Solange du atmest
rauslassen?â
Ohne ihre Antwort abzuwarten, sprang Bobby in das offene Grab, entfernte die Erde vom Sarg und lieà die Metallriegel, die ihn geschlossen hielten, aufschnappen. Dann hob er den Deckel an und zerrte einen völlig verschwitzten, orientierungslosen und geschwächten Craig aus dem Sarg hervor. Er war nur noch ein Schatten seiner selbst und bekam nichts als ein heiseres Röcheln heraus.
Obwohl Miley inzwischen wusste, was für ein Mensch Craig wirklich war, tat er ihr leid. So wie er sollte niemand behandelt werden, nicht einmal der schlimmste Verbrecher. Und sie hatte ihn schlieÃlich einmal geliebt, oder es zumindest fest geglaubt.
Bobby schob ihn jetzt ziemlich unsanft aus der Grube und sprang dann mit einem gewaltigen Satz wieder heraus. Es sah aus, als sei das für ihn ein Kinderspiel. Dann zog er Craig am Kragen seines durchgeschwitzten Hemds auf die FüÃe und versetzte ihm einen StoÃ. Der Verlobte taumelte auf Miley zu. Die wollte ihm helfen und ihn auffangen. Doch er war zu schwer für sie und stürzte vor ihren FüÃen zu Boden. Dort blieb er liegen. Er schluchzte und murmelte wirres Zeug vor sich hin.
âWas seid ihr bloà für Sadisten!â Zornig sah Miley ihre ehemals beste Freundin an. Wieder spürte sie, wie ihr Tränen in die Augen stiegen. Doch dieses Mal kämpfte sie sie tapfer zurück. Sie wollte nicht weinen â nicht hier und jetzt, nicht vor diesen Unmenschen! âWarum?â, fragte sie. âIch verstehe das alles einfach nicht! Ich dachte, wir wären beste Freundinnen. Wie konntest du mich nur so verraten?â
Juna lachte bitter auf. âIch â dich verraten? Wenn überhaupt, dann habt ihr mich verraten!â
âWir?â Miley verstand nicht, worauf sie hinauswollte.
âJawohl, ihr. Deine Schlampe von einer Mutter und du!â
Entsetzt schnappte Miley nach Luft. Einen Moment herrschte Stille, und Miley spürte, wie Wut in ihr hochkochte. HeiÃe, grenzenlose Wut. âWas fällt dir ein, so von meiner Mutter zu sprechen?â, schrie sie Juna an. Nun konnte sie die Tränen doch nicht länger zurückdrängen. âDu kanntest sie doch überhaupt nicht!â
âGanz genauâ, entgegnete Juna gefährlich ruhig. Nur Miley, die sie sehr gut kannte, spürte, dass sie kurz davor stand, zu explodieren. âAber das war nicht meine Schuld, sondern ihre. Sie hat mich verraten, einfach verraten. Und zwar indem sie sich vor zweiundzwanzig Jahren entschieden hat, mich wegzugeben. Mich, ihre eigene Tochter!â
âIhre â was?â Ungläubig starrte Miley sie an. âWovon sprichst du überhaupt? Was soll der Unsinn?â
âDas ist kein Unsinn, sondern die Wahrheit. Es hat mich Jahre gekostet, das alles herauszufinden. Aber ich hatte genug Zeit, schlieÃlich war ich ja nicht ständig mit irgendwelchen Dingen beschäftigt, die nur reiche Mädchen tun. So ist das eben, wenn man von einer Pflegefamilie zur nächsten weitergereicht wird und schlieÃlich im Heim landet, weil die eigene Mutter sich dafür entschieden hat, nur eine ihrer beiden Zwillingstöchter zu behalten. Aber, hey, weiÃt du was? Ich bin leider zu spät gekommen, um mich bei ihr dafür zu bedanken. Und zwar weil dieser Trottelâ, sie deutete auf Craig, âsie überfahren hat, bevor es mir gelang, ihre Identität herauszufinden.â
Zwillingsschwester? Miley bekam kein Wort mehr über die Lippen. Sie konnte das alles nicht fassen. Das durfte einfach nicht wahr sein. Juna sollte ihre Schwester sein? Aber wenn dem so wäre, dann hätte ihre Mutter das doch nicht verheimlichen brauchen. Wieso sollte sie eines ihrer Kinder weggeben? Und überhaupt â Juna und sie sahen sich doch gar nicht ähnlich!
Aber stimmte das wirklich? Hatten nicht schon oft genug Leute gesagt, dass sie Schwestern sein könnten? Miley musste zugeben, dass eine gewisse Ãhnlichkeit durchaus vorhanden war. Da brauchte sie nur an die berüchtigten Angelina-Jolie-Lippen denken, die ihnen beiden immer wieder Spott eingebracht hatten. Und die gleiche Augenfarbe hatten sie ebenfalls. Wenn man sich bei Juna dann noch die bunt gefärbten Haare und die starke Schminke wegdachte â¦
Keuchend stieà Miley den Atem aus, als ihr mit einem Schlag bewusst wurde, dass Juna die Wahrheit sagte.
O Mom, warum hast du nie mit mir darüber gesprochen? Warum �
âAha.
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