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Sind wir bald da

Sind wir bald da

Titel: Sind wir bald da Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Clemens Haipl
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die Leber und wird deswegen von Landwirten nicht gerne gesehen (außer wenn sie gerade der Meinung sind, zu viel Vieh zu besitzen). Sehr beliebt hingegen ist das Jakobskraut bei den Raupen des Jakobskrautbären, einem hochattraktiven, rotschwarzen Nachtfalter. Die Raupen sind schwarzgelb (machen einen auf Wespe) und werden für ihre Fressfeinde giftig, wenn sie Jakobskraut fressen. Nicht blöd!
    Es gibt übrigens ein St. Jakob (das im Walde in der Steiermark), das wiederholt zum schönsten Blumendorf der Steiermark und einmal sogar zum schönsten Blumendorf Europas gewählt worden ist. Von den vielen zweiten Plätzen im Landesblumenschmuckwettbewerb gar nicht zu reden. » Respect !« und » Shout out!«, wie wir Hip-Hopper da zu sagen pflegen. Ich habe nicht die leiseste Ahnung, wer wie und warum den Bewerb zum schönsten Blumendorf Europas ausrichtet und nach welchen Kriterien so etwas funktioniert. Wie eine Misswahl kann es wohl nicht sein. Schon allein deswegen, weil sich ganze Dörfer schlecht in einer Landdisco treffen können, um dann vor besoffener Landjugend und teilerregter C-Promijury über den Laufsteg zu wackeln. Schon gar nicht in Blumenschmuck. Oder gibt es da geheime Tester? Wie beim Gault Millau ? Also auffällig unauffällige Herren mit Hut und Sonnenbrille, die sich als Touristen auf der Suche nach Landfrische ausgeben, aber in Wahrheit Tester sind? Geschickt von der Stiftung für Blumen und Schmuck in Berlin? Verschwiegene Einzelgänger, die nicht einmal ihren Familien erzählen, was sie beruflich wirklich machen? Weil es einfach zu riskant wäre und die Sache gefährden könnte? Die Suche nach Europas schönstem Blumendorf. Ich weiß, es nicht. Vielleicht haben auch nur die Leser der Zeitschrift Der gute Blumenschmuck abgestimmt. Alle elf Abonnenten haben ihre Stimme abgegeben, und St. Jakob im Walde hat eben gewonnen. Sie merken, es gibt viele Mysterien, wenn man sie nur finden will.
    Zurück zu meinen Fensterkistchen. Die Zwiebeln und Samen, die ich einige Wochen davor verscharrt habe, sind unwiederbringlich verloren und denken nicht daran, in Form von Pflanzen mein Leben zu verschönern. Vielleicht habe ich auch besonders neidige Nachbarn, die sich nächtens vom Dach unseres fünfstöckigen Zinshauses abseilen, um heimlich Tulpenzwiebeln aus meinen Fensterkistchen auszugraben. Weil sie mir das bunte Glück blühender Tulpen nicht gönnen. Man kann und sollte nie irgendetwas ausschließen, ich gebe aber schon zu, dass diese Möglichkeit sehr unwahrscheinlich ist.
    Als ich dann dabei war, nach Hause zu gehen, hat mein sehr schickes Telefon (die Marke, die so ähnlich heißt wie »Birne«, nur auf Englisch!), geläutet. Xaver war dran und hat gemeint, er wäre in der Gegend und hätte gerade Lust auf ein Bier. Oder zwei. Oder drei. Xaver wohnt um die Ecke und hat eigentlich immer Lust auf zwei Bier. Oder mehr. Insofern keine große Überraschung. Und weil ich einer jener Menschen bin, bei denen der Geist so schwach ist wie das Fleisch, habe ich sofort zugesagt. Vor die Wahl gestellt, den Weg zu meinem inneren Glück zu suchen, Fensterbänke zu bepflanzen oder Bier zu trinken, entscheide ich mich meistens für Letzteres. Eigentlich immer. Darum verunsichern mich Wein und Bier viel weniger als Dinge wie... ja... also, eben Dinge wie Jakobsweg, Therapie, Professional Coaching und das ganze Zeugs. Weil ich mehr Zeit darin investiere. Eigentlich dumm. Aber man sagt, dass man nie aufhört zu lernen. Ich weiß nicht, ob das stimmt. Weil wenn man das ganze Wissen seiner Eltern, Großeltern und Urgroßeltern und Ururgroßeltern usw., wenn man das alles dazunähme und dann vielleicht auch noch ein paar Reinkarnationen (Natürlich gibt es die, dem Universum ist ja nicht fad. Warum sollte es also dauernd neue Menschen erfinden, wenn es schon tote gibt, die man nur zu reinkarnieren braucht.)... also, wenn man das alles zusammennimmt und dann den lächerlichen Kleinscheiß addiert, den man in seinem eigenen Leben gelernt hat, dann müssten lauter unfassbar weise Menschen herumlaufen. Tun sie aber nicht.
    Der Kleinscheiß, den ich bisher in meinem Leben gelernt habe:
    Erster Eindruck ist fast immer richtig. Wie bei Kindern. Wenn das Gefühl »Arschloch« sagt, dann ist es meistens auch eines. Der Verstand sagt zwar im Bruchteil einer Sekunde darauf: »Ist aber eh recht okay«, oder: »Nett«, aber der Verstand ist ein verlogener Hund, ein angepasster. Der hat gelernt, das Maul zu halten und sich mit der Welt und

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