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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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zwei Pfleger hoben Chanale auf die Trage. Jo’ela, noch immer über sie gebeugt, drückte den Kopf des Kindes kräftig nach oben und hielt gleichzeitig die Nabelschnur fest, um den Puls zu fühlen. »Mach dir keine Sorgen«, sagte sie mit hochrotem Gesicht zu Chanale, »solange meine Hand drinnen ist, ist alles in Ordnung, ich erleichtere den Druck, ich halte den Kopf in die Höhe.«
    »Ist dort der Operationssaal?« schrie Mirjam ins Telefon. »Wir kommen mit einem Nabelschnurvorfall!«
    »Verstanden, mit einem Nabelschnurvorfall«, bestätigte der neue Praktikant durch die Gegensprechanlage.
    Während Jo’ela noch immer die Hand in Chanales Scheide hatte, während sie immer noch den Kopf des Kindes nach oben drückte und zugleich an der Nabelschnur den Puls kontrollierte, wurden Chanales Schmerzensschreie immer lauter, doch Jo’ela, die sie ganz dicht neben sich hörte, konzentrierte sich nur auf ihre Finger. »Puls normal«, teilte sie am Aufzug Monika und Nerja mit, der herbeigeeilt war, ebenso Mirjam, den beiden Pflegern und dem neuen Praktikanten, die einer nach dem anderen den Aufzug betraten.
    »Sie fahren bitte alleine runter«, sagte Mirjam zu Elik, der erschrocken vor dem Aufzug stehenblieb, dessen Türen sich schlossen. Im Aufzug starrten alle schweigend auf Jo’elas Arm unter dem Laken. Chanale schrie auch in dem kleinen Raum. »Puls normal«, sagte Jo’ela, als der Aufzug unten ankam. »Puls normal«, sagte sie zu der Operationsschwester, die sie in der Tür erwartete und dem Anästhesisten ein Zeichen gab. Erst als Chanale auf den Operationstisch gehoben wurde, zog Jo’ela ihre Hand heraus und Mirjam schob die ihre hinein, um den Kopf des Kindes nach oben zu drücken.
    Während der Anästhesist Chanale, die aufgehört hatte zu schreien, auf die Operation vorbereitete, goß ihr eine Schwester Desinfektionsmittel über den Bauch. »Naß«, murmelte Chanale, »naß und kalt«, und machte die Augen zu.
    »Los«, sagte der Anästhesist zu der Narkoseschwester, die das Tropfen der Infusionsflüssigkeit in den Schlauch überwachte. »Skalpell! Skalpell!« rief Jo’ela und zog ein letztes Mal an ihren Handschuhen. Jemand warf zwei grüne Laken über Chanales Bauch. Das Gesicht der Operationsschwester beugte sich nackt, ohne Maske, neben dem des Anästhesisten herab.
    »Versuch, so kurz wie möglich im Bauch zu bleiben«, sagte Nerja, »wir haben uns nicht gewaschen, mal sehen, ob du deinen Rekord brechen kannst.«
    »Halt den Mund«, sagte Jo’ela. »Los, hilf mir.«
    Niemand sprach. Nur Mirjam flüsterte, während sie die Hand aus Chanales Scheide zog: »Hoffentlich kommt jetzt keine Wehe und drückt den Kopf nach unten.«
    Jo’ela preßte die Zähne zusammen. Für einen Moment hob sie den Blick zu der runden Lampe. Plötzlich sah das Licht blau aus, ein scharfes Blau, das dann zu einem verwaschenen Ton verblaßte, als sei es von einer Wolke verschattet. Das Gesicht ihrer Mutter beugte sich über die Haut, in die sie schnitt, und blieb für ein paar Sekunden dort, auch als sie die Haut löste, die Unterhaut, bis sie das Ligament über der Bauchhöhle teilte.
    »Sie ist in der Faszie«, sagte Nerja, bevor er mit den Händen die beiden Muskelstränge auseinanderschob. »Ich hebe sie für sie auf, damit sie an das Peritoneum kommt«, sagte er.
    Für einen Moment waren ihre Gesichter nahe beieinander. Sie sah die Schweißtropfen auf seiner Stirn. »Schere«, befahl Jo’ela und grub die Hände in das Bauchfell. »Sie ist im Peritoneum«, verkündete Nerja.
    »Ruhe!« rief Jo’ela, und weil sie über sich selbst erschrak, fügte sie hinzu: »Jetzt, mit der Narkose, besteht keine große Gefahr für eine Wehe.«
    Die Operationsschwester hielt ihr das kleine Messer hin, als die Gebärmutter sichtbar wurde, noch bevor sie eine Anweisung bekam. Jo’ela schnitt vorsichtig, um das Peritoneum abzulösen.
    »Sie ist im viszeralen Peritoneum«, sagte Nerja zu dem neuen Praktikanten.
    »Tupfer«, verlangte Jo’ela.
    Die Operationsschwester drückte ihr einen trockenen Tupfer in die Hand, mit dem Jo’ela die Blase nach unten schob und einen Moment überlegte, wie tief sie schneiden konnte.
    »Jetzt wird die Gebärmutter geöffnet«, verkündete Nerja, wie es üblich war, vor dem Schnitt im unteren Segment. »Siehst du, wie tief sie schneidet? Das ist wegen möglicher weiterer Geburten.«
    Die Gebärmutter war offen, und Jo’ela nahm das Kind heraus. Der Kinderarzt war hinter sie getreten, das erwärmte Laken

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