Sinnliche Maskerade
sie die Halle in Richtung Salon durchquerte, öffnete der Butler gerade zwei jungen Männern die Tür. Sie erkannte Marcus Crofton, nicht aber dessen Begleiter.
»Guten Abend, Mistress Hathaway.« Mr. Crofton grüßte sie auf seine übliche leutselige Art. Sie knickste, senkte den Blick und murmelte kaum hörbar einen Gruß.
»Gestatten Sie, dass ich meinen Gast vorstelle, Ma’am. Der Honorable Peregrine Sullivan.« Marcus deutete auf seinen Begleiter, der dem Butler Hut und Stock reichte. »Mistress Hathaway ist der gute Geist unseres Anwesens, das solltest du dir merken, Perry. Wie ich bereits erwähnt habe, katalogisiert sie den Bestand von Sir Stephens überwältigender Bibliothek.«
Peregrine war begierig darauf, die Wächterin über die Schätze der Bibliothek kennenzulernen, und verbeugte sich mit einem warmherzigen Lächeln.
»Mistress Hathaway, was für eine Ehre.«
»Sir.« Sie knickste zum zweiten Mal, mied aber seinen Blick.
Peregrine legte die Stirn leicht in Falten. Was für ein seltsames Geschöpf diese Frau doch war. Ganz und gar nicht das, was er von einem Menschen erwartete, der in der Lage war, eine solch geistige Schatzkammer zu erkennen und zu katalogisieren wie Sir Arthur Douglas’ Bibliothek. Nun, der Eindruck kann täuschen, beschwor er sich.
»Ich kann es kaum erwarten, das Exemplar des Decamerone zu sehen, Ma’am. Es soll zu Sir Stephens Sammlung gehören.« Bei seinen Worten schien Mistress Hathaway ein wenig zusammenzuzucken. Vielleicht hat aber auch nur ihr missgestalteter Nacken ihr Schmerzen bereitet, dachte Perry mit einem Anflug von Mitgefühl.
»In der Tat, Sir«, erwiderte sie nach einer kaum merklichen Pause und hob zum ersten Mal den Blick. Große graue Augen schauten ihn unter überraschend üppigen dunklen Wimpern an. »Ich würde mich freuen, Ihnen das Exemplar bei Gelegenheit zu zeigen. Im Moment jedoch erwartet mein Dienstherr mich am Whisttisch.« Sie bewegte sich zu den Doppeltüren des Salons.
Die Lady hat irgendetwas Rätselhaftes an sich, dachte Peregrine, irgendwie scheint sie leicht neben der Spur zu sein. Aber was geht mich das eigentlich an?, schob er seinen Gedanken beiseite, während er Marcus in den Salon folgte.
»Lady Douglas, darf ich Ihnen meinen Hausgast vorstellen, den Honorable Peregrine Sullivan?« Marcus beugte sich über die Hand einer steifen Frau, die ein Sacque-Kleid aus magentafarbener Seide trug, das ihr so schlaff am Leib herunterhing wie von einem Kleiderbügel. Das Dekollete enthüllte viel blässliche sommersprossige Haut; das blassrote Haar hingegen war zu einer aufwendigen Frisur gearbeitet, deren Kringellöckchen auf der Stirn klebten, während straffe Ringellocken ihr über die entblößten kantigen Schultern fielen.
Sie nickte, beantwortete Peregrines Verbeugung mit einem Knicks und unterzog ihn einem prüfenden Blick, mit dem er offenbar als begehrenswert eingestuft wurde.
»Mr. Sullivan. Ohne Zweifel, Sie sind willkommen«, murmelte sie mit kühl zuckenden Lippen, was Peregrine mit ausreichender Einbildungskraft auch für ein Lächeln hätte halten können.
»Eine Ehre, Lady Douglas«, gab er mit tadelloser Höflichkeit zurück.
Sir Stephen Douglas war ein großer, gut gebauter Mann mit blühendem Teint. Sein Bauch drückte gegen die Silberknöpfe seiner gestreiften Weste, und die Hose aus grünem Damast spannte sich über seinen kräftigen Schenkeln.
Ein sportlicher Mann, wie Perry vermutete, als er sich vor seinem Gastgeber verbeugte, vielleicht aber den Gaumenfreuden aus der Karaffe ein wenig zu sehr zugeneigt. Wenn sein mittleres Alter sich zum Ende neigte, würde er ziemlich heruntergekommen sein. Eigentlich ein herzloser Gedanke, aber irgendetwas an dem Mann sorgte dafür, dass Perry sich die Nackenhaare sträubten, ohne dass er sagen konnte, woran es lag.
»Honorable Peregrine Sullivan, he? Wohl einer der Blackwaters.« Sir Stephen schnupfte, während er die Verbeugung erwiderte. »Mit Ihrem Bruder, dem Earl, bin ich flüchtig bekannt. Wir gehören demselben Londoner Club an. Ich kann mich jedoch nicht erinnern, Ihnen dort schon mal begegnet zu sein.«
»Ich bin fest überzeugt, dass ich mich erinnern könnte, wenn wir uns dort getroffen hätten, Sir«, erwiderte Peregrine mit einem sanften Lächeln. »Aber ich bin dem Kartenspiel nicht übermäßig zugeneigt. Blackwater auf der anderen Seite ist recht angetan.«
»Dem Kartenspiel nicht übermäßig zugeneigt ... ach was, Sir. Welcher Gentleman ist den Karten
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