Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens

Titel: Sommer unseres Lebens - Wiggs, S: Sommer unseres Lebens Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Wiggs
Vom Netzwerk:
besten Werke erschaffen, als er schon fast blind war. Wenn das in Sprenkeln durch das Laub der Bäume fallende Licht die Linien und Kanten weichzeichnete, wirkte die Landschaft wie ein prachtvoller Traum.
    George war kein Maler, nur ein Beobachter. Er saß in einem mit Kissen gepolsterten Liegestuhl, der mit seiner Größe einem Thron ähnelte. Der Stuhl war auf den Rasen nahe des Hauptgebäudes gestellt worden, wo die Arbeiter gerade dabei waren, alles für die große Familienfeier vorzubereiten.
    Das erste Bellamy-Familientreffen.
    Für George würde es auch das letzte sein. Er hoffte, dass es gut verlaufen würde. Er wünschte – oh Gott, er wünschte es sich so sehr – sein Sohn Pierce könne bei ihm sein. Das wünschte er sich jeden Tag.
    Jane hatte die Planung der Feier übernommen, und ihre beiden Enkeltöchter Olivia und Dare halfen ihr dabei. Aus der Ferne und in dem dunstigen Sonnenlicht konnte man Jane für ein schlankes Mädchen halten. Sie trug ein Sommerkleid und einen breitkrempigen Strohhut mit einem gelben Band.
    Ach, Jane, dachte er. Jane.
    Als wenn seine Gedanken sie herbeigerufen hätten, kam sie zu ihm. Das Licht umgab sie immer noch wie ein Heiligenschein. „Olivia hat eine Sitzordnung aufgestellt“, sagte sie. „Möchtest du mal einen Blick darauf werfen?“
    George lächelte und schüttelte den Kopf. „Ich bin sicher, es ist alles perfekt. Sag mir noch mal, welche von ihnen ist Olivia?“
    „Die Tochter unseres ältesten Sohnes Philip.“
    George überlegte, ob er da nicht eine kleine Anspannung in ihrer Stimme wahrgenommen hatte. Er wusste es nicht. Philip und seine Frau Laura waren verreist gewesen, sodass George sie bisher noch nicht kennengelernt hatte. „Und sie ist ein Einzelkind?“
    „Sie hat eine Halbschwester, Jenny. Beide Mädchen haben mir Urenkel geschenkt, und ich könnte nicht glücklicher sein. Kannst du dir das vorstellen, George? Ich bin Urgroßmutter!“
    Für ihn wäre sie immer jung und frisch und wunderschön, so wie das letzte Mal, als er sie in seinen Armen gehalten hatte. Er schwieg. Er hatte brennende Kopfschmerzen, die er jedoch ignorierte.
    „Philip war immer ein stiller, ernster Mann“, fuhr sie fort, obwohl George gar nichts gefragt hatte. „Laura ist seine zweite Frau. Die erste Ehe war … Er ist nicht seinem Herzen gefolgt und hat Pamela Lightsey geheiratet, Sams und Gwens Tochter.“
    George schmunzelte. „Ich erinnere mich an Samuel Lightsey – aus Yale.“
    „Pamela ist großartig, und um Olivias willen haben sie hart daran gearbeitet, ihre Ehe aufrechtzuerhalten. Doch es hat nicht funktioniert. Sein Herz war stets woanders. Aber das ist schon sehr lange her.“
    „Jane …“ George sah sie aufmerksam an. „Da gibt es etwas, das mich schon lange beschäftigt.“ Er wusste nicht genau, wie er die Frage formulieren sollte. Er nahm ein kleines Objekt aus seiner Tasche. „Ich habe etwas, das dir gehört.“ Er reichte ihr den Ohrring.
    „An den erinnere ich mich gar nicht.“
    „Du hast ihn 1956 in meinem Zimmer verloren.“
    Einen Augenblick stand sie ganz still. Dann setzte sie sich in den Stuhl neben ihm. „Ich kann nicht glauben, dass du ihn all die Jahre aufbewahrt hast. Ich bin sicher, dass ich sein Pendant schon vor Jahrzehnten weggeworfen habe. Ich dachte, es wäre ein aussichtsloser Fall.“
    „Ich verstehe.“
    Sie drehte sich zu ihm und beugte sich leicht vor. „Wirklich, George? Denn ich glaube nicht, dass du es verstehst.“
    „Das musst du mir erklären.“ Er versuchte gar nicht, seine Irritation zu verbergen.
    „Ich suche keine Entschuldigungen, aber die Jahre nach Stuarts Tod waren für mich unglaublich schwer. Meine Mutter hat sich in sich selbst zurückgezogen. Sie war für niemanden von uns da, und das war fürchterlich. Mein Vater hat sein Bestes gegeben, mich aufzuziehen, aber verständlicherweise gab es Lücken. Große Lücken. Ich war ein eitles und sorgloses Mädchen, das von Unsicherheit geplagt wurde. In jener Nacht …“, sie zeigte auf den Ohrring, „… war ich etwas angetrunken, wenn ich mich recht erinnere. Nach einem Streit unter Liebenden war ich in Panik geraten, und deine Aufmerksamkeit hat mir geschmeichelt.“
    „Es war mehr als Aufmerksamkeit, und das weißt du“, erwiderte er. „Ich habe dich geliebt, Jane, und der einzige Grund, warum ich dich Charles überlassen habe …“
    „Lass uns das ein für alle Mal klarstellen“, unterbrach sie ihn. „Du hast mich niemandem überlassen, George.

Weitere Kostenlose Bücher