Stehaufmaennchen
schlägt eine Bärenfalle vor. Die kennt er aus Lederstrumpf . Wenn man in derFalle steckt, muss man das Bein aber absägen, sagt er. Sonst kommt man nicht wieder raus. Denke nach. Kann man dem Christkind ein Holzbein zumuten? Opa hat auch ein Holzbein. Wenn er von Stalingrad erzählt, klopft er immer darauf und sagt, so ein Holzbein hätte auch Vorteile. Dass man keine Gicht mehr spürt und seine Pfeife drauf ausklopfen kann. Eins zu Null für die Bärenfalle. Werner will gucken, ob er im Keller seines Papas eine findet. Mein Papa hat nur Rattenfallen. Zu klein, meint Werner. Dann fällt uns auf, dass wir gar nicht wissen, wie groß das Christkind eigentlich ist. Die Rattenfallen sind wieder im Rennen. Doch was ist, wenn das Christkind gar nicht zu Fuß kommt, sondern fliegt wie ein Vogel? Wie fängt man Vögel? Jäger fangen Vögel mit einem Schrotgewehr. Überlege, wie das Christkind an Heiligabend auf eine Begrüßung mit einem Schrotgewehr reagieren würde, und verwerfe die Idee. Ein Gewehr ist einfach zu laut. Habe die Idee, stattdessen Fliegenfänger aufzuhängen.
24. Dezember 1967
Wir essen Gans. Bin nervös. Wird das Christkind sich freuen, mich mal kennen zu lernen? Und werden Papa und Mama sich freuen? Denn wir werden bestimmt berühmt und kommen vielleicht sogar in die Dorfzeitung. Neben die Reklame für Koteletts. Opa ist auch irgendwie nervös, denn heute geht er schon früh aufs Klo. Das Glöckchen klingelt. Mama fragt uns strahlend, ob wir nicht mal gucken sollen, ob der Weihnachtsmann da ist. Weihnachtsmann? Was denn für ein Weihnachtsmann? Für einen Weihnachtsmann ist meine Christkindfalle gar nicht ausgelegt. Bin beunruhigt. Wir gehen ins Wohnzimmer. Kein Weihnachtsmann. Muss an die Fliegenfänger im Hausflur denken. Mama schaut sich unsicher um. Dann hören wir »hohoho« aus dem Flur. Mama strahlt. Das muss der Weihnachtsmann sein. Dann hören wir wieder »hohoho« und »hier kommt der ... mmmmmpppppff«. Mehr sagt der Weihnachtsmann nicht. Stattdessen hören wirein lautes »Klack«, gefolgt von einem lauten »Rumms«! Mama stürmt raus. Das Erste, was ich sehe, ist ein Holzbein, das aufrecht in einer Bärenfalle steckt. Daneben liegt der Weihnachtsmann. Wusste nicht, dass der Weihnachtsmann auch ein Holzbein hat. Wahrscheinlich war er zusammen mit Opa in Stalingrad. Das Gesicht vom Weihnachtsmann kann man nicht sehen, denn es ist von Fliegenfängern eingewickelt. Aber man kann einen Teil seines Bartes erkennen. Der andere Teil seines Bartes baumelt an einem Fliegenfänger von der Decke. Der Weihnachtsmann richtet sich stöhnend auf. Dabei greift er mit seiner Hand in die Rattenfalle. Ich bin ein bisschen stolz, denn meine Falle funktioniert perfekt. Der Weihnachtsmann schreit. Aber nicht »hohoho«, sondern »AAAH«. Die Familie rennt aufgeregt rum. Alle schreien. Mama rennt in die Küche, um den Verbandskasten zu holen. Dann kommt sie zurück und schreit laut »Feuer!«. Im Wohnzimmer ist Qualm. Damit das Christkind nicht an meinen Fallen vorbei durch den Kamin kommt, hab ich vor der Gans sicherheitshalber eins von Mamas selbst bestickten Seidenkissen ins Ofenrohr gestopft. Papa kommt mit Wassereimern. Ich verdrücke mich in die Küche und esse Pudding. So viel wie geht. Vorbeugend. Denn wahrscheinlich krieg ich Puddingverbot. Obwohl ich das Christkind nicht gefangen habe, bin ich zufrieden. Denn in diesem Jahr war tatsächlich alles anders.
7. Haustiere
2. Februar 1968
Wünsche mir ein Haustier. Etwas Spannendes. Etwas, das zu meinem Alter passt, denn ich bin bald acht. Am besten wäre natürlich ein Drache. Einer, der ordentlich Feuer spuckt und fliegen kann. Stelle mir vor, mit dem Drachen in die Schule zu fliegen. Kann man einen Drachen draußen an der Schule anbinden? Und was ist, wenn er mal muss? Wälze Bilderbücher über Drachen. Es findet sich nirgendwo ein Hinweis, dass man mit einem Drachen Gassi gehen muss. Ideal für mich! Und füttern muss man ihn auch nicht. Wenn ein Drache Hunger hat, frisst er einfach einen Ritter. Perfekt, denn direkt neben uns wohnt der gemeine Felix Ritter, der mich in den Schulpausen immer ärgert. Mama kann gar nicht nein dazu sagen.
3. Februar 1968
Mama sagt nein. Eine Eidechse könnte ich haben. Sähe doch so ähnlich aus. Stelle mir vor, auf einer Eidechse in die Schule zu reiten. Keine schöne Vorstellung. Auch für die Eidechse nicht. Außerdem schrumpeln Eidechsen stark, wenn man sie nach dem Spielen im Sofa vergisst. Auch dieses Argument
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