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So will ich schweigen

So will ich schweigen

Titel: So will ich schweigen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Deborah Crombie
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leichter voran als zuvor im Schnee.
    Tess blieb dicht bei Kit und ließ ihr Herrchen kaum aus den Augen, während Geordie im Zickzack vorauslief und aufgeregt herumschnüffelte. Dann entdeckte der Cockerspaniel einen tief fliegenden Vogel, und er erstarrte, den kupierten Schwanz gerade ausgetreckt, eine Pfote erhoben.
    »Schau mal, er steht vor«, sagte Kit. »Das macht er zu Hause immer, wenn er ein Eichhörnchen sieht.«
    »Cockerspaniel sind eigentlich Stöberhunde, keine Vorstehhunde«,
bemerkte Kincaid, »aber er scheint den Unterschied nicht zu kennen.«
    Er ließ den Blick wehmütig über die sanft gewellte Landschaft von Cheshire schweifen und fragte sich, wann er sie wohl wiedersehen würde und warum er diesen Besuch so lange vor sich hergeschoben hatte. Er sah seinen Sohn an und fragte: »Gefällt es dir hier?«
    »Ja. Es erinnert mich ein bisschen an Grantchester.« Dann fügte Kit nachdenklich hinzu: »Aber ich bin mir nicht sicher, ob ich daran erinnert werden will, jedenfalls nicht dauernd. Und ich vermisse unser Haus und Wesley und den Park und den Markt am Samstag …«
    »Okay, okay«, erwiderte Kincaid lächelnd. »Hab schon kapiert. Das freut mich zu hören. Ich vermisse das alles auch. Ich bin froh, nach Hause zu kommen.«
    Sie gingen in entspanntem Schweigen weiter. Als sie zum Leinpfad am Middlewich-Kanal hinunterstiegen, fragte Kit: »Wird Lally darüber hinwegkommen?«
    Kincaid überlegte eine Weile, ehe er antwortete. »Ich glaube schon. Aber es kann nicht schaden, wenn du mit ihr in Kontakt bleibst und sie wissen lässt, dass du für sie da bist. Sie ist schließlich deine Cousine.«
    Als sie Barbridge erreichten, blieb er stehen und blickte den Shropshire Union hinunter. Er dachte daran, welche Erinnerungen sich für Kit mit diesem Abschnitt des Kanals verbanden – und nun auch für ihn selbst. »Wir sollten umkehren.«
    Aber Kit verblüffte ihn, indem er sagte: »Nein. Ich will noch weitergehen, nur ein kleines Stück.«
    »Na schön.« Kincaid fügte sich mit einem Achselzucken und fragte sich, ob dies Kits Methode war, die Dämonen zu bannen. Die Hunde rannten voraus, und Kincaid folgte seinem Sohn, der mit entschlossenen Schritten an Pub und Liegeplätzen vorbeimarschierte. Das gewundene Band des Kanals wirkte
verwunschen in der frühen Nachmittagssonne, ein verträumter Ort der Stille, wo Gewalt keinen Platz hatte.
    Kits Schritte wurden langsamer, als sie um die inzwischen vertraute Kurve bogen und die Horizon noch immer an derselben Stelle liegen sahen. Das Absperrband war verschwunden, doch alle Jalousien waren dicht geschlossen, und Kincaid hatte den Eindruck, dass das Boot schon jetzt ein wenig verwahrlost wirkte.
    »Was wird aus der Horizon werden?«, fragte Kit.
    »Ich nehme an, Roger Constantine wird sie irgendwann verkaufen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass er das Boot selbst nutzen will. Es ist zu sehr mit Annie verbunden.«
    »Geister«, sagte Kit leise. Und nach einem letzten Blick zum Boot rief er die Hunde und machte kehrt.
    Kincaid sah in das stille Gesicht des Jungen und beschloss, die Frage zu stellen, die ihm schon die ganze Zeit keine Ruhe gelassen hatte. »Kit, als du diese Dinge zu Leo gesagt hast – dass Annie es nicht verdient gehabt hätte, zu sterben -, da hast du doch an deine Mutter gedacht, nicht wahr?«
    »Ja, ich glaube schon«, gab Kit zu, und nach einer Weile fügte er hinzu: »Es ist komisch, aber die Träume haben aufgehört.«
    »Welche Träume?«
    »Ich habe immer von Mama geträumt, ganz lange. Albträume. Jede Nacht.« Seine Miene verriet Kincaid, dass er nicht mehr darüber sagen würde.
    »Aber nicht mehr seit der Sache mit Leo?«
    Kit schüttelte den Kopf. »Ist es wahr, was du an dem Abend gesagt hast – dass ihm nichts passieren wird?«
    »Nein. Jetzt, da die Polizei weiß, dass er diese zwei Menschen auf dem Gewissen hat, wird sie alles daransetzen, Beweise zu finden, die Leo mit diesen Verbrechen in Verbindung bringen. Und ich glaube nicht, dass das Gericht ihn allzu glimpflich davonkommen lassen wird.«

    »Das ist nicht genug.«
    »Nein.«
    »Er wird irgendwann wieder jemandem etwas antun. Weil er Spaß daran hat.«
    Verblüfft über die Menschenkenntnis seines Sohnes, erwiderte Kincaid: »Ja. Aber wir werden unser Bestes tun, ihn daran zu hindern.«
    Kit nickte und ging schweigend weiter, doch es war ein geselliges Schweigen, das Kincaid ermutigte, noch eine Frage zu stellen: »Ich weiß, es scheint jetzt irgendwie nebensächlich,

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