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So frei wie der Himmel

So frei wie der Himmel

Titel: So frei wie der Himmel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Laell Miller
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vorn anzufangen.
    Wie ein Pfeil bohrte sich Nigels Kommentar von vorhin am Telefon in ihre Gedanken. Alles, und ich meine wirklich alles, hängt von diesem Geschäft ab.
    "Komm hinein, Liebling", sagte Ayanna und nahm Cheyenne am Arm, die am liebsten umgedreht und mit dem Mietwagen davongebraust wäre. "Deine Sachen können wir später holen."
    Cheyenne nickte, beschämt, weil sie nach all den Vorbereitungen und Mühen am liebsten die Flucht ergriffen hätte.
    Ayanna stieß ihre Tochter, die etwas größer war als sie, leicht mit einer Schulter an. "Wir alle sind nach Hause gekommen", sagte sie sanft. "Du, Mitch und ich. Und das ist ein wunderbarer Ort, um noch einmal von vorn anzufangen."
    Vielleicht ist das so, wenn man McKettrick heißt, dachte Cheyenne grimmig. Wenn man einen Schlüssel besitzt, der in das Schloss eines der vielen eleganten Häuser auf der legendären Triple M Ranch passt.
    Wenn man jedoch Bridges hieß und einen charmanten, aber spielsüchtigen Vater gehabt hatte, der zudem noch im Gefängnis gestorben war, konnte man nicht einfach von vorn anfangen.
    Gewöhnliche Menschen hatten schon genug damit zu tun, zu überleben.
     
    Nurleen Gentry mischte und teilte aus - zwei Siebener und eine Königin. Sie legte die Karten verdeckt auf den mit grünem Filz bezogenen Tisch, faltete die Hände und wartete. An ihren Fingern blitzten unechte Ringe aus einem Teleshop.
    Jesse lehnte sich in seinem angestammten Stuhl im Hinterzimmer von Lucky‘s Main Street Bar and Grill zurück und tat, als überlegte er. Durch den blauen Zigarettenqualm spürte er die Blicke der anderen Pokerspieler auf sich ruhen, ließ sich aber nichts anmerken. Er war ein Meister im Verbergen der sogenannten Tells, womit im Poker alles bezeichnet wird, was die Stärke des Blatts eines Gegenspielers verrät.
    "Setzen oder passen, McKettrick", grummelte Wade Parker.
    Daraufhin hob Jesse einen Mundwinkel und schenkte ihm sein berühmtes Fahr-zur-Hölle-Grinsen, das er seit seinem elften Lebensjahr perfektioniert hatte. Wade trug eine Windjacke mit dem Logo der Brauerei, für die er arbeitete. Seine dicken Lippen zuckten ungeduldig.
    Neben Wade saß Don Rogers, dem der Waschsalon gehörte. Don wand sich auf dem geflickten Kunststoffstuhl. Jesse wusste, dass ihn nicht das Warten nervös machte. Don war ein prima Kerl, aber er wollte so unbedingt den gesamten Pot gewinnen, dass unter seinem rechten Auge ein Muskel zuckte. Kann sein, dass Don Damen hat, dachte Jesse, aber das ist unwahrscheinlich. Dons Tells waren leichter zu lesen als die fast vier Meter großen, in Stein gehauenen Buchstaben INDIAN ROCK im Osten der Stadt.
    Alles an Don schrie Risiko.
    Jesse tat so, als würde er unzählige Möglichkeiten überdenken, dann legte er vier Fünfzig-Dollar-Chips in den Pot.
    "Scheiße", murmelte Don und legte die Karten auf den Tisch, eine genau auf der anderen, ohne sie zu zei
    Wade hob die buschigen Augenbrauen und lehnte sich vor. Nurleen, eine alte Füchsin, was das Pokerspiel betraf, sah schweigend und mit angestrengtem Desinteresse vor sich hin.
    "Ich glaube, du bluffst, McKettrick", sagte Wade. Er durchwühlte den Berg Chips vor sich, der in der letzten halben Stunde stetig gewachsen war.
    "Glaub, was du willst", entgegnete Jesse tonlos. Er hatte bereits einige hervorragende Karten nicht ausgespielt, nur um Wades Wahnvorstellung, dass die Pokergötter ihm wohlgesinnt waren, zu bekräftigen. Jesse hatte Zeit, und er hatte Geld - eine tödliche Kombination, im Pokerspiel wie in allen andern Bereichen des Lebens.
    Wade zog eine Sonnenbrille aus der Tasche seiner Windjacke und setzte sie auf. Ein bisschen spät, dachte Jesse, doch diesmal feixte er nur innerlich. Nurleen gab die vierte Karte aus, die im Hold’em— Jargon Turn heißt.
    Jesse überlegte. Selbst wenn Wade zwei Asse zusätzlich zu dem einen Ass auf dem Tisch hatte, reichte das noch nicht für den Pot. Das bedeutete, dass der Biervertreter Pech hatte. Es sei denn, die fünfte Karte - der River - entpuppte sich ebenfalls als Ass.
    So etwas konnte passieren - im Hinterzimmer einer Kleinstadtkneipe genauso wie bei Weltmeisterschaften in Las Vegas. Jesses Bauch sagte, riskier's. Andererseits sagte der nur selten etwas anderes. Aus den Augenwinkeln sah Jesse jemanden durch die Tür kommen und zur Jukebox gehen.
    Wade erhöhte um dreihundert.
    Jesse ebenfalls.
    Nurleen drehte die River -Karte um.
    Zwei Herzen.
    Wieder grinste Jesse.
    "Zeigen", sagte Wade. Er schob seinen Wetteinsatz

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