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So weit die Wolken ziehen

So weit die Wolken ziehen

Titel: So weit die Wolken ziehen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Willi Fährmann
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rief sie laut. »Überall Abfall und Dreck und Flöhe über Flöhe. In diese Bude kriegen mich keine zehn Pferde.«
    Der Fahrer stieg aus und sagte: »Es ist nicht weit zurück ins Zentrum. Ich habe ja schon gesagt, die Rückfahrt ist übermorgen, Dienstag, wann genau, weiß ich noch nicht. Ich muss mich jetzt auf die Suche nach den anderen Mädchen aus Oberhausen machen. Meine Kollegen sind noch nicht wieder in Bad Tölz eingetroffen. Ich fahre also los. Schließlich wollen wir nicht nur euch heil nach Hause bringen.«
    »Wissen Sie, wohin Sie fahren müssen?«, fragte Dr. Scholten.
    »Ungefähr«, erwiderte Philipp. »Ein paar Schülerinnen sind schon vor euch nach Oberhausen zurückgekommen. Die konnten mir sagen, wo ich suchen muss.«
    »Und wem verdanken wir diese ganze Aktion?«
    »Irgendjemand hat offenbar Beziehungen zu Babcock. Die Firma hat uns jedenfalls losgeschickt. Kanister mit Diesel haben wir geladen und Säcke mit Kunstdünger als Tauschware, wenn uns der Treibstoff ausgeht.« Er stieg ein und fuhr los.
    Dr. Scholten, die Lehrerinnen und die Mädchen machten sich auf den Weg zurück in die Stadt. Auf der Terrasse eines Gasthauses standen kleine Tische und Gartenstühle. Die Sonne hatte die Feuchtigkeit getrocknet. Sie setzten sich. Eine Frau kam aus dem Haus.
    Dr. Scholten sagte zu den Mädchen: »Wir machen hier erst einmal Pause. Bestellt euch etwas zu trinken. Wer nicht bezahlen kann, für den springt unsere Kasse ein.«
    Die Frau schrieb alles auf.
    »Außerdem suchen wir für ungefähr fünfzig Schülerinnen und mehrere Lehrer ein Quartier«, sagte Dr. Scholten. »Für zwei Nächte.«
    Die Frau lachte und hob abwehrend die Hände. »Bad Tölz ist vollgestopft mit Flüchtlingen. Seit Wochen schon. Kein Haus hat freie Zimmer für so viele Personen.«
    »Wir kommen uns allmählich vor wie Maria und Josef damals in Bethlehem«, rief Dr. Scholten. Aber die haben immerhin noch einen Stall gefunden.«
    »Der Stall bringt mich auf eine Idee«, sagte die Wirtin. Sie überlegte einen Augenblick. »Heute nach fünf werden in unserem Haus ein paar Zimmer frei. Für die Lehrpersonen und für Sie, mein Herr, würde es vielleicht reichen. Und wir haben im Anbau einen Saal. Nicht viel mehr als ein Stall. Der steht schon ewig leer, aber wenn die Mädchen einverstanden sind, die beiden Nächte dort zu verbringen, lasse ich Stroh auf dem Boden ausbreiten und könnte Sie alle aufnehmen.«
    »Wenigstens ein Dach über dem Kopf«, seufzte Dr. Scholten erleichtert.
    »Aber erst nach fünf.« Die Frau schaute auf die Mädchen und sagte: »Das Gepäck können die Kinder im Vorraum des Saals ablegen.«
    Die Limonade war dünn und schmeckte nach Wasser. Das wenige Brot, das sie noch hatten, teilten die Mädchen auf.
    »Am besten, ihr geht erst mal in kleineren Gruppen mit je einer Lehrerin durch die Stadt«, schlug Dr. Scholten vor. »Um kurz vor fünf treffen wir uns dann wieder hier. Und haltet die Augen offen, vielleicht trefft ihr ja jemanden von unserer Schule.«
    Allmählich verschwanden die Wolken. Die meisten Mädchen machten es sich auf den Bänken im Kurpark bequem und ließen sich auch von den bösen Blicken der wenigen Spaziergänger nicht vertreiben. Anna, Lydia, Ruth und Irmgard schlenderten durch die Hauptstraße. Gegen drei begegneten ihnen drei Mädchen. Alle starrten sich überrascht an.
    »Seid ihr nicht auch aus Oberhausen?«, fragte Irmgard.
    »Sicher«, antwortete die eine. »Ich kenne euch. Die Mohrmanns und die Zarskis.«
    »Wo seid ihr denn damals …«, fragte Anna.
    »Das ist eine lange Geschichte. Viel Zeit zum Erzählen haben wir jetzt nicht; wir müssen in einer halben Stunde in unserem Quartier sein. Das liegt ziemlich weit außerhalb.«
    »Fahrt ihr auch am Dienstag wieder nach Oberhausen zurück?«
    »Klar. Aber wo seid ihr denn untergekommen?«
    »Alpenblick heißt das Hotel.«
    »Hm, klingt vornehm. Wahrscheinlich mit Vollpension«, spottete eine.
    Ruth lachte. »In einem Tanzsaal sollen wir schlafen. Auf Stroh. Und für das Essen hier müssen wir selber sorgen. Es sind Gutscheine ausgegeben worden.«
    »Dann seht bloß zu, dass ihr rechtzeitig vor sechs ein Gasthaus findet, in dem ihr etwas für eure Papierchen bekommt. Später werdet ihr nur noch Schilder lesen wie Besetzt oder Ausverkauft.«
    »So schlimm ist es hier?«, fragte Irmgard.
    »Wir hausen schon seit Anfang Juni in einem Kindergarten. Noch kein einziges Mal sind wir satt geworden. Die meisten Leute hier haben selbst nichts

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