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Spiegel der Offenbarung

Spiegel der Offenbarung

Titel: Spiegel der Offenbarung Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Susan Schwartz
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gutes Stück weit entfernt, aber auch die Siedlung hatte sich in eine Blutstätte verwandelt.
    Maurice fuhr herum, als ein Ast in seiner Nähe knackte.
    »Laura?«
    Keine Antwort. Vielleicht ein Tier, das noch nicht geflohen war oder zaghaft zurückkehrte.
    Maurice spähte zwischen dem Blättergrün hindurch, wo er eine Bewegung ausgemacht zu haben glaubte. »Laura ...«, wisperte er, doch mit der Wiederholung ihres Namens konnte er sich nicht mehr belügen.
    Das war nicht Laura, so bewegte sie sich nicht, und sie würde ihn nicht erschrecken wollen durch ihr Anschleichen. Sie wusste ja, dass er sie hier erwartete. Sie wäre längst herausgekommen.
    Angst kroch in dem Elfen hoch. Er erwog, zu fliehen, ganz schnell in die Siedlung zu laufen, wo am meisten los war. Seine Füße wollten sich in Bewegung setzen, verharrten aber wie im Eis festgefroren.
    »Du ...«, hauchte er.
    Eine Gestalt trat auf die kleine Lichtung. Lächelte. Aber dieses Lächeln war nicht warm, sondern eiskalt und überheblich, wenn nicht triumphierend.
    »Ich weiß, wer du bist«, flüsterte Maurice. »Du brauchst dich nicht mehr zu tarnen. Ich habe dich erkannt ...«
    Das Aussehen der Gestalt wechselte, um Maurices Vermutung zu bestätigen, bevor sie dunkler wurde. »Das war schließlich deine Aufgabe, nicht wahr? Und du bist mir nützlich gewesen. Jetzt aber bedarf ich deiner Dienste nicht länger. Du hast deine Schuldigkeit getan, du kannst gehen.«
    Maurice schluckte trocken. »Sie werden es erfahren. Laura wird es wissen.«
    »Wird sie nicht«, erwiderte die Gestalt. »Ich habe dafür gesorgt.«
    Maurice gelang es, einen Schritt zurückzuweichen. Die Flucht war ihm unmöglich, aber gänzlich gebannt war er nicht. »Aber da ist noch etwas«, stammelte er. »Dein Auftraggeber ...«
    »Willst du ihn etwa verraten an mich?« Das Lächeln öffnete sich zu einem finsteren, bodenlosen Abgrund.
    Maurice konnte den Blick in diese Augen nicht ertragen. Sein Herz raste so wild, dass er heftige Schmerzen in seinem Brustkorb verspürte, die bis in den rechten Arm ausstrahlten. Ein Herzanfall, das wäre es jetzt , dachte er panisch.
    »Nein ... aber ... ich weiß vielleicht einen Weg, wie du ihn finden kannst ...«
    »Hast du ihn denn gefunden?«
    Maurice schüttelte den Kopf. »Ich habe immer über den Weg nachgegrübelt, ihn auszumachen ...«
    »Und was möchtest du erhalten, wenn ich mich darauf einlasse?«
    Maurice schloss die Augen und erkannte, wie irrsinnig dieser Dialog war. Was tat er da? »Nichts«, murmelte er dann. »Ich möchte nichts, und das ist das, was du bekommst.«
    »Wankelmut eines Elfen. Ich könnte dich zwingen.« Die Gestalt kam langsam näher. Floss heran wie der Schatten einer Wolke.
    »Laura ... wird es herausfinden ...«, keuchte Maurice.
    »Du wiederholst dich.« Die Gestalt blieb nun direkt vor ihm stehen und betrachtete ihn eindringlich. »Ich denke, ich habe genug Genuss gehabt. Bringen wir es zu Ende. Sieh mich an! Ich schenke dir die Wahl. Bete mich an oder stirb.«
    »Ich werde es allen sagen.« Maurices Stimme sank zu einem Wimmern herab. Tränen rannen über seine Wangen. »Laut hinausschreien ...«
    Die Dunkelheit hüllte ihn ein. Neigte sich zu ihm herab. »Schrei ruhig.« raunte die schaurige Stimme dicht an seinem Ohr. »Tu es ...«
    Sanft legten sich die Hände der Gestalt um Maurices Hals. Der Elf zitterte am ganzen Leib; die Nähe des Schattenlords war kaum zu ertragen, sie fraß sich wie ein eiskaltes Feuer in ihn hinein, in seine Eingeweide, bis in die Knochen. Vergiftete ihn. Stülpte ihn um. Es war das pure, personifizierte Grauen.
    Maurice konnte nicht mehr schreien, er konnte sich nicht mehr bewegen. Selbst seine Tränen versiegten. Im Gegensatz zu vorher schlug sein Herz jetzt immer langsamer. Das Blut in seinen Adern verdickte sich und wurde träge. Ihm wurde kalt.
    Es tut mir leid, Laura , dachte Maurice. Um euch alle tut es mir so leid, aber er ist zu groß, einfach viel zu groß ...
    »Sehr gut«, wisperte der Schattenlord, fast zärtlich wie ein Liebender. »Ja, das ist wundervoll. Nähre mich mit deiner Furcht, deinem Gram. Erfülle mich. Und zuletzt ...«
    Die Hände drückten kurz, aber kraftvoll zu. Erneut ein trockenes Knacken wie von einem Ast, und Maurices Körper fiel.

1.
    Was damals geschah
     
    Effar war ein wolfsköpfiger General der Gog/Magog. Er suchte den König auf, der in voller Rüstung, die Hand auf dem Schwertgriff ruhend, bewegungslos am Rand des Lagers stand und in die Weite

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