Soforthilfe bei Stress und Burn-out
keine echte Lösung gäbe. Die Hilflosigkeit der Fehlbehandlungen wird genauso wahrgenommen und ist mit eine Ursache dafür, dass das Problem zu lange »übersehen« wird. Bei sich selbst noch mehr als bei anderen.
Wenn dies so bleibt, hilft die Diskussion, die aus all den Gründen geführt wird, nicht wirklich dabei, sich dem Thema zu stellen. Denn wenn die guten Behandlungen nicht nachhaltig wirken, kommt es immer wieder zur gleichen unheilvollen Diskussion: Hat die Person denn wirklich etwas oder bildet sie sich das nur ein? Diese Frage steht unausgesprochen und manchmal auch ausgesprochen im Raum. Und weiter wird die Unterstellung laut, dass die Person die Störung in den Griff bekommen würde, würde sie nur mehr Willen aufbringen.
Gleichwohl hat die aktuelle Diskussion nicht dazu geführt, Burn-out als reinen ideologischen Trick von Faulpelzen zu verteufeln. Wenn ein Begriff wie Burn-out ein in breiteren Bevölkerungsschichten bekanntes Verhalten treffend beschreibt, kommen auch die entsprechenden
Wissenschaftsdisziplinen nicht darum herum, sich mit ihm zu beschäftigen. AuÃerdem hat das öffentliche Bekenntnis bekannter Persönlichkeiten, körperlich und seelisch »ausgebrannt« zu sein, zu einer gewissen gesellschaftlichen Akzeptanz des Erscheinungsbildes beigetragen.
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Burn-out - eine erste Annäherung an einen aktuellen Begriff
Der Begriff »Burn-out« wurde erstmals 1974 vom Psychoanalytiker Herbert Freudenberger im Zusammenhang mit sogenannten »helfenden« Berufen (Ãrzte, Pflegeberufe, Rettungsdienstpersonal, Sozialberufe) verwendet. Das Phänomen selbst beschreibt allerdings einen Vorgang, welcher so alt ist wie die Menschheit selbst: körperliche und geistige Erschöpfung - alles funktioniert nicht mehr so, wie der Mensch es gewohnt ist. Dies geht einher mit einer anhaltenden Leistungs- und Antriebsschwäche, die auch durch vergebliche Versuche, sich zu erholen, nicht behoben wird.
Inzwischen gibt es durchaus einige Angebote, die Burn-out-Betroffenen zur Verfügung stehen. Gerade inflationär haben psychosomatische Kliniken entsprechend ihre Firmenschilder ausgetauscht. Aufgrund der aktuellen Entwicklung wird es immer weniger nötig, sein Leiden vor anderen zu verstecken.
Es wird als allgemeines Hauptcharakteristikum angenommen, dass der Phase des Ausgebranntseins eine Hochleistungsaktivität und ein Verzicht auf Erholungs- und Entspannungsphasen vorausgegangen sein müssen. Burn-out ist dann etwas, wozu man nach einer Höchstleistung ein gewisses Recht zu haben scheint - sozusagen eine legitime
Zwangspause, eventuell sogar mit dem Anspruch auf Kostenübernahme durch eine gesellschaftliche Stelle. Dass man gerade über den letzten Teil dieses Satzes geteilter Meinung sein kann, leuchtet ebenso ein wie der daraus resultierende Diskussionsbedarf. Aber bereits der Ansatz der in dieser Richtung geführten Diskussion zielt in eine Polarisierung und muss deshalb zwangsläufig in die Irre führen. Denn jetzt werden nämlich nicht die neuesten Entwicklungen diskutiert, sondern es stehen sich eher zwei historisch entwickelte Ansichten fast feindlich gegenüber. Die eine Haltung behauptet: Burn-out gibt es gar nicht. Die andere entgegnet: Aber natürlich gibt es Burn-out.
Doch mit solchen geradezu ideologischen Kämpfen ist weder dem einzelnen Betroffenen geholfen, noch können sich die einzelnen Versicherungsträger, Arbeitgeber oder Helfersysteme vor ihrer Verantwortung drücken: Der Schaden eines echten Burn-out und alle damit verbundenen Erscheinungsformen werden nicht dadurch aus der Welt geschafft, dass man ihre Existenz und die damit einhergehenden Wirkungen in Abrede stellt. Der betroffene Mensch, der nicht mehr für sich sorgen kann, leidet an einer Menge von Symptomen. Und wenn es dann zu einer Ursachendiskussion kommt, durch die sich ein Leidender auch noch in seiner Integrität angegriffen fühlt, werden seine Probleme keinen Deut besser, im Gegenteil: Die Situation wird sich verschlimmern und das Leiden verlängert sich.
Diskussionen über Burn-out-Leiden sind auch Diskussionen über Kosten, denn die Frage des Heilungsprozesses dreht sich ja nicht nur um eine möglichst groÃe Hilfe bei der Ãberwindung von Burn-out, sondern auch um Ursachen und damit um den Kostenträger. Bei der Kostendiskussion
wäre es sehr spannend, einmal eine Vollkostenrechnung vorzunehmen.
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