SLAM (German Edition)
aufgedunsen. Sie war hoch schwanger. Sie rutschte in einer unglücklichen Drehu ng aus ihrem Schleimbett heraus; Karims Kopf traf ihren Bauch. Sie riss die Augen auf, schrie. Blut trat wie zäher roter Sirup zwischen ihren Beinen hervor. Sie krallte sich in Karims Schultern fest und sah ihn mit einem teils entsetz t en, teils vorwurfsvollen Blick an. Er hatte das nicht gewollt. Er wollte es herausschreien, als sie aufheulte, zu zittern begann und ihre Beine spreizte . Ein Kinderkopf wurde sichtbar. D ie Frau zuckte in wilden Kontraktionen, das Kind glitt weiter heraus, sie wand sich und bohrte ihre langen Fingernägel in Karims Fleisch, bebte wie unter elektrischen Stößen, als das Kind den Mutterleib verließ . Es fiel wie ein Stein nach unten, eine Schnur aus blutigem Gewebe verband es mit de m Schoß seiner Mutter. Als das Band des Lebens sich spannte, kreischte sie in einer so entsetzlichen Tonlage, dass die Reste ihres Kokons zu beben schienen. Plötzlich stieß eine Hand von oben auf die Frau herab, traf ihre Stirn, bog ihren Kopf in dieser Bewegung nach hinten , und ein Krachen wie das Brechen von Holz beendete den Schrei der Frau. Ihre Hände wurden schlaff und ließen von Karim ab. Sie glitt an ihm herab, die Schwerkraft zog an ihr und ihrem Kind , und gemei nsam stürzten sie in die Tiefe.
Er sah ihr nach. Dann zu Eva. Ihr Lächeln war kalt wie der nächtliche Wüstenwind. Sie war ein Monster . Ein fleischgewordener Şeytan.
Sie n ickte, als könne sie sehen, was er dachte. »Schluss jetzt mit der Spielerei «, sagte sie. »Ich glaube, Hayat ist schon ganz ungeduldig und fragt sich bestimmt, wo du bleibst .«
Ihre Augen glommen auf wie Sternenfeuer. Karim wusste, dass er keine Chance hatte, zu entkommen. Sie war ihm viel zu nah. Ihr Körper begann von innen zu leuchten, wirkte, als sei kein Fleisch unter dieser Haut, sondern Metall. Sie hob die Hände, fixierte ihn mit einem hypnotischen Blick, das kalte Lächeln wie ins Gesicht gemeißelt. Ein letztes Mal versuchte er, seine Kraft zu mobilisieren. Es war, als sauge er an einem Strohhalm, der in ein leeres Gl as getaucht ist. Nichts geschah. D ie Energie, die er gespürt hatte, der Strom fluss - versiegt. Er war nur noch ein Mensch, kein BEY mehr in ihm.
Aber er war Karim. Stark, durchtrainiert, schnell. Er musste sich auf die Kraft besinnen, die in ihm selbst steckte, seine eigene, i hm von Allah verliehene Stärke.
Blitzschnell drehte er sich von HAVVA2 weg, duckte sich, als ihre Hände wie Todespfeile in seine Richtung schossen, packte sie aus derselben Drehung an den Hüften und schleudert e sie von sich. Sie wirbelte zweimal um sich selbst. Plötzlich blieb sie in der Luft stehen, als sei die Z eit eingefroren. Der rote Kimono wallte vom Drall der Bewegu ng und des abrupten Stopps, das Haar schwang gleich ein em Fächer um ihre Schultern, blieb dort liegen und kräuselte sich wie fein gesponnene Goldfäden. Für die Dauer eines Lidschlags dachte Karim, sie sei für immer erstarrt. Die Maschine defekt.
Er irrte sich. Mit dem Tosen eines wilden Sturms schoss sie auf ihn zu, war im nächsten Moment vor ihm und versetzte ihm mit ihrer metallisch schimmernden Hand einen Hieb wie mit einem Amboss. Karim verlor das Gleichgewicht. Der letzte Rest Kraft, der ihn am Schweben gehalten hatte, wurde durch den Schlag aus ihm herausgepresst, er spürte, wie die Schwerkraft an ihm zog. Er fiel. Raste dem Boden der Kugel entge gen. Er hatte Angst, Todesangst. O Allah, bitte lass mich auf eine der Riesenquallen fallen!, flehte er innerlich und erhoffte jeden Moment die weiche Masse in seinem Rücken – doch da kam nichts. Der Grund schoss ihm mit unglaublicher Geschwindigkeit entgegen. Er ruderte mit den Armen, drehte sich ein paar M al um sich selbst. Wie weit fiel er, wie lange schon? Eine halbe Minute? Eine ganze? Der Kugelboden kam immer näher. Dann schlug er auf.
So hart, dass die Luft aus seinen Lungen gepresst wurde, sein Körper einen Hüpfer machte und er Blut spuckte, das ihm ins Gesicht zurückklatschte. Er war mit einem Stapel Kok ons kollidiert , die vor ihm herabgestürzt und zerschmettert liegen geblieben waren. Ihre scharfen Kanten zerschnitten ihm Arme und Beine. Er hörte das Brechen von Knochen, rutschte auf dem austretenden glitschigen Schleim weiter in die Tiefe, stieß gegen Metallgebeine der zerfetzten Stahlbestien, schlu g sich den Kopf auf.
Mit all dem Schrott und den Scherben und dem Schleim schlitterte er immer weiter hinab,
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