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Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802

Titel: Spaziergang nach Syrakus im Jahre 1802 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Johann Gottfried Seume
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Winkelmanns Grab nicht finden. Niemand wußte etwas davon.
    Das Haus eines Griechen – wenn ich mich nicht irre, ist sein Name Garciatti – ist das beste in der Stadt und wirklich prächtig, ganz neu und in einem guten Stile gebaut. Eine ganz eigene, recht traurige Klage der Triester ist über den Frieden. Mit christlicher Humanität bekümmern sie sich um die übrige Welt und ihre Drangsale kein Jota und wünschen nur, daß ihnen der Himmel noch zehn Jahre einen so gedeihlichen Krieg bescheren möchte, dann sollte ihr Triest eine Stadt werden, die mit den besten in Reihe und Glied treten könnte. Dabei haben die guten kaufmännischen Seelen gar nichts Arges; schlagt euch tot, nur bezahlt vorher unsere Sardellen und türkischen Tücher! Das neue Schauspielhaus ist das beste, das ich bis jetzt auf meinem Wege gesehen habe. Gestern gab man auf demselben
Teodoro Re di Corsica
, welches ein Lieblingsstück der Triester zu sein scheint. Die Dekoration, vorzüglich die Partie Rialto in Venedig, war sehr brav. Es wäre aber auch unverzeihlich, wenn die reichen Nachbarn, die es noch dazu auf Unkosten der Herren von Sankt Markus sind, so etwas nicht ausgezeichnet haben wollten. Man sang recht gut und durchaus besser als in Wien. Vorzüglich zeichneten sich durch Gesang und Spiel aus die Tochter des Wirts und der Kammerherr des Theodor. Die Logen sind alle schon durch Aktien von den Kaufleuten genommen, und ein Fremder muß sich auf ihre Höflichkeit verlassen, welches nicht immer angenehm sein mag. Die Herren haben die Logen gekauft, bezahlen aber noch jederzeit den Eingang; eine eigene Art des Geldstolzes! Der Patriotismus könnte wohl eine etwas humanere Art finden, die Kunst zu unterstützen. Der Fremde, der doch wohl zuweilen Ursache haben kann, im Publikum isoliert zu sein, ist sehr wenig dabei berücksichtigt worden. Hier hörte ich zuerst den betäubenden Lärm in den italienischen Theatern. Man bedient sich des Schauspiels zu Rendesvous, zu Konversationen, zur Börse und wer weiß wozu sonst noch. Nur die Lieblingsarien werden still angehört; übrigens kann ein Andächtiger Thaliens nicht viel Genuß haben; und die Schauspieler rächen oft durch ihre Nachlässigkeit die Vernachlässigung. Etwas eigenes war mir im Hause, daß das Parterre überall entsetzlich nach Stockfisch roch, ich mochte mich hinwenden, wo ich wollte.

Venedig

    Die Leute meinten hier wieder, ich sei nicht gescheit, als sie hörten, ich wollte zu Fuße von Triest über die Berge nach Venedig gehen, und sagten, da würde ich nun wohl ein bißchen totgeschlagen werden; aber ich ließ mich nicht irre machen und wandelte wieder den Berg herauf; zwar nicht den nämlichen großen Fahrweg, kam aber doch, nach ungefähr zweistündigem Herumkreuzen am Ufer und durch die Weinberge, wieder auf die Heerstraße. Ich besuchte die Höhlen von Korneale nicht, weil die ganze Gegend verdammt verdächtig aussah und ich mich in der Wildnis doch nicht so ganz allein und wildfremd den Leuten in die Hände geben wollte. Die Berge, welche von Natur sehr rauh und etwas öde sind, waren sonst deswegen so unsicher, weil sie, wie die Genuesischen, der Zufluchtsort allen Gesindels der benachbarten Staaten waren. Da ganz Venedig aber jetzt in österreichischen Händen ist, wird es nun der wachsamen Polizei leichter, Ordnung und Sicherheit zu erhalten. Man spürt in dieser Rücksicht schon den Vorteil der Veränderungen. An dem Zwickel der Berge kommt hier ein schöner Fluß aus der Erde hervor, der vermutlich auch Höhlen bildet. Hier sind, nach aller Lokalität, gewiß Virgils Felsen des Timavus; und ich sah stolz umher, daß ich nun ausgemacht den klassischen Boden betrat. Der Einschnitt zwischen den Bergen, oder das Tal zwischen Santa Eroce und Montefalcone, macht noch jetzt der Beschreibung der Alten Ehre. Unten rechts am Meere stand vermutlich der Heroentempel im Haine, und links etwas weiter herauf am Ausflusse des Timavus war der Hafen. Ich schlug mich hier rechts von der geraden Straße nach Venedig ab über die Berge hinüber nach Görz, welches sechs ziemlich starke Meilen von Triest liegt. Wenn man einmal über die Berge hinüber ist, welche freilich etwas kahl sind, hat man die schönsten Weintäler. Der Wein wird schon nach italienischer Weise behandelt, hängt an Ulmen oder Weiden und macht, wo die Gegend etwas nachhilft, schöne Gruppierungen.
    Von Görz nach Gradisca sind die Berge links ziemlich sanft, und man hat die großen Höhen in beträchtlicher

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