Sommerkuesse
Endlich frei – ich danke dir, Gott, du Allmächtiger! Endlich bin ich frei!«, brüllt die eine und wirft die Arme in die Luft. Es ist Katrina. Und neben ihr erkenne ich zu meinem Entzücken Isaac.
»Hey, Battle – guck mal«, flüstere ich. Sie sitzt diesmal auf einem etwas höher gelegenen Ast als ich. Ich zeige auf Isaac und Katrina. Battle grinst.
»Das heißt, dass du ab jetzt quasi frei hast?«, fragt Isaac.
Die beiden setzen sich auf eine der Bänke. Zum Glück in unserer Hörweite. Wenn sie jetzt hochgucken würden, könnten sie uns sehen. Aber sie tun es nicht.
»Ganz genau«, antwortet Katrina. »Bis zum Ende des Kurses muss ich nur noch ein paar läppische Miniprojekte für den Kröterich erledigen!« Sie spricht schneller und lauter als sonst.
»Sie ist nervös«, raunt Battle mir zu.
»Und wie«, flüstere ich zurück.
»Hey, weißt du was?«, ruft Katrina. Sie klingt wirklich total aufgekratzt. »Schon eine Woche! Seit einer ganzen Woche bin ich clean. Kein Nikotin ist seitdem durch meine Blutbahnen geflossen, kein Teer hat meine Lungen verklebt. Ich hab mal gehört, dass man noch eine Weile nach Rauch stinkt, wenn man nicht mehr raucht. Rieche ich nach Rauch?«
Sie beugt ihren Kopf zu Isaac vor, der mit feierlicher Miene an ihrem Scheitel schnuppert. »Schwer zu beurteilen«, sagt er ernst.
Katrina legt den Kopf schräg und sieht ihn an.
»Dann sag mir doch, ob ich noch nach Rauch schmecke.« Und dann schlingt sie ihm die Arme um den Hals und küsst ihn.
Battle und ich jodeln wie Siebtklässler im Kino, wenn die Heldin ihr T-Shirt auszieht.
»Yippiee!«
Die beiden fahren auseinander und starren erschrocken nach oben.
»Hätte ich doch bloß eine Kamera mit – ihr habt so süß ausgesehen!«, rufe ich nach unten.
Isaac starrt Katrina vorwurfsvoll an. »War das etwa abgemacht?«, fragt er wütend.
Katrina schüttelt energisch den Kopf. »Ich hatte echt keine Ahnung, dass die da oben lauern – ihr Hexen! Ihr habt uns voll erwischt.«
Isaac steht auf und verrenkt sich den Hals nach uns. Er droht mit dem Zeigefinger. »Ihr beide seid so was von tot. Ihr wisst noch gar nicht, wie tot ihr seid. Traut euch nur runter – dann könnt ihr eure Einzelteile nach und nach von der Wiese aufsammeln.« Er versucht, total machomäßig zu klingen, aber beim letzten Satz prustet er schon los vor Lachen.
»Ach, komm, Isaac. Du hast doch bestimmt was Besseres zu tun, als darauf zu warten, dass wir runterkommen!« Ich freue mich so. Wenn ich hier oben tanzen könnte, würde ich es tun.
Isaac tut so, als würde er kurz nachdenken. »Stimmt das denn? Hab ich was Besseres zu tun, Katrina?«
Und Katrina packt ihn am Arm und zieht ihn davon.
16. August, 19:00 Uhr, Mensa
»Superveranstaltung!«, sagt Isaac höhnisch, als er am Samstag zum Abendessen kommt, und wedelt mit dem Flyer, der Anfang der Woche bei allen Kursteilnehmern unter der Zimmertür durchgeschoben wurde. Auf pinkfarbenem Papier wird in niedlicher Handschrift für den heutigen »Discoabend« geworben, mit dem das Ende des Kurses gefeiert werden soll. »Als ob wir auf unseren normalen Schulen nicht schon genug von dem Dreck geboten kriegen würden.«
»Ach komm, Schnuckiputz, willst du nicht eng umschlungen mit mir tanzen?«, fragt Katrina mit klebriger Stimme und klimpert mit den Wimpern.
»Ich hab eine Idee!«, ruft Isaac plötzlich. »Nic und Battle, ihr zwei könntet doch auf der Tanzfläche total wild rummachen. Mal sehen, ob sie euch das verbieten wollen. Wenn ja, könntet ihr sie wegen Diskriminierung vor Gericht bringen und einen Haufen Geld rausschlagen.«
»Nicht gerade das, was ich mir unter einem lustigen Samstagabend vorstelle«, sagt Battle.
Ich nicke. Am liebsten würde ich Isaac gegen das Schienbein kicken. Er weiß doch genau, dass die Sache zwischen uns noch ungeklärt ist. Und wahrscheinlich kann sich jemand, der aus San Francisco kommt, gar nicht vorstellen, was für erzkonservative Idioten wie Ben und Alex es hier gibt. Ich habe niemandem davon erzählt, wie blöde sie mich angemacht haben.
»Kommt schon, Leute. Ich finde, wir sollten hingehen. Das
ist doch die Gelegenheit, sich mal so richtig aufzudonnern!«, sagt Katrina.
»Als bräuchtest du dazu eine Gelegenheit«, sagt Isaac.
Natürlich schlägt uns Katrina letzten Endes doch noch breit. Wenn es total schlimm wird, können wir ja immer noch gehen, sagt sie. Außerdem möchte sie uns alle schminken – sogar Isaac. Als Maskenbildnerin will sie sich die
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