Slant
runter?«
»Nicht meine Libido«, gibt er zurück.
»Du hast mich während der vergangenen Stunde aufgeheitert, sodass ich mir selbst nicht beim Däumchendrehen zusehen musste.« Sie legt ihre Arme um ihn. Er weist sie zurück, zunächst mit echter und zorniger Kraft, dann mit Sanftheit und Beherrschung.
»Geht es um Todd?«, fragt sie.
»Todd war vor einem Jahr«, entgegnet Minstrel.
Alice nickt mitfühlend, die Lippen geschürzt. »Ich hätte es wissen sollen. Warum hast du mir nichts davon gesagt?«
»Ich verstecke mich, du versteckst dich«, sagt Minstrel und bemüht sich, tapfere Unbeschwertheit auf sein Gesicht zu zwingen, das derzeit nur Trauer und Verlorenheit zeigt.
»Armer Minstrel«, sagt sie. »Sie haben dich nicht verdient.«
»Nein, verfatzt noch mal.«
»Wie ist sein Name?«
»Der kleine Fatz heißt Giorgio, und du, meine liebe Alice, wirst ihm niemals begegnen. Er hat es nicht verdient, dir zu begegnen.«
Die Wunde liegt selten besonders tief unter Minstrels Panzerung, wenn sie einmal mit dem Bohren begonnen hat. Er kommt immer wieder zu ihr, wie ein Hund mit einem Furunkel, und er weiß, dass sie ihm mit ihrem Spieß weh tun wird, aber er weiß auch, dass es ihm gut tun wird.
Ausgerechnet in diesem Moment geruht Francis, in sein grässliches Horn zu stoßen.
Minstrel schluckt seine Sorgen hinunter und setzt das erschöpfte Lächeln eines Lebemanns auf. »Mit dir ist es niemals eine Pflicht«, sagt er, »aber was immer es ist, sie ruft.«
Alice hakt ihren Arm unter seinen, dann schreiten sie die breiten geländerlosen Stufen zur Bühne hinunter, wie ein Königspaar oder Astaire und Rogers zu ihrem großen Auftritt.
Francis erwartet sie im Plug-Raum neben der Hauptbühne. Hier sowie auf der Bühne herrscht ein mattes, grobkörniges Schwarz; keine Spiegelung ist erlaubt, wenn die Kamera ihre eigenen Träume aus funkelndem Märchenlicht mit den Photonen der Wirklichkeit mischt. Francis hat seiner Kamera den Namen Leni gegeben. Leni ist längst viel mehr als nur ein optisches Instrument geworden. Sie verteilt sich über die Bühne, speist am einen Ende Bilder und Projektionen ein und kombiniert sie am anderen mit Mentalhintergrundschichten – eine sich windende Silberschlange mit bronzene’n Köpfen.
Francis ist gereizt. Sein magerer und ungepflegter Regieassistent – Ahmed, wie Alice sich vage erinnert; Francis verschleißt in jeder Produktion vier oder fünf Regieassistenten – eilt herbei, um die Flaschen mit Nano, die kleinen glänzenden Plastikschläuche und den Kitt zu arrangieren, damit sie an Alices Hinterkopf und Minstrels Schläfen befestigt werden können.
»Alice, sagenhafte Alice, was würdest du tun?«, fragt Francis, als sie das untere Ende der Treppe erreicht haben. »Ich hänge zwei Wochen hinter dem Drehplan, ich liege zwei Mill über dem Budget und der allgemeine Fibe- und Sat-Starttermin ist in vier Tagen – und ich schichte immer noch!« Francis schüttelt den Kopf. Er wirkt stets etwas traurig und gereizt. Alice akzeptiert diese Launen genauso wie Francis’ Tobsuchtsanfälle nur, weil seine Arbeit einzigartig und gut ist, wie sie findet. Auch wenn Francis nicht besonders kommerziell ist, kann es der Karriere niemals schaden, an einem Francis-Vid mitzuarbeiten, selbst wenn es nur im Mentalhintergrund ist.
»Du hast uns warten lassen. Plug uns ein und hol dir deine Schichten«, sagt Alice völlig sachlich.
»Dito«, bemerkt Minstrel.
Francis hebt drohend den Finger. »Fickkünstler sollten nicht herumnörgeln!«
Alice windet sich dramatisch und drängt seinen Finger mit ihrem zurück.
Winzige schwarze und silbrige Maschinen mit tastempfindlichen Rädern und Insektenglupschaugen krabbeln über die Plug-Bühne. Es sind allesamt Miniaturversionen von Leni. Alice hat das Gefühl, dass die hellen kleinen Augen ihre offline gesprochenen Worte aufsaugen. Sie hasst die Dinger. Francis lässt die Arbeiter völlig frei herumschweifen, um nach Belieben alles aufzuzeichnen. Im Publikum gibt es viele Zuschauer, die sich gerne in den Tatsachen der Produktion verlieren. Francis dreht genauso viele Live-Dokumentation hinter den Kulissen wie eigentliche Vids. »Fickkünstler«, säuselt Alice dem nächsten Insekt zu.
»Francis, das Nano ist schon etwas alt«, sagt Ahmed. »Es wird nicht mobil.«
»Kein Wunder«, erwidert Francis. »Wir proben so lange, bis es bereit ist.«
»Du willst uns doch nicht etwa abgestandenes Nano zumuten, Francis!«, entrüstet sich
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