Songkran
ja, das schaffen Sie schon. Und ich helfe Ihnen. Kommen Sie her. Und bitte machen Sie das Badezimmerlicht aus.“
„Und das Licht im Schlafzimmer?“
„Anlassen! Ich glaube, sonst erregen wir Verdacht. Sehen Sie? Sie müssen auf das Nachbardach springen und auf der anderen Seite wieder runter.“
„Und Sie?“
„Mir passiert schon nichts. Ihren Rucksack haben Sie. Dann kann es ja losgehen“, antwortete er und überspielte die Angst, dass das Mädchen umkommen könnte. An seine eigene Haut dachte er nicht.
Schwach drang die Deckenbeleuchtug des Schlafzimmers ins Bad hinein und erhellte das Klofenster. Wehleidig beklagten sich die Flügel, als Gun sie bis zum Anschlag auseinander zog.
Der chinesische Killer stoppte, drehte sich auf dem Absatz und zog in fließender Bewegung seine Smith & Wesson aus dem Schulterhalfter unter dem Sakko. Eiskalt schraubte er den Schalldämpfer auf die blanke Mündung. Sein Killerblick galt nicht Mex und der entsicherten Ruger, sondern dem Hotelfenster im zweiten Stock.
Gun stand auf der Klobrille und sein Oberkörber hing im Freien, während sich Toon gleich einer Turnerin an der Dachrinne emporzog. Ihr rechtes Bein hatte sie bereits auf das Flachdach gehievt.
Der Hagere stieß Mex beiseite, der vor Angst gelähmt den Durchgang blockierte. Mex stürzte auf den Stapel von Getränkekisten, der polternd zusammenkrachte.
Mit dem Rücken zur Wand stellte sich der Chinese in Schussposition. Beidhändig zielte er auf die bewegten Körper, die aus dem Fenster ragten. In der Dunkelheit nahm er nur Umrisse war. Die Mündung des Schalldämpfers wanderte zwischen den beiden zappeligen Gestalten hin und her - von Gun zu Toon und von Toon wieder zu Gun, dessen Hände einen Steigbügel formten und Toons linkes Bein nach oben drückten.
Der Schuss löste sich und die Kugel schlug seitlich in Guns Brustkorb ein. Das Projektil fand das Herz. Der Inspektor nahm den nachlassenden Druck in seiner Handinnenfläche nicht wahr, als Toon sich auf das Flachdach hochziehen konnte. Dann gehorchte sein Körper der Schwerkraft und stürzte in die Dunkelheit.
Berauscht vom Töten rannte der Hagere die wenigen Schritte zu Gun. Im Dunst von gebratenem Schweinefleisch und gekochtem Kohlgemüse beugte er seinen Kopf über den Leichnam, um sicher zu gehen, dass seine Arbeit zum Ziel geführt hatte. Die Tragweite dieser Tat und die Nähe zum Henker waren ihm nicht bewusst.
Wo ist das Mädchen? schoss es ihm durch den Kopf. Erneut richtete er die Smith & Wesson in die Höhe. Seine Sinne waren für den nächsten tödlichen Schuss geschärft. War das Mädchen bereits auf die andere Seite gesprungen?
„Das Mädchen?“ schrie er und sah mit aufgerissenen Augen zu Mex, der zwischen den Getränkekisten auf dem Boden kauerte.
Mex bekam keinen Ton heraus. Sein toter Chef lag wenige Meter von ihm entfernt im Dreck. Seine Arme und Beine reagierten nicht.
Toon presste ihren Körper auf das Dach, auf dem Kies und Staub die Oberfläche bedeckten. Aufgehängte Wäsche an einer Leine begrenzte ihre Sicht zum Haus links von ihr. Eine leichte Brise blies durch ihr kurzes Haar und die trockenen Kleidungsstücke flatterten. Das gegenüberliegende Dach war ca. zwei Meter entfernt. Beim Hochklettern hatte sie den schallgedämpften Schuss wahrgenommen. War Gun getroffen? Oder war der Inspektor unverletzt im Hotelzimmer zurückgeblieben? Sie zog ihr Handy aus der Hosentasche und tippte Guns Nummer. Deutlich war der Klingelton hörbar. Vielleicht war das Handy aus seiner Hemdtasche gefallen. Nein, Gun trug eine Handytasche am Gürtel. Sie kroch zur Dachkante und schaute nach unten. Die Dunkelheit war zu stark, um etwas Klares am Boden erkennen zu können. Dann hörte sie die hohe, Angst einflößende Stimme des Hageren und erschauderte.
„Du musst aufs Dach! Das Mädchen ist abgehauen!“, schrie der Chinese ins Telefon.
Der Motorradfahrer befand sich im Flur der ersten Etage. Umgehend rannte er mit gezogener Waffe ans Ende des Ganges, wo eine Holzleiter nach oben führte. Der Ausstieg aufs Dach klemmte. Mit beiden Armen drückte er gegen das Klappfenster.
Toon hörte das Rütteln am Einstieg, der zwei Meter hinter ihr lag. Der kurze Sprung zum Nachbardach war nicht riskant. Aber in dieser Situation ließ die Aufregung ihren Körper erstarren. Die Zeit drängte. Sie kämpfte gegen ihre Angst an, erhob sich, überprüfte die Halteriemen ihres Rucksacks, trat einen Schritt zurück und rannte die vier Schritte zur
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