Skulduggery Pleasant 07 - Duell der Dimensionen
irgendwo hinter dem Bett, in Stoff eingewickelt und fluchend.
Die Spinnen kehrten zu ihrer Herrin zurück. Reihenweise wogten sie unter den Saum ihres langen schwarzen Kleides.
Nye rauschte herein. Es sah selbst aus wie eine Riesenspinne. „Wo liegt das Problem?“, schnarrte es.
Sanguin erwartete, dass Misty die Sensenträger alarmierte oder um Hilfe rief oder sonst irgendetwas, doch sie stand nur still da, und Sanguin begriff, dass Nye ihn gemeint hatte.
„Sie ist eine Älteste.“ Sanguin hatte das Gefühl, als sei er über weite Teile der Situation nicht aufgeklärt worden.
„Madam Misty ist meine Herrin“, erklärte Nye. „Wir haben nichts voreinander zu verbergen. Was du mir für deine Heilung schuldest, schuldest du jetzt ihr.“
Es dauerte einen Augenblick, bis diese Informationen in Sanguins Gehirn angekommen waren. „In diesem Fall ist es vielleicht besser, du bringst sie nicht um, Tanith“, meinte er.
Nye schaute an die Decke. Dort hockte Tanith kopfüber direkt über Mistys Kopf und hielt in jeder Hand ein Skalpell. Sie hatte immer noch die schwarzen Lippen und die schwarzen Adern des Restanten in ihr. Misty, das musste man ihr lassen, schaute nicht einmal hoch.
Tanith schlug einen Salto und landete auf dem Boden. Ohne den Blick von der Frau mit dem Schleier abzuwenden, gab sie Nye die Skalpelle und streckte Misty dann die Hand hin. Ihre Fingerspitzen berührten sich, bildeten eine Brücke, und eine Reihe Spinnen krabbelte über Taniths Arm und verschwand in Mistys Ärmel.
„Sind das alle?“, fragte Tanith, und Misty nickte. Tanith hob ihr Schwert vom Boden auf. Die schwarzen Lippen verschwanden.
„Dann hat Madam Misty also eine geheime Agenda. Wer hätte das gedacht?“
„Die anderen vermuten etwas“, erwiderte Misty leise, „haben aber keine Beweise. Deshalb haben wir Zeit.“
„Zeit wofür?“, fragte Sanguin.
„Um uns vorzubereiten. Alles zu arrangieren. Ihr schuldet mir einen Gefallen. Ich will, dass ihr jemanden umbringt.“
„Das haben wir uns schon gedacht“, antwortete Tanith. „Wen?“
„Haltet euch bereit, und haltet euch versteckt. Ich sage euch, wer es ist, wenn die Zeit reif ist.“ Misty schwebte so elegant hinaus, dass Sanguin die Vision eines Spinnenteppichs unter ihren Füßen hatte.
ALLES KOMMT ANS LICHT
Doran Purcells Freunde wurden rasch als Kitana Kellaway und Sean Mackin identifiziert. Sie waren alle siebzehn Jahre alt und Schüler der weiterführenden Schule St. Brendan. Ihre Eltern hatten sie seit Tagen nicht mehr gesehen, und gehört hatte auch niemand von ihnen. Es gab noch ein viertes Mitglied der Gruppe, ein Mädchen namens Elise O’Brien. Sie galt als vermisst. Was mit ihr passiert war, kümmerte Walküre wenig. Elsie O’Brien hatte schließlich nicht versucht, ihr den Schädel einzutreten.
An vieles erinnerte sie sich nicht mehr. Der Schmerz hatte Stachelnägel in ihr Gehirn getrieben, sodass sie keine Einzelheiten mitbekommen hatte. Sie erinnerte sich zum Beispiel nicht mehr, wessen Stiefel sie zuerst getroffen oder wer am häufigsten zugetreten oder wie lange sie es ausgehalten hatte, bevor sie ohnmächtig wurde. Aber sie erinnerte sich noch, wie die Luft gebebt hatte und wie Doran und Sean in Kitana gekracht waren. Wie Skulduggery sie aufgehoben hatte, war ihr noch ziemlich deutlich in Erinnerung, genauso wie das Auffliegen der Hintertür. Walküre hatte das Bewusstsein verloren, noch bevor sie in die Luft gestiegen waren, und erst im Sanktuarium war sie wieder zu sich gekommen.
Reverie Synecdoche, eine Sanktuariumsärztin, flickte sie wieder zusammen. Jedes Mal, wenn Doktor Nye hinter ihr vorbeiging, zuckte Walküre zusammen. Nye arbeitete – sehr zu dessen Missfallen – an Skulduggery. Seine Knochenverletzungen hatten die früheren, die der Werwolf ihm beigebracht hatte, noch verschlimmert. Jetzt musste er ruhig liegen bleiben und zulassen, dass Nye seine Wunder an ihm wirkte. Er tat es unter reichlich Protest.
Ravel besuchte sie bei der ersten Gelegenheit, hörte Skulduggerys Stöhnen und blieb bei Walküre. „Wir sind auf der Suche nach ihnen“, erklärte er. „Zauberer durchkämmen die Stadt. Sie haben die strikte Anweisung, sie nur im äußersten Notfall anzugreifen. Wie geht es dir?“
Walküre kaute auf dem Blatt, das ihre Schmerzen betäubte. „Ich bin stinksauer“, antwortete sie schließlich. „Sie haben meine Jacke mitgenommen. Was ist mit den Zeugen?“
Ravel stieß einen langen Seufzer aus.
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