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Der stille Schrei

Der stille Schrei

Titel: Der stille Schrei Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Leon Specht
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FEUERSTREIFEN
    Er schlug noch einmal zu.   Und wieder. Der Lederriemen zischte auf meinen Rücken und hinterließ eine Brandspur. Ich wimmerte leise in mich hinein und zählte die Schläge, um mich abzulenken und den Schmerz zu verdrängen. Wimmern statt schreien. Früher hatte ich geschrien. Die körperlichen Schmerzen. Die seelischen Qualen. Je lauter ich schrie, desto stärker schlug er zu. Also lernte ich, leiser zu schreien. Konnte man still schreien?
    Inständig hoffte ich, dass er sich verausgaben und ihm dann die Kraft oder Lust fehlen würde, mich auch noch zu vergewaltigen. Lieber ein brennender Rücken als seinen stinkenden Atem in meiner Nase und seinen ekelerregenden Körper auf meinem.
    Beim letzten Mal hatte ich etwas Neues ausprobiert, seinen Schlägen irgendwie zu entkommen. Es war eine Mischung aus Verzweiflung, Hilflosigkeit und Scham, die mich zu dieser verrückten Idee geführt hatte. Ich erinnerte mich daran, wie ich als Jugendliche mit Freunden das Ohnmachtsspiel entdeckt hatte. Als 12-Jährige war ich mehr mit den Jungs aus meiner Klasse unterwegs, die mich immer noch akzeptierten, obwohl ich ein Mädchen war. Schlank und rank, noch keinerlei Brustansätze zu sehen, und eine ganz Wilde, war ich ihnen lieber als manch männlicher, aber merkwürdigerweise recht zart besaiteter Altersgenosse. Schließlich schreckte ich auch vor keiner Mutprobe zurück und war in vielen Spielen den Jungs ebenbürtig oder sogar überlegen. Wir tollten und liefen herum, und ganz oft war ich die Schnellste und Wendigste.
    Damals spielten wir das Spiel, ohnmächtig zu werden. Man holte tief Luft und wurde von hinten von einem Partner mit dessen Armen umfangen. Er drückte auf den Brustkorb, und man hielt mit angehaltenem Atem dagegen. Nach kurzer Zeit wurde man ohnmächtig.
    Als er mich letzte Woche schlug, hatte ich versucht, diesen Zustand selbst herbeizuführen. Und es hatte geklappt! Aus der Ohnmacht wieder erwacht, hatte ich erstaunt festgestellt, dass er mit seiner Züchtigung aufgehört hatte.
    Ich beschloss, mein Glück erneut zu versuchen. Mit diesem Bild vor Augen, die Arme um meinen Körper geschlungen, mit dem Brustkorb auf dem Bett liegend, holte ich tief Luft und drückte die Arme noch fester an mich. Schwarze Funken tobten hinter der Netzhaut. Ein Schlag des Lederriemens, und das Licht ging aus. Einige Zeit später kam ich wieder zu mir und stellte erleichtert fest, dass es auch dieses Mal geklappt hatte.
    Er brauchte offensichtlich meinen Widerstand, um sich abzureagieren. Wurde er größer, schlug er noch heftiger zu. Es schien ihn noch aufzuputschen. Erlahmte mein Widerstand und wurden meine Schreie leiser, ließ er in seinen Bemühungen nach. Sobald sich meine Körperspannung also durch die Ohnmacht auflöste, verlor er wohl ganz und gar die Lust, mich weiter zu peinigen. Vielleicht wollte er einfach nur seine Ruhe haben?
    Kontrolle. Ja, er musste alles kontrollieren. Seine Mitarbeiter in der Firma, sein angehäuftes Vermögen, seine Frau, seine offizielle Geliebte.
    Erschöpft stand ich auf und ging ins Bad. Ich wusste, dass ich jetzt Ruhe vor ihm hatte und wollte mich im heißen Badewasser entspannen. Während das Wasser einlief, schluckte ich ein schnell wirkendes Schmerzmittel, das mir der Arzt verschrieben hatte. Als das Badethermometer die richtige Temperatur anzeigte, legte ich mich in die Wanne und biss die Zähne zusammen, weil es dennoch sehr weh tat. Nach und nach beruhigten sich meine Nerven, und ich döste vor mich hin.
    Schon oft hatte ich in diesem Zustand gelegen. Mir war bewusst, dass es mit mir immer weiter abwärts ging. Hatte ich anfänglich noch versucht, mich gegen seine Gewalt aufzubäumen, so hatte er nach und nach obsiegt. Jetzt, in diesem Moment wurde es mir klar: Je mehr ich mich aufbäumte, desto mehr musste er mich zähmen! Mir wurde klar, dass ich ihm so nicht entkommen konnte. Ich fand aber keinen Ausweg. Nur noch dunkel und leise schlich sich der Gedanke in meinen Kopf, dass ich gerade dabei war, mich aufzugeben.
    Prustend und hustend schreckte ich voller Todesangst auf. Ich war vor Erschöpfung eingedöst und mit dem Kopf unter die Wasseroberfläche gekommen. Das Wasser brannte mir in Nase und Lunge. Die Schmerzen auf dem Rücken waren vergessen. Als der Hustenreiz langsam verschwand, realisierte ich, dass es so nicht weitergehen konnte. Morgen würde ich etwas unternehmen müssen. Nur was?
    Ich stieg aus der Badewanne, trocknete mich ab und ging in mein

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