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Stark (Dark Half)

Stark (Dark Half)

Titel: Stark (Dark Half) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen King
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hatten den Absatz im Obergeschoß erreicht, als sie Thad schreien hörten:»Nehmt ihn mit!
    Nehmt ihn mit! NEHMT IHN MIT IN DIE HÖLLE, wo ER HINGEHÖRT !«
    Und das Schwirren der Vögel wurde zu einem Hurrikan.

9
    Stark unternahm einen letzten verzweifelten Versuch, ihnen zu entkommen. Er konnte nirgendwohin gehen, nirgendwohin davonlaufen, aber er versuchte es trotzdem. Es war seine Natur.
    Die Wolke von Vögeln, die sich auf ihm niedergelassen hatte, bewegte sich mit ihm; riesige, dick angeschwollene, mit Federn und Köpfen und Flügeln bedeckte Arme hoben sich, schlugen gegen seinen Rumpf, hoben sich wieder, verkreuzten sich vor der Brust. Vögel, manche verletzt, andere tot, fielen zu Boden, und einen Augenblick lang bot sich Thad ein Bild, das ihn bis ans Ende seines Lebens verfolgen würde.
    Die Sperlinge fraßen Stark bei lebendigem Leibe. Seine Augen waren verschwunden; wo sie gesessen hatten, waren jetzt nur noch große, dunkle Höhlen. Seine Nase war nur noch ein blutiger Lappen. Seine Stirn und der größte Teil seiner Haare waren weggerissen, die schleimverschmierte Oberfläche seines Schädels lag offen zutage. Der Kragen seines Hemdes schlang sich noch um seinen Hals, aber der Rest war verschwunden. Rippen ragten wie weiße Höcker aus seiner Haut hervor. Die Vögel hatten seinen Bauch aufgerissen. Eine Schar Sperlinge saß auf seinen Füßen, schaute mit scharfäugiger Aufmerksamkeit empor und balgte sich um die Eingeweide, die in tropfenden, zerfetzten Brocken herunterfielen.
    Und noch etwas sah er.
    Die Sperlinge versuchten, ihn hochzuheben. Sie versuchten es - und sehr bald, wenn sie das Gewicht seines Körpers genügend verringert hatten, würde es ihnen gelingen.
    »Nehmt ihn mit!« schrie er. »Nehmt ihn mit! NEHMT IHN MIT IN DIE
    HÖLLE, WO ER HINGEHÖRT.'«
    Starks Schreien brach ab, als sich unter hundert hämmernden, grabenden Schnäbeln seine Kehle auflöste.
    Sperlinge drängten sich in seinen Achselhöhlen, und für eine Sekunde lösten sich seine Füße von dem blutigen Teppich.
    Er schwang seine Arme - was von ihnen noch übrig war - in einer Geste besinnungsloser Wut abwärts und zermalmte Dutzende - aber Dutzende und Aberdutzende nahmen ihren Platz ein.
    Das Geräusch splitternden Holzes rechts neben Thad wurde plötzlich lauter und hohler. Er schaute hin und sah, daß sich das Holz, aus dem die Ostwand des Arbeitszimmers bestand, auflöste wie Seidenpapier. Einen Augenblick lang sah er, wie tausend gelbe Schnäbel gleichzeitig hindurchfuhren, und er packte die Zwillinge und rollte sich über sie, wölbte den Körper, um sie zu schützen, bewegte sich vielleicht das einzige Mal in seinem ganzen Leben mit wahrer Anmut.
    Die Wand zerbarst in einer staubigen Wolke aus Splittern und Sägemehl. Thad schloß die Augen und drückte seine Kinder fest an sich.
    Mehr sah er nicht.

10
    Aber Alan Pangborn sah es, und Liz sah es auch.
    Sie hatten die Wolldecke auf die Schultern herabgezogen, als sich die Wolke von Vögeln über ihnen und um sie herum gelichtet hatte. Liz taumelte ins Gästezimmer, auf die offenstehende Tür zum Arbeitszimmer zu, und Alan folgte ihr.
    Einen Augenblick lang konnte er nicht in das Zimmer hineinsehen; da war nichts als eine schwärzlichbraune, schwirrende Wolke. Dann konnte er eine Gestalt ausmachen - eine gräßlich aufgepolsterte Gestalt. Es war Stark. Er war mit Vögeln übersät, wurde bei lebendigem Leibe aufgezehrt - und war immer noch nicht tot.
    Weitere Vögel kamen, und noch mehr. Alan war, als verlöre er über ihrem grauenhaft schrillen Tschilpen den Verstand. Und dann sah er, was sie taten.
    »Alan!« schrie Liz. »Alan, sie heben ihn hoch!«
    Das Ding, das George Stark gewesen war, ein Ding, das jetzt nur noch entfernt einem Menschen ähnelte, hob sich auf einem Kissen aus Sperlingen in die Luft. Es bewegte sich durch das Arbeitszimmer, stürzte beinahe ab, hob sich dann schwankend von neuem. Er näherte sich dem großen, ausgesplitterten Loch in der Ostwand.
    Weitere Vögel kamen durch dieses Loch herein; diejenigen, die sich noch im Gästezimmer befunden hatten, flatterten ins Arbeitszimmer hinüber.
    Fleisch fiel von Starks zuckendem Skelett wie ein schauriger Regen.
    Der Körper schwebte durch das Loch, umschwirrt von Sperlingen, die ihm die letzten Haare ausrissen.
    Alan und Liz stolperten über den Teppich aus toten Vögeln ins Arbeitszimmer. Thad mühte sich langsam auf die Füße, auf jedem Arm einen schreienden Zwilling. Liz rannte auf ihn zu

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