Spiegel der Offenbarung
lange entschieden.« Delios hob die Hand und drückte den Arm des Generals, der auf seiner Schulter ruhte. »Du bist mein General, auf Ehre und Tod.«
»Und manchmal Leben«, sagte Leonidas leise. »Ja, manchmal auch Leben.« Seine Hand löste sich, und er wandte sich ab.
Delios ballte die Hand zur Faust, erbittert wollte er alles hinausschreien, endlich einmal, was ihn so sehr quälte. Doch stattdessen drehte er sich um und verließ hängenden Kopfes seinen General.
Ich muss stark sein und hoffen. Eines Tages ... eines Tages.
Dies ist mein Reich. Ihr werdet mich preisen und ehren. Erwartet mich in Morgenröte.
Obwohl sie längst verklungen war, hallte die Stimme des Schattenlords lauter als zuvor in Lauras Kopf wider. Ein Zittern befiel sie, sie rieb sich den linken Oberarm. Dankbar spürte sie Milts Arm um ihre Schultern. Seine Wärme, seine Nähe. Er drückte sie kurz an sich, dann ließ er sie wieder los, das musste als Trost genügen. Für die Zurschaustellung ihrer Verbundenheit war jetzt nicht der richtige Zeitpunkt. Und noch weniger der richtige Ort.
»Geht an die Arbeit, beeilt euch!«, befahl Josce den umstehenden Iolair, die nach kurzem Zögern gehorchten. »Jetzt haben wir es eiliger denn je.«
Bricius nickte. »Ja, lasst uns fertig werden für den Aufbruch.« Er sah Laura an. »Besteht Gefahr durch den Schattenlord?«
Sie schüttelte langsam den Kopf. »Er ist jetzt nicht hier, ich kann ihn nirgends spüren. Ich bin nicht sicher, ob er es überhaupt selbst war und nicht jemanden für sich hat handeln lassen.«
»Und wer gab sich dann als Maurice aus?« Finn stellte die Frage, die sie am meisten beschäftigte.
Die Lippen des Laubelfen pressten sich aufeinander. »Ein Elf, weil er in der Lage ist, eine andere Gestalt vorzutäuschen.« Er richtete seine blattgrünen Augen auf den Nordiren. Die feinen silbernen Maserungen auf seiner samtbraunen Haut wirkten grau und matt. »Das willst du damit andeuten. Ist es nicht so?«
»Tut mir leid«, murmelte Finn.
»Es ist nicht von der Hand zu weisen«, stellte Cedric fest. »Wir stehen immer noch am selben Punkt wie seit Anbeginn. Er könnte jeder von uns sein. Selbst wenn es nur für einen kurzen Moment ist.«
Bricius sah zu Boden. Dann straffte er die Schultern. »Ihr braucht uns jetzt hier nicht, sehe ich das richtig?«
Laura nickte. »Das müssen ... wir unter uns klären.«
»Ja. Seht zu, dass ihr es herausfindet, bevor alles auseinanderbricht. Alles, was wir jetzt noch haben, ist unser gegenseitiges Vertrauen.« Bricius schwang sich auf den Rücken der Zentaurin und griff in ihre Rückenmähne, um sich festzuhalten.
»Was ... machen wir ... mit ...« Lauras Stimme klang brüchig. »Maurice ...«
»Ich erledige das«, sagte Deochar mit gewohnt tiefer, ruhiger Stimme. »Seht zu, dass ihr auf den Titanendactylen kommt. Wir wollen den Schattenlord nicht warten lassen.«
Er winkte ein paar Männern und machte sich auf den Weg zu der kleinen Lichtung, wo Maurices Leiche lag.
Bricius und Josce waren ebenfalls unterwegs, dafür näherten sich die Ewigen Todfeinde, Naburo und Hanin.
Laura war glücklich, Yevgenji und Spyridon wieder vereint zu sehen. »Geht es euch gut?«
Sie nickten. Beide sahen ein wenig ramponiert aus; sie hatten sich Verletzungen zugefügt, allerdings befanden sich diese bereits im Heilungsprozess. Der aufmunterndste Anblick aber waren der General aus Bóya und die granatäugige Assassinin. Sie hatten mit der Gewalt eines Sturms gekämpft und dafür gesorgt, dass Laura und Nidi aus der Schlacht entkommen konnten, um nach Alberich zu suchen. Laura war sicher, nie ein schöneres Paar gesehen zu haben. Jeder hatte durch den anderen zur Vollkommenheit gefunden.
Doch, ich habe ein Paar gesehen, das mindestens genauso schön ist. Zoe und Prinz Laycham.
Die beiden befanden sich in Vedas Lager, und Laura freute sich darauf, sie endlich wiederzusehen. Die meiste Zeit auf dieser langen Reise waren die Freundinnen voneinander getrennt gewesen.
»Was zieht ihr für Gesichter?«, erkundigte sich Spyridon.
Simon warf einen Vorschlag ein. »Lasst uns in einen Versammlungsraum gehen. Wir haben einiges zu bereden, bevor wir aufbrechen.«
Laura, Milt und Finn, die drei verbliebenen Sucher, die Ewigen Todfeinde und das Kriegerpaar fanden im Inneren der Höhlen einen Raum, den sie inmitten der Geschäftigkeit ungestört nutzen konnten.
Da Laura sich dazu nicht in der Lage fühlte, setzte Finn mit wenigen Worten die Kriegerelfen über das
Weitere Kostenlose Bücher