Stahlfront 1: Die Macht aus dem Eis
nicht zu spät ist. Aber ich werde jetzt gehen und möchte von Ihnen nicht mehr belästigt werden, Hausen !«
Der Kripomann sah aus wie ein Häuflein Elend. »Ääh... wollen Sie keine Anzeige gegen die Bande erstatten, Herr Kollege ?«
»Ich bin nicht Ihr Kollege, Hausen! Und wozu eine Anzeige?
Es ist doch nicht wirklich etwas passiert. Mir jedenfalls nicht.«
*
»Die Mühe kann ich mir sparen! So etwas druckt keine Zeitung in Deutschland !« Manfred Behrens stellte seine Bierflasche auf den Tisch und ließ sich in den Sessel zurücksinken.
Manfred hatte schon vor Magnus' Wohnung gewartet, als der von einem Streifenwagen an seiner Adresse in Kreuzberg abgesetzt worden war. Er war wirklich ein guter Freund, denn er hatte auf dem Weg hierher noch ein chinesisches Schnellrestaurant aufgesucht und jede Menge Gerichte gekauft, von denen er wußte, daß Magnus sie mochte.
Die beiden Männer kannten sich seit ihrer gemeinsamen Zeit auf dem Gymnasium in Düsseldorf. Manfred war rund vier Monate jünger als Magnus. Mit seinen 1,72 Meter Körper»größe« war er eher ein wenig zu kurz geraten. Trotz seines leichten Übergewichts wirkte er auf Frauen sehr attraktiv, was nicht nur an seinem dicken dunkelblonden Haarschopf lag, der in einer
Bürstenfrisur sein Haupt zierte; Manfred war ein sehr männlicher Typ mit einem ausgeprägt-eleganten Schnauzbart. Magnus spottete manchmal, daß er kaum geradeaus nach vorn sehen konnte, wenn er das Hemd offen trug, weil seine dichte Brustbehaarung dann daraus hervorquoll - und Manfred trug eben wegen dieser dichten Behaarung seine Hemden fast immer offen.
Er war charmant, witzig, stets elegant gekleidet, eben ein echter Frauentyp - und stockschwul. Mit 16 hatte er sich in Magnus verliebt, allerdings ohne auf Verständnis oder gar Gegenliebe zu stoßen.
Eine Zeitlang hatte die Freundschaft der beiden unter Manfreds Homosexualität gelitten, doch beide waren rasch älter und reifer geworden. Inzwischen verband sie eine tiefempfundene Sympathie füreinander - nicht mehr, aber auch nicht weniger.
Manfred hatte einen wesentlich älteren Freund, mit dem er Tisch und Bett teilte, aber die Beziehung schien in letzter Zeit nicht gerade glücklich zu verlaufen. Magnus hatte nicht nachgefragt. Wenn Manfred darüber reden wollte, würde er es von sich aus tun. Wenn nicht, hatte er das zu respektieren.
Mittlerweile war es weit nach Mitternacht. Magnus Wittmann hatte dem Freund die Ereignisse des vergangenen Abends haarklein geschildert. Manfred arbeitete als freiberuflicher Journalist für eine ganze Reihe von Zeitungen und Magazinen. Vor allem seine Szene-Reportagen verkauften sich recht gut.
Doch von Magnus' Geschichte wollte er die Finger lassen: »Das ist mir einfach zu heiß! Und wie gesagt... es wird sowieso niemand drucken. Ich ruiniere mir höchstens meinen guten Namen .«
»Aber wieso? Die Sache ist exakt so passiert, wie ich sie dir erzählt habe. Du kannst alles nachrecherchieren, wenn du mir nicht glaubst .«
»Oh, ich glaube dir, und ich bin überzeugt davon, daß du nichts verändert oder ausgeschmückt hast. Aber seien wir doch ehrlich: So eine Geschichte ist einfach kontraproduktiv. Sie bestätigt doch nur die dumpfen Vorurteile des Ewiggestrigen. So etwas bringt kein verantwortlicher Redakteur !«
»Das kann nicht dein Ernst sein. !«
»Na ja, >Nationalzeitung< oder Junge Freiheit< würden die Sache vielleicht schon drucken, aber für solche Schmuddelblätter arbeite ich nicht, nicht einmal unter Pseudonym. Wenn das herauskäme, wäre ich beruflich tot. Aus, vorbei, am Ende.«
»Ich glaube es einfach nicht. Manfred, du kennst mich, ich bin kein Ausländerfeind oder gar Rassist. Aber die fünf Typen, die mich heute überfallen wollten. das waren Rassisten reinsten Wassers. Der Anführer der Bande hat mich ausgesucht, gerade weil ich Deutscher war !«
»Und? Wozu wäre ein Bericht über diese Geschichte denn gut - außer zur Bestätigung unappetitlicher Vorurteile ?«
»Der einzige, der hier unter Vorurteilen zu leiden hatte, war ich !«
»Du bist eben viel zu schnuckelig. Ein richtiger Vorzeigearier!« Manfred klimperte mit seinen dichten langen Wimpern, seufzte ebenso tief wie gekünstelt und warf Magnus einen gekonnt schmachtenden Blick zu.
Der mußte unwillkürlich grinsen, wurde aber gleich wieder ernst. »Wäre ich ein normaler Bürger gewesen und kein Mitarbeiter des Verfassungsschutzes, säße ich jetzt ganz schön tief in der Tinte. Es kann doch nicht
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