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Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme

Titel: Spritzenmäßig: Kurioses, Krasses und Komisches aus der Notaufnahme Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Tarneke
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es unter den Rettungssanitätern sogar eine Art Code, der in besonders heiklen Fällen und in Anwesenheit von Angehörigen angewandt wurde. »Herzinfarkt im Lidl Hornstraße« hieß es zum Beispiel, wenn jemand im Pascha, Europas größtem Puff direkt gegenüber besagtem Discounter, einen Herzinfarkt erlitten hatte. Das war allemal besser, als einer alten Dame zu erklären, dass ihr 78-jähriger Göttergatte zwischen den gigantischen Silikonbrüsten einer osteuropäischen 20-Jährigen sein Leben ausgehaucht hatte.
    Doch im Fall von Boris R. war jede Notlüge fehl am Platz. Der Mann spielte mit seinem Leben, wenn er uns nicht so schnell wie möglich sagte, was dieses Massaker zwischen seinen Pobacken ausgelöst hatte.
    Geschlagene zwanzig Minuten beharrte er auf seiner Version.
    Â»Wir werden Ihnen einen künstlichen Darmausgang legen müssen«, sagte unser Chirurg Dr. Claas H. zu ihm. »Um die Infektionsgefahr so gering wie möglich zu halten, ist es absolut wichtig für uns zu wissen, wie das hier passiert ist!«
    Â»Ich sag doch, ich bin ausgerutscht …«
    Dr. H. warf mir einen Blick zu und verdrehte die Augen. Die Zeit drängte, der Mann drohte aufgrund des hohen Blutverlustes zu kollabieren, was ich ihm auch mehrfach deutlich sagte.
    Â»Es ist lebensnotwendig, dass Sie uns sagen, wodurch diese Verletzung entstanden ist«, versuchte ich wieder, so nüchtern wie möglich, von mir zu geben. »Wir müssen wissen, ob der Gegenstand zum Beispiel aus Holz war, sich also eventuell noch Holzsplitter in der Wunde befinden oder ähnliche Fremdstoffe. Wenn wir nicht wissen, wie und womit das passiert ist, können Sie sich eine lebensgefährliche Infektion zuziehen. Wenn Sie überleben wollen, und wenn Sie vor allen Dingen einigermaßen gesund weiterleben wollen, dann müssen Sie mir jetzt die Wahrheit sagen.«
    Boris R. zögerte einige endlose Minuten, bis er sich schließlich mit flehender Stimme an mich wandte.
    Â»Meine Frau darf davon nichts erfahren …«
    Angesichts seiner gravierenden Verletzungen war ich erstaunt, dass er keine anderen Sorgen hatte.
    Â»Das muss sie auch nicht.«
    Â»Sie hat gesagt, wenn ich so etwas noch mal mache, dann verlässt sie mich …«
    Ich fragte mich, wie man eine Sache mit derart blutigem Ausgang mehr als einmal machen und vor allem mehr als einmal überleben konnte. Aber ich nickte nur verständnisvoll:
    Â»Ihre Frau wird es nicht erfahren.«
    Â»Versprochen?«
    Â»Versprochen.«
    Ich warf Dr. H. einen auffordernden Blick zu.
    Â»Natürlich! Ärztliche Schweigepflicht! Ich sage niemandem was!«, sagte Dr. H. und fügte noch ein »Versprochen« hinzu.
    Und dann kam die Geschichte mit der Flex.
    Boris R. war ein passionierter Heimwerker. Seine handwerkliche Begabung war eher durchschnittlich, aber er hatte Spaß an der Arbeit. Und besonders an den Arbeitsgeräten.
    Als Nächstes war der Partykeller an der Reihe. Die Decke brauchte eine neue Holzvertäfelung, und natürlich wollte Boris R. alles selbst machen. Auch eine Theke wollte er bauen, mit Metall verkleidet, alles ganz edel und schick, für die zahlreichen Abende, an denen hier Doppelkopf gespielt werden sollte.
    Im Baumarkt deckte er sich mit den nötigen Materialien und Werkzeugen ein, beziehungsweise mit den Dingen, von denen er glaubte, dass er sie brauchen würde.
    Wozu auch immer.
    Eine kleine Flex-Maschine, ein sogenannter Geradschleifer, hatte es ihm besonders angetan. Vielleicht hatte er sich noch im Baumarkt vorgestellt, wie er damit die kleinsten Winkel seiner neu gestalteten Theke bearbeiten würde, vielleicht hatte er aber auch dort bereits daran gedacht, wie es wäre, sich das Teil rektal einzuführen.
    Â»Aber warum???«, war das Einzige, was mir in diesem Moment dazu einfiel, und Boris R. erklärte mir, dass er sich vorgestellt hatte, wie die rotierenden Schleifblätter seinen Anus stimulierten. Er hatte geglaubt, das könne ein schönes Gefühl sein und hatte die Kraft des 420-Watt-Geräts dabei eindeutig unterschätzt. Denn dummerweise drang der Schleifer innerhalb von Sekunden so tief ins Körperinnere, dass er nicht nur den kompletten Schließmuskel zerstörte, sondern auch acht Zentimeter des Enddarms für immer und ewig vernichtete, bevor Boris R. unter Schock den Stecker ziehen konnte.
    Â»Meine Frau darf davon nichts erfahren

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