Spuk im Netz
sich langsam zersetzendem Papier. Er sog ihn genüsslich ein. Es gab nur eins, das ihn daran hindern konnte, sich sofort auf die Suche nach einem Buch zu begeben: die Aussicht auf einen neuen Fall.
Es waren nur drei Besucher da – zwei Jungen aus Peters Spanischkurs vor dem Regal mit den Actionfilmen und ein junger Mann, der in der wissenschaftlichen Ecke stand und in einem Buch blätterte.
Becky Mallory, Miss Bennetts Büchereihelferin, erwartete die drei Detektive schon. Sie hatte ihre langen, rotblonden Haare zu einem Pferdeschwanz gebunden und durch eine Schirmmütze gezogen, trug ein buntes Top, weiße Shorts und weiße Turnschuhe und sah mit ihrer hübschen Figur, der Stupsnase, den Sommersprossen und den blauen Augen aus wie eine der unzähligen kalifornischen Schönheiten, die täglich den Strand von Rocky Beach und Santa Monica bevölkerten.
Beckys Kollegin Karen Fraser saß am Computer und tippte. Sie arbeitete erst seit ihrer Scheidung vor drei Wochen in der Bücherei und wirkte wie eine verbitterte Hausfrau Mitte Dreißig, obwohl sie kaum älter war als Becky. Sie warf den drei ??? nur einen bösen Blick zu, als trügen sie die Schuld an der Störung ihres geregelten Arbeitsablaufes, und tippte verbissen weiter.
»Hallo, Becky«, sagte Bob. »Hallo, Karen.«
Karen ignorierte ihn.
»Hallo, ihr drei.« Becky lächelte angestrengt. »Nett, dass ihr gleich gekommen seid. Wir wissen einfach nicht, was wir tun sollen, und wir machen uns Sorgen –«
»Vielleicht erzählst du erst einmal, was eigentlich los ist«, sagte Justus.
»Oh – also – ja, gut.« Becky holte tief Luft. »Also, Karen und ich kamen heute Morgen um neun zum Dienst. Miss Bennett war nicht da, und das war komisch – sonst ist sie immer schon früher da als wir. Karen kochte den Kaffee, ich schloss die Türen auf, und dann kamen schon die ersten Kunden und eine neue Lieferung. Ach ja, Justus – das Buch über Peilsender, das du bestellt hast, war noch nicht dabei.«
Justus winkte ab. »Ist nicht so wichtig. Wie ging es weiter?«
»Um halb zehn fingen wir an, es komisch zu finden, und um elf rief ich bei ihr zu Hause an. Aber sie ging nicht ans Telefon.« Becky schluckte. »Da machten wir uns sofort Sorgen. Ich fuhr zu ihrem Haus und klingelte, aber niemand öffnete. Ihr Wagen war nicht da, und als ich eine Nachbarin fragte, sagte sie, Francine hätte die halbe Nacht –«
»Wer ist Francine?«, warf Peter ein.
»Ihre Siamkatze«, sagte Bob. »Das solltest du schon noch wissen, nachdem sie dir bei unserem letzten Besuch vier blutige Furchen ins Bein geharkt hat.«
Peter grinste gequält. »Autsch, stimmt. Ich hatte es verdrängt. Was ist also mit ihr?«
»Die Nachbarin sagt, Francine hätte die halbe Nacht herumgejault, so dass kein Mensch schlafen konnte. Irgendwann war sie still – da hatte sie sich bei der Nachbarin eingeschlichen, eine halbe Packung Trockenfutter gefressen, den Rest in der Küche verteilt und sich in der frischen Wäsche zum Schlafen zusammengerollt.«
»Lass jetzt die Katze«, sagte Justus ungeduldig. »Habt ihr die Polizei angerufen?«
Becky wurde rot. »Nein, noch nicht. Wir wollten uns nicht lächerlich machen ... vielleicht ist ja auch alles in Ordnung. Aber ihr seid doch Detektive, und wir dachten – also, ich dachte, dass ihr vielleicht eine gute Idee haben könntet.«
»Wenn Miss Bennett wirklich verschwunden ist, ist das ein Fall für die Polizei«, sagte Justus bestimmt. »Wann habt ihr sie zum letzten Mal gesehen?«
»Gestern Abend um sieben«, antwortete Becky. »Wir räumten alles auf, und dann schickte sie uns nach Hause, weil sie noch etwas im Internet recherchieren wollte. Das hat sie in den letzten Wochen dauernd getan.«
Die drei Detektive horchten auf. »Aha«, sagte Bob. »Und was genau hat sie recherchiert?«
Becky hob nur die Schultern und ließ sie wieder fallen. »Das hat sie uns nicht gesagt. Werdet ihr den Fall übernehmen?«
»Wie bitte?«, sagte Peter. »Welchen Fall? Wenn Miss Bennett wirklich etwas zugestoßen ist, müsst ihr die Polizei rufen, nicht irgendwelche Nachwuchsdetektive! Das ist ein bisschen zu ernst für uns!«
»Die Polizei wird erst nach 24 Stunden aktiv«, sagte Justus. »Aber vielleicht hat Miss Bennett ja einen Hinweis oder eine Nachricht im Computer hinterlassen. Haben Sie da schon nachgesehen, Mrs Fraser?«
Karen blickte auf und schnappte: »Nein, natürlich nicht! Ich kenne ja ihr Passwort nicht!«
Das war ein schwerer strategischer Fehler.
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