Spuk in Pompeji
Stadtverwaltung empfängt Plinius heute und zeigt ihm damit, wie sehr sie sich durch dessen Anwesenheit geehrt fühlt. Und wen hat man soeben beauftragt, das Brot für die Bewirtung des hohen Gastes zu backen? Mich!«
Marcus Mesonus lächelte stolz.
»Kann uns dieser Forscher vielleicht auch sagen, wann die ewigen Götter mit ihren Strafen gegenüber Pompeji aufhören?«, wollte Apollonia wissen.
Ihr Ehemann zuckte die Achseln. »Keine Ahnung, liebe Frau. Es täte uns allen gut, wenn er es wüsste.«
Aemilia und ihr Bruder hatten aufmerksam zugehört. Dieser Plinius schien ja wirklich ein bedeutender Mann zu sein.
»Und ihr beiden wollt mir noch etwas berichten, nicht wahr?«, sagte unerwartet ihr Vater zu ihnen.
»Was denn?«, fragte Aemilius stirnrunzelnd.
»Bevor ich meinen Teig knete und ausrolle, möchte ich endlich erfahren, was die nächtliche Aktion gebracht hat. Habt ihr den Silberdieb auf frischer Tat ertappt?« Der Blick des Bäckers blieb an seinem geliebten Salinum hängen.
Bevor Aemilia antworten konnte, sagte Aemilius ruhig: »Wir haben beobachten können, wie er aus einem Haus kam. Daraufhin verfolgten wir ihn. Der Mann, nicht sehr groß, hatte sich als Totengeist verkleidet. Später sahen wir, dass er in Richtung Nuceria floh.«
»Ha! Hätte ich mir denken können«, antwortete sein Vater prompt und schlug mit der Faust auf die Tischplatte. »Wenn uns hier einer bestiehlt, dann kann er nur aus Nuceria kommen! Für mich ist das so klar wie der alles durchdringende Blick Jupiters!«
Er grummelte noch ein wenig vor sich hin. Dann verschwand er in seiner Backstube.
Aemilia musterte ihren Bruder anerkennend. Sie beide wussten nur zu gut, warum ihr Vater so heftig reagiert hatte. Die Ereignisse mit Nuceria lagen lange zurück. Trotzdem kannte jedes Kind in Pompeji die Geschichte: Vor zwanzig Jahren waren die Gladiatoren von Nuceria gegen die von Pompeji angetreten. Im Amphitheater hatten sich die Kämpfer aus Nuceria dann so schlecht benommen, dass es zu blutigen Auseinandersetzungen gekommen war. Am Ende hatten sogar einige Besucher aus Nuceria ihr Leben lassen müssen. Seitdem war zwar ein wenig Gras über die Sache gewesen, aber es war allgemein bekannt, dass viele Menschen aus Nuceria den Menschen von Pompeji immer noch gerne heimzahlen wollten, was damals geschehen war. Das fürchteten jedenfalls nicht wenige Bürger in Pompeji. UndMarcus Mesonus, dessen Vater damals bei der heftigen Schlägerei schwer verletzt worden war, war einer von ihnen.
»Jupiter sei Dank, dass du Bracus nicht verraten hast«, lobte Aemilia ihren Bruder wenig später, als sie im Begriff waren, das Haus zu verlassen.
»Und wie gut, dass mir Vaters schlechte Meinung über die Leute von Nuceria wieder eingefallen ist. Er hat es geschluckt.«
»Lass uns mit Marcellus und Carilla zu unserem Versteck gehen und schauen, wie es Bracus geht«, schlug Aemilia vor. Heimlich steckte sie sich ein paar Brötchen ein und etwas Käse. Dann rannten sie aus dem Haus in Richtung Via Stabiana. Die Kinder des Mosaiklegers erwarteten sie bereits und kurz darauf waren die Freunde unterwegs zu Bracus.
Aemilia hatte den heimatlosen Jungen und seinen Affen in ihrem Geheimversteck in der alten Villa untergebracht!
»Ich kann mir gut vorstellen, dass die beiden sauberen Kerle längst über alle Berge sind!«, sagte Marcellus, als sie um die Ecke der Straße bogen, in der die Villa lag. Er machte ein böses Gesicht.
»Ich nicht!«, entgegnete Aemilia trotzig und ihre Augen blitzten auf. »Er hat nun ein besseres Versteck als jemals vorher, die unbewohnte Villa. Die wird er so schnell nicht gegen ein Leben auf der Straße eintauschen. Dessen bin ich mir sicher.«
»Unser schönes Versteck!«, mischte sich nun Aemilius ein. »So richtig einverstanden bin ich immer noch nicht damit, dass du es an ihn verraten hast.«
»Wohin hätte er denn sonst gehen können? Etwa zu euch oder zu uns nach Hause?«, verteidigte Carilla ihre beste Freundin.
»Beim Hades! Bloß nicht!«, rief Aemilius erschrocken. »Unser hitzköpfiger Vater würde uns alle davonjagen, wenn er erführe, dass wir ihm einen Silberdieb ins Haus bringen.«
Seine Freunde stimmten ihm zu. Aemilia eilte bereits einige Schritte vor den anderen die Straße entlang.
»Die kann es wohl kaum erwarten, ihren neuen Freund wiederzusehen«, meinte Marcellus bitter.
War ihr Bruder etwa eifersüchtig? Carilla konnte sich ein freches Grinsen nicht verkneifen. Aber dann folgten sie dem
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