sie hatte sich von Anfang an zu dem sympathischen Jungen hingezogen gefühlt. Und inzwischen wusste sie, dass Mannito mit seinem Schlabberlook und den zerzausten blonden Haaren einer der liebenswertesten Menschen war, die sie je getroffen hatte.
Als die Sonne langsam hinter den Bergen verschwand, hatten sie die Donau und damit die Grenze zu Bulgarien gerade überquert. Wenig später hielt Viorel Preda seinen großen Geländewagen vor einem alten Gasthof an. Das Haus befand sich etwas außerhalb einer kleinen Stadt und war umgeben von Apfel- und Birnbäumen.
Inzwischen hatten sie ungefähr die Hälfte der Strecke zurückgelegt. Der Ort, an dem sie nun Halt machten, lag etwa in der Mitte zwischen Mannitos kleinem Heimatdorf Kischila in Rumänien und dem Städtchen Pirkidika auf der griechischen Halbinsel Chalkidiki, Annits und Mannitos Ziel.
Viorel Preda streckte sich. „So, das reicht für heute“, meinte er. „Wir können hier bei einem Freund von mir übernachten. Und morgen geht es dann in aller Früh weiter.“
Annit sah ihn ein bisschen enttäuscht an. „Morgen erst? Ich dachte ...“
Viorel Preda lachte. „Ich weiß, du willst unbedingt weiter. Aber ich glaube, eure Pferde brauchen auch dringend mal wieder eine kleine Verschnaufpause.“
Jetzt lächelte Annit ebenfalls. Er hat ja Recht, gestand sie sich insgeheim ein. Was ist schon ein Tag? Morgen sind wir in Griechenland, und dann lerne ich vielleicht bald meine Eltern kennen.
Mit einem Satz sprang sie aus dem Geländewagen, lief nach hinten zum Anhänger und öffnete ihn. Sie führte Silberstern, der sie mit einem freudigen Wiehern begrüßte, ins Freie hinaus. Mannito folgte ihr mit Ranja.
In diesem Augenblick trat ein älterer Mann aus dem Haus. Mit einem breiten Lächeln kam er auf sie zu und begrüßte Viorel Preda freundlich. Dann warf er einen neugierigen Blick auf Annit und Mannito. „Ich wusste ja gar nicht, dass du Kinder hast“, fügte er erstaunt hinzu.
„Das sind leider nicht meine“, antwortete Viorel Preda verschmitzt. „Obwohl ich ganz sicher nichts dagegen einzuwenden hätte.“
Hoffentlich sagen meine richtigen Eltern das von mir auch, fuhr es Annit durch den Kopf, während Viorel Preda sie und Mannito seinem Freund Kiril vorstellte.
Kiril zeigte auf einen kleinen Bach, der sich zwischen den Obstbäumen hindurchschlängelte. „Wenn ihr wollt, könnt ihr eure Pferde da tränken. Und hinter dem Haus ist ein kleiner Unterstand, da könnt ihr die beiden über Nacht lassen. Ich bring euch auch gleich noch einen Eimer voll Hafer und etwas Heu.“ Er rieb sich die Hände. „Und in einer Stunde gibt’s Abendessen für uns.“
Annit und Mannito führten die Pferde zu dem kleinen Bach. Durstig tranken Silberstern und Ranja von dem frischen, klaren Wasser. Dann galoppierten sie ausge lassen über die große Wiese, während Annit und Man nito sich unter einen der Apfelbäume setzten.
„Du kannst es gar nicht mehr abwarten, endlich zu diesem Kloster zu kommen, oder?“, fragte Mannito nach einer Weile.
„Dir würde es bestimmt genau so gehen, wenn du auf dem Weg zu deinen leiblichen Eltern wärst, die du endlich kennenlernen willst“, erwiderte Annit und stand auf. Sie war viel zu unruhig, um lange sitzen zu können. „Dabei weiß ich noch nicht mal, ob sie sich wirklich noch in Pirkidika in diesem Kloster aufhalten.“
Mannito riss einen Grashalm ab und kaute darauf herum. „Ich dachte, es steht in der Bibel, dass deine Eltern dort sind?“, hakte er nach.
Annit nickte. Sie hatte ihrem Freund erzählt, dass sie im Impressum der Bibel einen Stempel entdeckt hatte mit dem Namen eines griechischen Klosters, das auf der Halbinsel Chalkidiki lag. „Ja, aber sie können inzwischen
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