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Solange du schläfst

Solange du schläfst

Titel: Solange du schläfst Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Antje Szillat
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konnte mich nicht daran erinnern, die Hauptstraße überquert zu haben, aber als ich mich umschaute, lag das Krankenhaus ein gutes Stück von mir entfernt.
    Fröstelnd schlang ich die Arme um meinen Oberkörper.
    Und dann war plötzlich wieder Jérômes Stimme in meinem Kopf.
    Anna, kannst du mich hören? Anna, du musst mir helfen!
    Stille. Nur sein Atem. Panisch. Überall in mir. Ein und aus und ein und aus …
    Anna!
    Jérôme war in Gefahr. Er hatte Angst. Todesangst! Sie griff auf mich über, ließ erneut das Adrenalin durch meinen Körper fließen, sodass mein Herz gegen meine Brust hämmerte und mir der Schweiß aus den Poren trat.
    Und da traf mich die Erkenntnis wie ein Schlag. Endlich ergaben die Puzzleteilchen, aus denen Jérômes Erinnerung bestand, ein vollständiges Bild. Jérôme war niedergeschlagen worden, damit er nichts von dem erzählen konnte, was er gesehen hatte.
    Aber er war nicht tot, er lebte. Und mir fiel ein, dass Sabine erst gestern freudestrahlend herumerzählt hatte, dass es Jérôme besser ging, er vielleicht sogar wieder aus dem Koma erwachen würde.
    »Er ist zu ihm gegangen, um ihn zu töten«, keuchte ich.
    Ein mechanischer Ton ließ mich zusammenzucken. Dann wurde mir klar, dass es nur mein Handy war. Mit zittrigen Fingern zerrte ich es aus der Tasche.
    »Hallo, Anna?«, hörte ich Sabines Stimme.
    »Sabine, schnell!«, schrie ich ins Handy. »Udo, er ist auf dem Weg zu Jérôme. Er will ihn töten. Hörst du? Er will ihn töten! Ich habe ihn gesehen. Er ist im Krankenhaus, er ist bei ihm!«
    »Anna, was redest du denn da?«, fragte Sabine irritiert. Aber ich hatte keine Zeit für lange Erklärungen. Ich rannte los.
    »Ruf die Polizei an!«, rief ich. »Sie müssen zu Jérôme ins Krankenhaus! Er ist in Gefahr!«
    »Anna, nun beruhige dich doch. Wo bist du? Ich komme zu dir. Ich bin schon auf dem Weg nach Bremen.«
    »Nein, wir treffen uns im Krankenhaus. Ich muss sofort zu Jérôme!« Damit beendete ich das Gespräch. Ohne mich um den Verkehr zu kümmern, rannte ich über die Hauptstraße. Hinter mir hörte ich Reifen quietschen und Autos hupen, aber ich verlangsamte mein Tempo nicht.
    Noch um eine Straßenecke, dann hatte ich den Krankenhausparkplatz erreicht. Eine Frau kreuzte meinen Weg. Ich konnte ihr nicht mehr ausweichen und rempelte sie im Vorbeilaufenan. Ich hörte sie aufschreien und hoffte, dass sie nicht gestürzt war.
    Keuchend überquerte ich den Vorplatz, riss die Tür auf und stürzte in die Eingangshalle hinein. Ich hetzte an den Menschen vorbei, die mich verwundert anstarrten. Meine Lungen brannten, und ich hatte das Gefühl, dass mir das Herz jeden Augenblick aus der Brust springen würde.
    Hektisch schaute ich mich um. Ich wollte keine Zeit an den Fahrstühlen verlieren und steuerte direkt auf das Treppenhaus zu. Und obwohl meine Beine unter mir nachzugeben drohten, nahm ich die drei Etagen zu Jérômes Station im Sprint. Mit letzter Kraft bog ich in den Gang ein, auf dem sich Jérômes Zimmer befand. Schnaufend und mit schmerzhaftem Seitenstechen lief ich weiter.
    Bitte, bitte, lass mich nicht zu spät kommen!, dachte ich immer wieder.
    Dann endlich hatte ich seine Zimmertür erreicht und riss sie auf.
    Udo stand da, den Oberkörper weit über Jérôme gebeugt, und presste ein Kissen auf sein Gesicht.
    Mit wenigen Schritten war ich bei ihm und versuchte, seinen Griff zu lösen. Sein Kopf fuhr herum. Das Gesicht war vor Anspannung verzerrt. Nur langsam begriff er, dass er nicht mehr allein im Raum war.
    Im nächsten Moment ließ er von Jérôme ab und warf sich auf mich.
    Ich komme zu spät. Jérôme ist tot! Er ist tot!, war das Einzige, was ich denken konnte.

32.
    Die Klinge an meinem Hals fühlte sich schwer und kühl an.
    »Ein Mucks und ich steche zu«, knurrte Udo.
    Ich spürte, wie mir der Mund trocken wurde.
    »Bitte nicht«, flehte ich ihn an.
    »Sei still!«, zischte er.
    Mit der freien Hand zerrte er mich vom Bett weg, schob mich quer durch den Raum und schloss rasch die Tür. Ich wollte schreien, aber ich bekam keinen Laut über die Lippen. Meine Kehle war wie zugeschnürt.
    Jérômes Onkel drückte mich auf den Stuhl nieder. Die Klinge ritzte ganz leicht in meinen Hals.
    »Du bist so eine selten blöde Kuh«, stieß er hervor. »Genauso dämlich wie Jérôme. Konntet ihr euch nicht einfach raushalten? Glaubst du, mir macht das Ganze hier Spaß? Denkst du, ich bin ein kaltblütiger Mörder? Ich will das doch alles überhaupt nicht!«
    Meine Gedanken

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