Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Spurlos

Spurlos

Titel: Spurlos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuela Martini
Vom Netzwerk:
blütenweiße Visitenkarte und steckte sie in die Brusttasche seines Hemdes. Louise schien etwas hinter seinem Rücken zu beobachten. Er drehte sich um. Aus dem Gerichtssaal kamen der Staatsanwalt und hinter ihm die Anwältin in ihren schwarzen Roben.
    „Sieht nach Pause aus.“ Louise zog die Augenbrauen hoch. „Ich muss leider los. Eine ziemlich große Betrugssache in der Wasserwirtschaft. Mit eingeflogenen Sachverständigen und allem. Teure Angelegenheit, Saal sechs.“ Sie holte zu einem Knuff aus, überlegte es sich dann aber anders und sagte nur: „Alles Gute! Und es war schön, dich mal wieder zu treffen!“
    Sie ging los, reckte ihren Hals, winkte, worauf sich jemand am anderen Ende der weitläufigen Halle von den Sesseln erhob. Der Mann wollte ihr die Tür öffnen, aber Louise war schneller, und er konnte ihr nur noch folgen und die Tür hinter sich zufallen lassen. Shane glaubte den Mann schon mal irgendwo gesehen zu haben, doch er kam nicht darauf, wo und wann.
    Alex Winger steuerte auf Shane zu. Sie trug lange schwarze Hosen unter ihrer Robe, und der Ausdruck auf ihrem Gesicht mit der glatten, faltenlosen Haut war genauso hart wie im Gerichtssaal. Dabei war sie keine unattraktive Erscheinung, ganz und gar nicht. Das dunkle Haar und die blauen Augen, der wohlgeformte Mund, die leicht geschwungenen Augenbrauen, der ovale Gesichtsschnitt – all das hätte sie durchaus auch anziehend wirken lassen können, doch sie schien alles daran zu setzen, diesen Eindruck nicht zu erwecken – warum auch immer. Vielleicht, dachte er, glaubte sie, an Autorität zu verlieren, wenn sie diese Härte aufgäbe.
    „Es läuft ja prima für Sie“, sagte er.
    The Shark blieb vor ihm stehen. Ihr Mundwinkel zuckte kurz, doch das war schon alles.
    „Leute wie Sie, Detektive, bringen die Polizei in Verruf. Sie sind selbstherrlich, selbstgerecht und rücksichtslos, nur weil sie ein Schießeisen und eine Marke haben.“ Ihre blauen Augen blitzten angriffslustig, ihre leicht rosafarbenen Lippen waren gespannt.
    „Wäre es Ihnen lieber, Leute wie Ihr Mandant liefen frei herum?“, rief er ihr nach.

5
    Gleich links vom Qantas-Gebäude begann der Park, in dem einige Ruinen - die Reste des historischen Darwin - standen und sich in Richtung Arafura-Sea der moderne kastenförmige Bau, des Supreme Court erhob. Die hohen, schlanken Säulen, die die Vorderfront bestimmten, verliehen ihm das Nötige ehrwürdig Konservative.
    Alison war etwas klar geworden: Sie musste dieser Frau ins Auge sehen. Sie musste wissen, wer sie war. Christine hatte gesagt, sie arbeite im Gericht. Das Parliament House lag nur wenige Straßen vom Writer’s Center entfernt.
    „Ich muss vor der Mittagspause noch was erledigen, Meg!“, sagte sie und nahm ihre Handtasche.
    „Bringst du mir ein Sandwich mit?“
    „Was für eins?“
    „Was du kriegen kannst. Ich bin heute nicht wählerisch!“
    Alison nahm den Wagen, fuhr zurück auf die McMinn Street und parkte in der Bennett Street. Auf dem Weg durch den kleinen Park überlegte sie, ob sie Christine anrufen solle. Sie brauchte Unterstützung, eine Aufmunterung, jemanden, der ihr sagte, dass es richtig war, was sie nun tun würde. Sie hätte auch Meg fragen können, aber vielleicht hatte sie es nicht getan, weil sie ahnte, dass Meg ihr davon abgeraten hätte. „Sprich zuerst mit Matthew“, hätte Meg gesagt, und das klang auch vernünftig. Aber sie wollte nicht vernünftig sein. Sie war wütend. Mit Matthew würde sie später reden, heute Abend.
    Entschlossen blieb sie im kühlen Schatten unter den Bäumen stehen und wählte Christines Nummer.
    „Hast du einen Moment Zeit?“
    Die Antwort kam zögernd, um nicht zu sagen, widerwillig. „Was ist los?“ Im Hintergrund hörte Alison Föngeräusche. Sie verdrängte den Gedanken, dass sie in einem unpassenden Augenblick angerufen haben könnte. Jetzt hatte ihre sonst geübte Rücksichtnahme keinen Platz.
    „Weißt du, wo ich gerade bin? Vor dem Supreme Court. Ich will sie sehen.“
    „ Alison“, kam es im leicht genervtem Tonfall. „Die Tussi ist mehr als zehn Jahre jünger, also frisch und knackig. Da kannst du noch so oft in die Gym rennen, den Kampf hast du doch schon verloren. Warum haust du Matthew nicht einfach die Wahrheit um die Ohren? Sag’ ihm, was du weißt und stell’ ihn vor die Wahl: Du oder die Scheidung!“
    „Und wenn er si ch für sie entscheidet?“ Sie hatte gar nicht so laut werden wollen.
    Christine lachte auf. Es war ein kurzes,

Weitere Kostenlose Bücher