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Sophia oder Krieg auf See

Sophia oder Krieg auf See

Titel: Sophia oder Krieg auf See Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jan Braband
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Corin sah einen schwarzen verwaschenen Punkt vor sich, den seine Augen nicht zu fokussieren vermochten, dann, einen Wimpernschlag später, hörte er den Knall des Abschusses, nachdem er den Bolzen schon auf sich zujagen sah. Corin duckte sich. Er hörte ein hohes Summen, das rechts an ihm vorbeizog und bereits einen tieferen Klang annahm, wabernd, wie eine viel zu schnell landende Ente, die wie wahnwitzig mit ihren Flügeln flatterte. Das Geschoss war vorbeigeflogen und hinter Corin in die See gestürzt.
    An Bord des Roten Raben brummte Claas seinen hundertsechsunddreißigsten Fluch an diesem Tage hervor, ein Fluch, der in blumig-derben Details und auf anschauliche Weise eine komplexe Interaktion des hoheitlichen Gesäßes von König Richard von England mit zwei sich paarenden Igeln schilderte. Die Boote des Flaggschiffs nahmen gottlob alle Kurs auf die am Strand stehende Königin, aber was würde passieren, wenn man die Königin in Sicherheit gebracht hatte? Wie würden die auf See kreuzenden Konvoischiffe reagieren? »Hoch mit den Ankern und ran an die Segel«, zischte Claas und die Piraten machten sich sofort an die Arbeit.
    Corin ruderte so wild, dass nicht nur seine Hände brannten wie im Feuer. Auch seine Füße, mit denen er sich gegen den Bootsspiegel stemmte, pochten vor Schmerz. Sture lag auf dem Boden, in der Bilge 122 , und hatte das Bewusstsein verloren. Ob es der geringen Aussicht auf Erfolg geschuldet war, Corin wusste es nicht, auf jeden Fall erfolgte kein zweiter Angriff der Unionssoldaten mehr. Noch nicht.
    »Eure Hoheit«, keuchte der erste Soldat, der seinen Fuß an den Strand setzte, »seid ihr wohlauf? Soll die Flotte das Piratenschiff aufbringen?«. Margarete sah hinüber zum Roten Raben, der soeben das Beiboot mit Sture und seinem jungen Begleiter abfing, bereits die Segel gesetzt hatte, sich in den Wind legte und ganz langsam Fahrt aufnahm.
    Sie könnte ihren Schiffen die Jagd befehlen. Aber sie hatte nicht nur Zweifel, dass das große Schiff mit dem roten Auge am Bug zu fassen war, sie hatte bei Vereinbarung dieses Treffens auch Stures Unversehrtheit garantiert. Ob ein Stahlbolzen in der Brust noch als unversehrt durchging, darüber wollte die Königin lieber gar nicht weiter nachdenken. Aber Margarete Valdemarsdatter, Königin von Dänemark, Norwegen, Schweden und was sonst noch, brach nicht vorsätzlich ihr Wort. Sie würde einen anderen Weg finden, ihr Ziel zu erreichen.
    Mit einem Krachen fiel die brennende Fischerhütte in sich zusammen.

    119 Nach hinten, z um Schiffsheck
    120 Eben die Kronen Dänemarks, Norwegens und Schwedens
    121 Fortplanzungsorgane männlicher Krabben
    122 Die unterste Linie des Bootsraumes

46 Epilog
    Der Spätherbst kam und mit ihm zeigte sich der Norden endlich von seiner rauen Seite. Die See wurde wilder, die Gischt wurde kälter, der Wind wurde rücksichtsloser.
    Ein abenteuerliches Jahr neigte sich dem Ende. Aber das Abenteuer war noch nicht vorbei. Im Gegenteil. Ganz im Gegenteil.
    Eintausenddreihundertsechsundneunzig Mal hatte sich die Erde um die Sonne gedreht. Eintausenddreihundertsechsundneunzig Mal seit dem Augenblick, in dem auf der irdischen Oberfläche ein Mann erschien war, der sich zunächst nichts sehnlicher wünschte, als das man ihm einfach nur zuhören würde.
    Allerdings hatte der Mann diesen Wunsch schon sehr bald korrigiert. Als er nämlich feststellen musste, dass man ihm zwar durchaus zuhörte, aber nicht im Entferntesten Neigung zeigte, den Worten entsprechende Taten folgen zu lassen. Stattdessen folgten ganz andere und ganz schreckliche Taten, die, um es richtig kompliziert zu machen, trotzdem mit eben den Worten des Mannes gerechtfertigt und begründet wurden.
    Schließlich hatte der Mann entnervt aufgegeben, ließ sich relativ schlechtlaunig an ein reichlich ungemütliches Holzkreuz nageln und nahm sich vor, bei seinem nächsten Besuch ein bisschen besser vorbereitet zu sein. Oder künftig ganz auf jegliche Hausbesuche zu verzichten.
    Wie auch immer, das Jahr 1396 neigte sich dem Ende und die Erde verspürte plötzlich eine kolossale Unlust, sich auch nur noch ein einziges weiteres Mal um die Sonne herum zu drehen. Die Sonne kannte das bereits und nannte den Zustand abgeklärt Planetendepression , eine himmlische Schwermut, die man leicht beheben konnte, in dem man einfach die Zusicherung erneuerte, dass man schon in wenigen Milliarden Jahren alles Leben auf der Oberfläche des betroffenen Himmelskörpers mit dem eigenen, stellaren

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