Sophie im Land der Zauberponys
sie. „Wir tauchen alle zusammen in den Silbersee hinab. Sophie reitet auf Seidenweiß. Perlauge, Funkelschweif, Glitzerschwarz und Einhorn stützen ihn. Und Morgenrot und ich bilden auf den Silbergrauen das Schlusslicht. Notfalls bringt er das Mädchen zur Erde zurück.“
Um Morgenrots Mundwinkel zuckte es. „Und wie halten wir es mit der Prinzessin?“, fragte er ein wenig harsch.
„Es ist besser, wenn sie nichts von unserem Vorhaben erfährt“, meinte Faja. „Sie würde es ohnehin verbieten. “
Morgenrot spitzte die Lippen.
„Einverstanden“, sagte er.
Er schwang sich auf den Rücken eines der beiden silbergrauen Ponys, und noch ehe Sophie einen Atemzug tun konnte, fand sie sich abermals zwischen Seidenweißens Flügeln wieder. Perlauge war an ihrer rechten Seite, Glitzerschwarz an ihrer linken und die anderen vier Ponys standen etwas versetzt dahinter.
„Wir fliegen in Form einer Pfeilspitze“, erklärte Seidenweiß Sophie. „Halt dich fest. Es geht sofort los.“ Es hob seine Flügel und schlug sie kräftig auf und nieder. Plötzlich schossen Blitze aus ihren Spitzen hervor und schlugen zwischen den Augen der anderen Ponys ein.
Gemeinsam hoben sie vom Boden ab.
Schon bald befanden sich das Schloss
und der Wald tief unter ihnen.
Beklommen stellte Sophie fest, dass die Oberfläche des Silbersees kaum noch schimmerte und die Seerosenblätter braun und welk aussahen.
„Wir müssen uns beeilen“, flüsterte sie.
„Ich weiß“, sagte Seidenweiß. „Wir werden es schaffen. “
Sophie schlang die Arme um seinen Hals und schmiegte sich in sein weiches Fell. Sie schloss die Augen und versuchte sich auf das zu konzentrieren, was ihr bevorstand. Wie würde es sein, wenn sie auf dem Rücken des Zauberponys in das dunkle Wasser des Silbersees abtauchte? Würde sie dort unten etwas sehen, ja, würde sie darin überhaupt atmen können?
„Achtung!“, raunte Seidenweiß.
„Es geht bergab.“
Das Pony senkte den Kopf
und stieß steil hinunter.
Sophie klammerte sich noch fester
an seinen Hals.
Einen Wimpernschlag später durchbrachen sie die Oberfläche des Sees. Von einer Sekunde auf die andere wurde es stockfinster um Sophie herum. Doch das weiche Fell des Zauberponys, das sie zwischen ihren Fingern spürte, machte ihr Mut.
„Halt den Atem an“, murmelte Seidenweiß. „Ich versorge dich mit meiner Energie.“
Aber du hast doch selber kaum noch Kraft, erwiderte Sophie in Gedanken. Sie warf einen Blick über die Schulter, doch in dem nahezu schwarzen Wasser konnte sie die anderen Ponys, Morgenrot und Faja nicht sehen. Seidenweiß kämpfte sich tapfer weiter nach unten und immer tiefer in die Dunkelheit hinein. Seine Flügelschläge wurden schwächer, und je kälter das Wasser wurde, desto schwerer fiel es Sophie, den Atem anzuhalten.
„Schau nach unten“, flüsterte Seidenweiß.
„Du hast die besten Augen von uns allen.“
Woher willst du das wissen?,
entgegnete Sophie in Gedanken.
„Du konntest durch die Glaskugeln sehen“,
sagte Seidenweiß.
Aber ich bin doch nur ein Mensch, dachte Sophie. Warum sollte ich besser sehen können als ihr? Ihr seid so zart und so fein und voller Zauberkraft.
„Was nützt uns das, wenn wir die Schatten in der Dunkelheit nicht erkennen?“, erwiderte Seidenweiß.
„Wir leben von der Reinheit und vom Licht und wir sehen auch nur das, was rein und hell ist.“
Mit einem Mal verstand Sophie.
Sie fasste neuen Mut
und riss die Augen so weit wie möglich auf.
Und plötzlich lösten sich Schatten aus der Dunkelheit, die noch schwärzer waren als schwarz. Sophie erkannte die Stengel der Seerosen, die aus dem Grund empor wuchsen und von einer Schlingpflanze umwuchert wurden.
Ich glaube, hier unten wächst etwas, das den Seerosen die Kraft raubt!, rief Sophie dem Zauberpony in Gedanken zu.
„Das ist nicht möglich“, hörte sie Fajas Stimme hinter sich. „Im Silbersee wachsen seit Urzeiten nur Seerosen. Bitte schau genau hin“, mahnte sie eindringlich. „Du musst dich irren.“
Aber Sophie irrte sich nicht.
Etwas Unheimliches wuchs im Silbersee.
Und es wurde größer und immer größer.
Der Hüter des Sees
Sophie konnte geradezu dabei zuschauen, wie die Schlingpflanzen wuchsen und nach und nach die Seerosenstengel umwucherten. Es passierte in einer nahezu unglaublichen Geschwindigkeit.
Beeil dich!, dachte sie verzweifelt zu Seidenweiß hin. Wir müssen noch tiefer in die Dunkelheit hinein.
„Aber ich sehe nichts“, erwiderte das
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