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Snap - Im Haus des Bösen

Snap - Im Haus des Bösen

Titel: Snap - Im Haus des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Preston , Lincoln Child
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Sie war unverschlossen, nicht einmal verriegelt, und nach einem kleinen Stoß schwang sie auf in die gähnende Dunkelheit. Es schien, als schlüge uns aus dem Dunkel ein Geruch entgegen, ein feuchtkalter Gestank nach Tierkadavern, vergammeltem Fleisch, faulen Eiern.
    Wir betraten das Haus. Drinnen war es stockfinster. Als mein Vater erfolglos an der Wand entlang tastete, um einen Lichtschalter zu finden, erfasste eine Windböe die Haustür, so dass sie hinter uns zuschlug. Der Knall ließ mich zusammenfahren, und während ich am ganzen Leib zitternd in der Dunkelheit stand, schallte das Echo aus den hinteren Räumen des Hauses zu uns zurück.
    ›Aloysius‹, hörte ich meinen Vater aus der Finsternis heraus sagen, ›reich mir die Sturmlampe herauf.‹
    Dass seine Stimme so ruhig und gelassen klang, wunderte mich. Ich hielt die Lampe hoch über meinen Kopf. Eine für mich unsichtbare Hand ergriff sie. Einen Moment lang war alles still. Dann das
Ritsch
eines Streichholzes, gefolgt vom Aufflammen eines gelben Lichtscheins in der Lampe. Ich hörte ein Quietschen, als mein Vater den Docht regulierte und der Lichtschein heller wurde, bis wir … den Raum um uns herum sahen.«
    Pendergast nippte an seinem Brandy, dann noch einmal, ehe er das Glas wieder abstellte. »Wir standen im Eingangsbereich des Hauses. Die Lampe schien zwar nicht besonders hell, spendete aber genügend Licht, dass wir so gerade eben die Einzelheiten um uns herum erkennen konnten. Zunächst bot sich unseren Blicken nichts Ungewöhnliches: eine typische Villa aus der Zeit vor dem Bürgerkrieg, erbaut im Mississippi-Delta-Stil. Links führte eine doppelflügelige Tür in den großen Salon, rechts mündete eine weitere Doppeltür ins Esszimmer. Geradeaus schwang sich eine große Treppe in elegantem Bogen ins Obergeschoss, unter der Treppe führte ein Flur nach hinten, aus unserem Blickfeld.«
    Pendergast holte tief Luft und atmete langsam aus.
    »Allmählich stellten sich meine Augen auf den schwach beleuchteten Raum ein, und es wurde deutlicher, wie schäbig er war. Auf dem Boden lag ein Perserteppich, fadenscheinig und von Mäusen angenagt. Die Bilder an den Wänden waren so alt und eingedunkelt, dass die Motive darauf nicht zu erkennen waren. Ein Abschnitt des Treppengeländers fehlte, beidseits der Treppe standen mehrere vertrocknete Pflanzen in Übertöpfen. Aber dann fiel mir etwas anderes auf, etwas höchst Sonderbares. Die Oberflächen des Zimmers – die Wände, die Möbel – wirkten nicht ganz so regelmäßig und
flach,
wie sie eigentlich hätten sein müssen. Es schien, als hätten sie … Dichte und Struktur. Als mein Vater, die Sturmlampe vor sich herhaltend, vorsichtig weiter in die Mitte des Raumes ging, sah ich es auf der Tapete und anderswo blinken und blitzen, wobei die unzähligen kleinen Lichtpunkte komplizierte Muster aus Schnörkeln und Linien formten. Ich starrte ungläubig darauf, außerstande zu begreifen, was diesen seltsamen Effekt hervorrief.
    Mein Vater erkannte es schneller. Ich hörte ihn kurz nach Luft schnappen, dann blieb er wie angewurzelt stehen und hielt die Lampe vor ein besonders kompliziertes Muster in der Tapete.
    Und da wurde mir klar, dass die Muster gar nicht Teil der Tapete selbst waren, sondern von winzigen, schimmernden Objekten herrührten, die an der Wand befestigt waren. Während ich weiterhin darauf starrte, trat mein Vater einen Schritt vor, und mir wurde klar, worum es sich bei diesen schimmernden kleinen Dingen handelte.
    Es waren Zähne. Winzige, weiße, polierte Zähne. Ich bekam kein Wort heraus, mein Vater auch nicht. Aber uns fiel noch etwas anderes auf – nämlich dass diese Schnörkelmuster überall waren. Sie verliefen entlang den Zierleisten, ringelten sich auf der Täfelung, rankten sich in Schleifen und Spiralen um die Türrahmen. Sie zogen sich in Linien das Treppengeländer empor, verzierten die vergoldeten Rahmen der Bilder an den Wänden. Zähne … Wohin ich auch sah, starrten mir kleine Schneide- und Backenzähne entgegen. Wirbel, geformt aus Backenzähnen von Kindern, zeichneten die Konturen des Zimmers in getüpfelten Linien nach, minutiös arrangiert, auf unheimliche Weise regelmäßig. Manche Zähne waren mit der Bissfläche an den Wänden befestigt, so dass die gebogenen Wurzeln in ekelerregender Weise hervorragten; andere waren andersherum angebracht, die gelblichen und weißen Zähne aufgereiht, als wollten sie im nächsten Moment die Luft anknabbern. Ich sah Kringel und

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