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So habe ich es mir nicht vorgestellt

So habe ich es mir nicht vorgestellt

Titel: So habe ich es mir nicht vorgestellt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Batya Gur
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habe ich bei Elik angerufen, bei der Arbeit, und da hat man mir gesagt, er hätte seine Frau ins Krankenhaus gebracht, und da habe ich gleich bei dir angerufen, und Ja’ara … Wie groß sie schon ist, am Telefon hat sie eine Stimme wie eine Frau, ich habe sie das letzte Mal gesehen, als … Wie alt war sie da?« Sarah hielt inne. »Sagst du uns immer mal wieder Bescheid?« fragte sie leise.
    Jo’ela nickte.
    »Sie hat das schönste Zimmer bekommen, was für eine Aussicht!« erklärte Sarah und lachte. »Wir haben schon mal reingeschaut, schließlich haben wir ja Beziehungen.«
    »Was spielt es für eine Rolle, wie die Aussicht ist«, fuhr Pnina auf. »Sie wird sowieso nichts davon sehen.«
    Chanale lag im großen Zimmer, und das hereinfallende Licht malte kleine goldene Inseln in ihre braunen Haare. Auf dem blauen Kunststoffstuhl, dicht am Monitor, saß Elik, ein Computerfachmann, und beobachtete konzentriert, wie sich die Nadel langsam nach rechts und links bewegte. Er hielt das Ende des Ausdrucks in der Hand, den das Gerät ununterbrochen ausspuckte. Chanale lag mit angezogenen Knien da, die Augen geschlossen, und preßte einen Zipfel des grünen Tuchs in der Hand.
    »Es ist alles in Ordnung«, versicherte Monika, die Hebamme, die am Waschbecken stand. »Professor Margaliot hat sie untersucht, es geht gut voran.«
    »Chalale«, sagte Jo’ela und legte ihr die Hand auf die Stirn.
    Chanale machte die großen kindlichen Augen auf, ein verschwommenes Blau, hell und unschuldig. Sie lächelte. »Ich hatte Angst, daß du nicht rechtzeitig kommst«, sagte sie erleichtert, bevor sich ihr Gesicht vor Schmerz verzerrte. Langsam bewegte sich der Zeiger von links nach rechts, Chanale stöhnte, die Herztöne des Kindes wurden lauter, dann wieder leiser.
    »Eine sehr schöne Wehe«, sagte Jo’ela und begann, die Handschuhe anzuziehen. »Bring mir einen Kittel«, bat sie Monika. »Ich möchte sie noch einmal untersuchen. Elik, wie geht es dir?«
    »Prima«, sagte er ruhig. Elik war bekannt für seine Schweigsamkeit. »Ein guter Junge«, sagte Tante Sarah oft, »aber er sagt nie was, wenn ich etwas erfahren will, muß ich Chanale fragen.«
    Monika trat zu ihr und hielt ihr einen Kittel hin. Jo’ela schob ihre Hände hinein.
    »Gebärmutterhals ganz verstrichen, Muttermund fünf Zentimeter geöffnet«, sagte Jo’ela zum Abschluß ihrer Untersuchung, und Monika nickte. »Der Kopf ist frei über dem Becken, Blase stark vorgewölbt und drückt auf den Muttermund.« Jo’ela hörte sich selbst im Schreibrhythmus sprechen, laut, als müsse sie etwas bezeugen, als müsse sie Rede und Antwort stehen.
    Monika nickte zustimmend. »Das hat Professor Margaliot auch gesagt, aber da waren es noch keine fünf Zentimeter. Es geht voran.«
    »Prima, Chalale«, sagte Jo’ela, »alles ausgezeichnet, du kommst gut vorwärts. Ich sage schnell deiner Mutter Bescheid, bevor die zwei dort anfangen, sich was einzubilden.«
    Chanale grinste. »Ich habe nicht gesagt, daß sie kommen soll, Jo’ela, ich schwör’s dir, ich bin fast ohnmächtig geworden, als ich die beiden plötzlich hier gesehen habe. Sie hat in Eliks Firma angerufen, sie hatte so ein Gefühl, wenn du weißt, was ich meine.«
    »Ein Gefühl«, sagte Jo’ela. »Sie hat immer ein Gefühl. Manchmal stimmt es, und manchmal nicht …«
    »Das hört sich an wie beim Trabrennen«, sagte Chanale, und ihr Gesicht verzerrte sich, und als der Zeiger wieder nach links ausschlug, fügte sie erklärend hinzu: »Sein Herzschlag, meine ich, wie wenn ein Pferd trabt. Es tut schrecklich weh.«
    »Das war noch eine schöne Wehe«, versicherte Jo’ela und meinte plötzlich, die Stimme ihrer Mutter zu hören. Wirklich? fragte diese, und der Ton ihrer Frage zog alles in Zweifel.
    Die beiden standen auf, als Jo’ela ins Wartezimmer trat. Ihre Mutter schob die Lippen vor.
    »Nun, was ist los?« fragte Tante Sarah. »Was gibt es Neues?«
    »Alles in Ordnung«, sagte Jo’ela mit fester Stimme, aber als sie sah, wie sich das Gesicht ihrer Mutter entspannte, war sie schon gar nicht mehr so sicher.
    Die Mutter schob den Kopf vor und kratzte mit dem spitzen Fingernagel an Jo’elas Kitteltasche. »Was hast du da?« fragte sie. »Ich habe gedacht, es ist Schmutz«, fügte sie dann entschuldigend hinzu, »aber es ist ein Rostfleck.«
    »Sitzt doch da nicht rum wie zwei Furien«, sagte Jo’ela hart und ungeduldig. »Warum geht ihr nicht mal runter in die Cafeteria? Dort ist die Luft besser, es gibt einen

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