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So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition)

Titel: So wirst du stinkreich im boomenden Asien: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Mohsin Hamid
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Film mit, aber zweimal esst ihr auch außerhalb, in Restaurants, die er ausgesucht hat, schicken Lokalen mit neumodischem Dekor, wo er mit seiner Kreditkarte bezahlt. Dann ist er wieder fort, und eure Welt schrumpft auf das Stadthaus zusammen. Er hat ein wenig Geld dagelassen, was ein Glück ist. Eine Explosion in einem Bungalow in der Nähe, in dem früher einmal Verdächtige von einem Geheimdienst festgehalten und befragt worden sein sollen, zertrümmert eure Fenster, und mit diesem Geld lässt du sie ersetzen.
    Die Stadt davor wird zunehmend zu einem mythologischen Ort. Sie dringt in Gestalt von Strom- und Gasausfällen, Verkehrslärm und Feinstaub in der Luft herein, wovon du keuchend in deinem Bett aufwachst. Sie ist um die Vorhänge herum und durch Eisengitter zu erkennen. Auch Fernsehen und Radio bringen Nachrichten von ihr, meistens erschreckende, aber das war ja schon immer so.
    Häufig hast du den Eindruck, mit dem hübschen Mädchen wie vom Rand eines Abgrunds in ein Tal hinabzublicken, in dem es Nacht wird, ein ödes, trockenes, kontaminiertes Tal, in dem vielleicht allerlei knochendürre, mutierende Wesen leben, viele davon Raubtiere, und da du selbst deinen Teil an raubtierhaften Tendenzen hattest, weißt du, dass Raubtiere sich besonders von Alten, Kranken und Schwachen ernähren, Begriffe, die sich mit der Zeit immer fester an dich geheftet und deine einst geschmeidige Haut erodiert haben.
    In anderen Momenten aber, wenn ein fixer junger Techniker gekommen ist, um euren Telefonanschluss zu reparieren, oder wenn du mit einer gescheiten jungen Frau am Ladentisch einer Apotheke sprichst, wirst du von einem anhaltenden Optimismus erfüllt, und dann staunst du über die Stabilität und das Potenzial derjenigen um euch herum, insbesondere der Jugend dieser Stadt, in dieser, der Ära der Städte, durch ihren Flughafen und Glasfaserkabel mit jeder großen Metropole verbunden, die kollektiv, wenn auch noch zart, einen nach Wandel riechenden Archipel bilden, der nicht nur das boomende Asien, sondern den gesamten Planeten umspannt.
    Meistens aber denkst du gar nicht an die Stadt, sondern richtest den Blick eher auf Ereignisse, die in der Nähe passieren, in deinem Wohnzimmer und in der Küche, oder auf die Wirklichkeit verzerrende Phantasmen und Tagträume, die von deinem Gehirn so kraftvoll wie von einer produzierten Technik transportiert werden, wenn auch viel weniger planvoll, oder auf das hübsche Mädchen, mit der du stundenlang zusammensitzt, immer im Wechsel zwischen Bemerkung, Streit und Gelächter. Gemeinsam habt ihr eine Leidenschaft fürs Kartenspiel entdeckt.
    Ihr sitzt gerade nebeneinander, euer Spieltisch ist die Menschenbreite Sofa zwischen euch. Die Karten, die euch gegeben worden sind, werden eng am Körper gehalten, abgewandt. Von ihrer Zigarette hängt ein runzliger Aschefinger. Du hältst ihr den Aschenbecher hin, damit sie ihn abschnippen kann, wobei du aufmerksam linst, ob sie dabei das Handgelenk dreht oder kippt. Diesmal hast du kein Glück.
    »Schummler«, sagt sie.
    »Von dir ist das ein Kompliment.«
    Sie selbst mustert deine Haltung, die Beugung, mit der du den Aschenbecher aufs Sofa senkst. Du bist ein begabter Bluffer, undurchschaubar, mit einem schlechten Blatt genauso ruhig wie mit einem guten. Das ist deine Stärke. Die ihre ist ihre Unvorhersehbarkeit, ihr Instinkt, haushoch zu gewinnen oder auch zu verlieren, das Risiko zu scheuen. Was auch ihre Schwäche ist. Und da ihr beide an einem mäßigen Gedächtnis leidet, macht ihr das, was euch an Erinnerungen abgeht, gemeinsam wett mit langsamer, schwelender Intensität.
    »Ich erhöhe, mein Kleiner«, sagt sie.
    »Soso. Mehr brauchst du mir gar nicht zu sagen.«
    »Kann ich mir denken.« Sie wölbt eine schmale Braue.
    »Wart’s nur ab, meine Hübsche.«
    Du willst sehen. Du hast gewonnen. Eher zufällig.
    Du raffst den Haufen alter Backgammonsteine zusammen, glatt und kühl sind sie, die meisten weiß, aber auch zwei schwarze sind darunter, und schiebst sie zu dir her. Sie steht auf, um sich ein Glas Limonade zu holen.
    »Das tut bestimmt weh«, sagst du.
    Innerlich kocht sie. Aber äußerlich grinst sie. »Es ist noch nicht vorbei.«
    Dann sitzt sie wieder auf dem Sofa, ihr Glas auf der Armlehne, und betrachtet dich prüfend, wie du mischst. Ihr Blick ist konzentriert, wie der eines Mechanikers, der einen Motor zerlegt, ohne jene Trübheit, die sich so jäh auf dich herabsenken kann. Sie beugt sich vor und wartet. Du bemerkst

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