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Silbertod

Silbertod

Titel: Silbertod Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: F E Higgins
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ihn Pin.
    »Das ist dein rechtmäßiges Eigentum.«
    Langsam und mit zitternden Händen nahm Pin den Sack, kniete nieder, zog die Schnur auseinander und leerte ihn aus. Ein Haufen trockener Knochen purzelten vor ihm auf die gefrorene Erde. Aber er begriff immer noch nicht. Zuletzt rollte noch etwas heraus und blieb neben seinen Füßen liegen, ein bräunlicher Schädel mit fisseligem Haar.
    »Madame de Bona?«, flüsterte er.
    »Nein«, sagte Juno. »Deine Mutter.«

Kapitel 39

    Juno erzählt
    T
ief bestürzt sah Pin auf. Sein Magen geriet ins Schlingern. Er meinte, sich übergeben zu müssen.
    »Meine Mutter? Aber wie kann …?«
    »Ich will es dir erzählen …«

    »Meine Mutter ist gestorben, als ich noch sehr klein war. Ich habe keine Erinnerung an sie; mein Vater war es, der mich großgezogen hat. Er war Arzt in einer Stadt, nicht weit von hier. Er machte seine Arbeit gut und erklärte mir alles, was er wusste. Dass in Kräutern und Gewürzen Heilkräfte stecken. Wie man Salben und stärkende Mittel herstellt, wie man schröpft und Blutegel anwendet. Er zeigte mir auch, wie man die Credo-Mischung zusammenstellt, dasselbe Mittel, das ich für die Totenerweckungen benutze. Du hast recht mit deiner Vermutung, dass dies der Schlüssel ist. Es ist nämlich ein bewusstseinsveränderndes Mittel. Es bewirkt, dass man sieht, was man gern sehen möchte. Man muss sich nur auf das, wasman sich wünscht, konzentrieren, und wenn man dabei das Mittel einatmet, glaubt man seinen Wunschtraum tatsächlich zu erleben. Nur kurz allerdings, aber doch lange genug. All die Leute, die zu Madame de Bona gekommen sind, wollten im Grunde ihres Herzens gern glauben, dass dieses Skelett in der Lage wäre, wieder zum Leben zu erwachen. Und weil sie sich das wünschten, wurde es für sie Wirklichkeit. Na ja, und ihre Fragen, auf die kannten sie ja vorher schon die Antworten, die sie sich erhofften. Aber man hört sie eben gern von jemand anderem, sogar, wenn es ein Skelett ist. Du hast auch recht mit der Wacholdersalbe in dem Medaillon. Sie schützt vor dem Credo-Mittel.
    Meinem Vater und mir ging es jedenfalls gut. Die Leute waren ihm dankbar, dass er ihre Krankheiten heilte, und bezahlten ihn anständig. Manche hinterließen ihm sogar nach ihrem Tod Geld. Aber dann kam irgendwann das Gerücht auf, er sei gierig und raffsüchtig geworden, er würde sogar Leute wegen ihres Geldes töten. Und es dauerte nicht lange, da wurde er heimtückisch umgebracht.
    Danach hat sich für mich natürlich alles geändert. Die Leute fingen an zu tuscheln, dass ich bei den finsteren Plänen meines Vaters wahrscheinlich die Hand im Spiel gehabt habe, und für mich wurde das Leben unerträglich. Du weißt ja, wie das ist, wenn man als Verbrecher behandelt wird, obwohl man unschuldig ist. Mir ist es ähnlich ergangen wie dir. Am Ende habe ich die Stadt verlassen und bin nach Urbs Umida. Ich habe schnell gemerkt, dass es eine triste und gemeine Stadt ist, damals ging es mir nicht sehr gut. Nachts habe ich mir aufdem Friedhof einen Unterschlupf gesucht. Dort fühlte ich mich sicher. Taschendiebe und Betrüger betreiben ihr Gewerbe eher unter den Lebenden als unter den Toten. Und Grab- oder Leichenräuber waren zu beschäftigt, als dass sie ein armes Mädchen beachtet hätten, das einfach nur schlafen wollte. Als ich Benedict zum ersten Mal sah, hielt ich ihn auch für einen dieser Kerle. Ich begegnete ihm gegen Ende letzten Sommers, als er gerade die Erde von einem Grab schaufelte.«
    »Von dem meiner Mutter?«, fragte Pin leise, und Juno nickte.
    »›Falls du eine Leiche suchst, bist du hier verkehrt‹«, sagte ich zu ihm. ›Die Tote liegt schon ein halbes Jahr hier. Da sind nur noch Knochen drin.‹
    ›Genau die suche ich‹, sagte er.
    ›Knochen? Wofür suchst du Knochen?‹
    Er stand auf und musterte mich. Da sah ich, dass er schon alt war, zu alt zum Graben.
    ›Du machst den Eindruck, als wärst du ein kräftiges Mädchen‹, sagte er. ›Hilf mir mal. Sonst hol ich mir hier den Tod.‹
    Ich rührte mich nicht. Und er verstand genau. Wir einigten uns also auf einen Shilling und ich nahm den Spaten. Es ging nicht besonders schwer. Der Boden war nach einem Regen weich, die Erde locker, und außerdem hatte er den größten Teil der Arbeit schon getan. Nicht lange, und ich hatte den Sarg freigelegt. Und ich behielt recht: nur Knochen. Aber Benedict schien zufrieden.«
    »Und ihr Medaillon?«, fragte Pin plötzlich.
    »Da war nichts, glaub mir«, sagte

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