Sklaven für Wutawia / Gauner mit der 'Goldenen Hand'
Stimme wurde schneidend. „Was ist mit
Stefanie Claasen? Sag’s — oder wir reißen dir den Bart ab.“
„Ihr... ist... nichts passiert“,
keuchte der Dieb. „Ich habe sie... im Keller eingeschlossen.“
Karl hatte sich den Autoschlüssel unter
den Nagel gerissen, der im Türschloß steckte, und öffnete den Kofferraum.
„Tim“, rief er. „Du glaubst es nicht.
Vier Bilder hat er geklaut. Ahnst du, welche?“
„Etwa unsere?“
„Genau.“
Tim beugte sich über den Ganoven.
„Mälzig, du A...! Wieso hast du diese Bilder geklaut — diese und keine andern?
Nimmst du, was du kriegen kannst? Oder wählst du aus?“
Der Ganove preßte immer noch die Arme
an den schmerzenden Leib.
„Die... Ich sollte die nehmen.“
„Du solltest. Du klaust also auf
Rechnung?“
Mälzig antwortete nicht.
Tim rieb die Zähne aufeinander. „Entweder
du sagst, wer dich geschickt hat, oder du kriegst noch eine vom gleichen
Kaliber. Aber dann Gute Nacht für deine Innereien. Was Magen, Leber und Gedärme
betrifft, wird man dich die nächsten Monate per Tropf durch die Vene ernähren.
Da kenne ich kein Mitleid, du Mistkerl! Da lasse ich die Bestie raus.“
Das war natürlich hohle Drohung.
Niemals würde Tim einen Gegner, der von der Matte nicht mehr hochkommt,
zusätzlich piesacken. Aber Mälzig, der von Tims sprichwörtlicher Fairness
nichts wußte, nahm die Drohung ernst.
„Ich... der... Ach, egal! Es ist mein
Fell. Soll der doch zusehen, wie er... Also, ein stinkreicher Kunstsammler
bezahlt mich — bezahlt mich dafür, daß ich ihm die Ölschinken hole.“
„Wer?“
„Krachwang. Er heißt Krachwang. Ist ein
Fabrikant für Verbandsstoffe.“
„Der dicke Heftpflaster-Hersteller“,
staunte Klößchen. „Ein Verbrecher! Hah, jetzt fliegt er endgültig raus aus dem
GUC - dem Groß-Unternehmer-Club. Muß ich morgen gleich meinem Papa mitteilen.“
Etzels Bilder, dachte Tim, sind wirklich
begehrt. Krachwang fährt darauf ab, und Leckler läßt dafür sogar Fälschungen
malen.
„Mälzig, woher hast du die Gemälde?
Oben aus der Abendländischen Sammlung — oder hat dir Fräulein Claasen erzählt,
daß sie sich im Heizungskeller befinden?“
„Ja, sie waren schon im Keller. Wegen
dem Restausrühren.“
„Was?“
„Er meint sicherlich — restaurieren“,
lachte Karl. „Schau einer an! Die schlaue Stefanie! Was machen wir mit Mälzig?
Wenn wir die Polente holen, können wir die Falle vergessen.“
„Du sagst es“, nickte Tim. „Den
übergeben wir später — und wenn’s im Morgengrauen ist. Er wird gefesselt,
geknebelt und in einem der entlegenen Kellerräume gelagert. Wo er nicht stört.
Hoch mit dir, Mälzig! „
Dann holten sie die Gemälde aus Mälzigs
Kofferraum und brachten sie zurück — um danach einen kleinen Austausch
vorzunehmen...
*
23.03 Uhr.
„Sie kommen“, flüsterte Tim.
Er, Stefanie, Karl und Klößchen saßen
im dritten Nebenraum der Abendländischen Sammlung. Sie hatten sich Klappstühle mitgebracht
— wegen der Bequemlichkeit; und Klößchen, der in OMAS KÜCHE schon reichlich
gespeist hatte, brach eben die zweite Tafel Schokolade an. Jetzt steckte er sie
weg, unaufgefordert, denn raschelndes Papier hatte die vier verraten.
Mälzig war eingesperrt.
Stefanie hatte den Schrecken überwunden
und fühlte sich geehrt, weil die Jungs ihr Respekt bezeugt hatten — wegen ihrer
Raffinesse, dem räuberischen Dieb die Fälschungen anzudrehen.
Durch das einzige Fenster konnte Tim
hinaussehen auf die Dächer des Stadtrand-Viertels Mögghage. Ein
ziegenbuttergelber Vollmond hing am frostklaren Winterhimmel. Ein Wetter
eigentlich für eine nächtliche Schlittenfahrt — doch die Pflicht, Verbrecher zu
jagen, ging selbstverständlich vor.
„Jetzt höre ich sie auch“, flüsterte
Stefanie.
Im Untergeschoß klappten Türen.
Schritte tappten. Stimmen murmelten. Sie gehörten Leckler und Ariano.
Tim verfolgte anhand der Geräusche, was
die beiden machten.
Jetzt waren sie im Keller. Dann kamen
sie die Treppe herauf. Ariano keuchte. Offenbar schleppte auch er ein oder zwei
Gemälde. Die breite Flügeltür der Abendländischen Sammlung stand offen — immer,
wie Tim von Stefanie erfahren hatte.
Das Licht einer Taschenlampe funzelte.
Tim stand hinter der Mauerkante des
Durchgangs zum dritten Nebenraum und linste um die Ecke.
Beinahe hätte er gelacht.
Ariano spielte Brigant — wie die Räuber
in Italien heißen. Er hatte sich eine finstere Mütze aufs Haupt gedrückt
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