Konaklub, 1, Freundin fürs Leben (German Edition)
Kapitel 1
Der große schwarze Hengst stellte sich auf seine Hinterbeine und trat mit den Hufen in die Luft, dass die Funken sprühten. Sie hatte gewusst, dass das passieren würde. Sie war darauf vorbereitet gewesen. Sie beugte sich vor und streichelte seinen Hals.
Ruhig, Phönix, ganz ruhig. Es ist alles in Ordnung, ich bin ja bei dir.
Sie spürte, wie der Pferdekörper unter ihr zitterte. Der Hengst kam wieder auf seine vier Hufe und sprang dann im Galopp davon. Jemand rief ihren Namen. Elin und Emma. Sie hatten alles mitangesehen. Der Gegenwind trieb ihr Tränen in die Augen. Sie lächelte.
In diesem Augenblick wachte sie auf. Ihre Mutter stand am Bett und rüttelte an ihren Schultern.
»Frossa, wir haben verschlafen. Beeil dich, dann fahre ich dich zur Schule.«
Ihr Kopf fühlte sich schwer an, als würde sie krank werden. Aber sie konnte nicht schon wieder krank sein. In den letzten Wochen war sie so oft zu Hause geblieben.
Mama war schon wieder aus dem Zimmer gerannt. Missmutig schlug Frossa die Decke beiseite und stand auf.
Natürlich war Frossa nicht ihr richtiger Name, so kann ja kein normaler Mensch heißen. Aber alle nannten sie so. Und das war dreimal besser als ihr richtiger Name. Euphrosyne. Ein normaler Mensch hieß auch nicht Euphrosyne.
War sie denn normal? Manchmal war sie sich da nicht so sicher.
An diesem Morgen kam sie zu spät zur Schule. Sie blieb vor dem Klassenzimmer stehen und hörte die Stimme von Jessica durch die Tür dringen. Jessica war ihre Klassenlehrerin. Sie vertrat ihre eigentliche Klassenlehrerin. Marianne, die eigentliche Klassenlehrerin, war viel netter, aber schon lange krankgeschrieben. Niemand wusste genau, wann sie wiederkommen würde.
Frossa traute sich nicht, in die Klasse zu gehen, Jessica wurde immer wütend, wenn eine Schülerin zu spät kam. Sie könnte auch bis zur nächsten Pause warten. Eine wütende Lehrerin konnte Frossa gerade wirklich nicht gebrauchen.
Im Flur hinter sich hörte sie Schritte. Sie hatte gerade ihre Jacke an den Haken gehängt und drehte sich um. Direktor Strömkvist kam in Begleitung eines fremden Mädchens mit großen Schritten auf sie zu. Das Mädchen hatte dicke braune Haare und trug ein Tuch, das sie sich mehrmals um den Hals gewickelt hatte. Es war blau und grün gestreift.
»Was machst du denn hier draußen?«, sagte der Direktor. »Solltest du nicht im Klassenzimmer sein?«
»Doch«, murmelte Frossa.
Der Direktor starrte sie an. Er wartete offensichtlich auf eine ausführlichere Antwort. Frossa sah zu ihm hoch.
»Meine Mutter hat verschlafen«, sagte sie. Sie hörte selbst, wie feige das klang. Man durfte nicht einfach die Schuld auf seine Mutter schieben. Aber es war ja tatsächlich Mamas Versehen gewesen.
»Aha, tatsächlich«, sagte der Direktor dann auch. »Aber du bist doch schon zehn! Hast du keinen eigenen Wecker? Ich hatte einen in deinem Alter.«
Frossa wurde rot. Was sollte sie jetzt sagen?
Da aber hob der Direktor die Hand und klopfte an die Tür zum Klassenzimmer. Dann öffnete er sie.
Frossa schlich sich an ihm vorbei auf ihren Platz. Niemand schien sie bemerkt zu haben. Alle starrten den Direktor und das neue Mädchen an. Der stellte sich neben Jessica.
»Ich hab euch eine neue Mitschülerin mitgebracht«, sagte er und schubste die Neue vor, sodass sie fast gestolpert wäre. »Und jetzt kümmern wir uns alle um sie, damit sie sich hier bei uns an der Schule wohlfühlt.«
»Das versprechen wir«, sagte Jessica. »Nicht wahr Kinder?«
Ein schwaches Murmeln war zu hören.
»Nicht wahr Kinder?«, wiederholte Jessica, diesmal lauter als vorher.
»Ja«, riefen die Schüler.
Jessica gab der Neuen die Hand.
»Herzlich willkommen!«, sagte sie. »Magst du dich selbst vorstellen und der Klasse erzählen, wie du heißt?«
»Ingeborg«, sagte das Mädchen.
Einige der Mädchen kicherten. Aber sie verstummten sofort, als der Direktor sie streng ansah.
»Sie heißt Ingeborg Segerstjärna«, sagte er. »Ein majestätischer und schöner Name. Sie kommt aus Jönköping. Weiß eine von euch, wo Jönköping liegt?«
Frossa wusste es. Ihre Großeltern wohnten dort. Jönköping lag in Småland. Direkt am Ufer des großen Vättern-Sees. Sie wusste es, meldete sich aber nicht.
Der Direktor schüttelte unzufrieden den Kopf.
»Ihr wisst ja gar nichts.«
Jessica runzelte die Stirn und zog ihre schmalen Augenbrauen zusammen.
»Das haben wir noch nicht geschafft«, sagte sie. »Diese Klasse muss einiges
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