Steirerkind
wir uns schon. Merkwürdig ist nur, dass auch Männerhaare in seinem Wagen gefunden wurden. Und zwar eindeutig die Ihres Sohnes.« Vorausgesetzt, dass die blonden Haare wirklich von ihr waren, dachte Sandra, ohne es auszusprechen. Dass von demselben Mann auch die DNA-Spuren von der Breitling stammten, behielt sie ebenfalls für sich.
»Die Haare von Lukas? Das wundert mich auch nicht besonders.«
»Nein. Von Lukas stammen diese Haare eben nicht.«
»Ich habe aber nur einen Sohn. Lukas. Und ich muss es schließlich wissen.«
Sandra sah Irene Wintersberger prüfend an. Nichts deutete darauf hin, dass die Frau ihr ein Märchen auftischte.
»Dann gibt es noch eine andere Möglichkeit …« Sandra zog die Kundenliste von Gregor Fitzner aus der Jackentasche, die sie zuvor bereits mit seinen Angestellten durchgegangen war. Sie reichte die beiden A4-Blätter über den Couchtisch. Dass sie von Irene Wintersberger noch etwas Neues über die Kundinnen ihres Geliebten erfahren würde, nahm sie zwar nicht an, aber ausschließen konnte sie es auch nicht. Immerhin war die Dame zuletzt auch seine Geschäftspartnerin gewesen. Wenn auch nur auf dem Papier.
»Könnten Sie sich die Namen bitte einmal ansehen«, sagte Sandra. »Kennen Sie jemanden? Und wissen Sie vielleicht, ob diese Damen Söhne haben? Das würde uns eventuell weiterhelfen.«
Irene Wintersberger beugte sich nach vorn, um die Liste entgegenzunehmen und nach ihrer Lesebrille auf dem Couchtisch zu greifen.
»Eleonore Schmid kenne ich ganz gut vom Reiten. Und ich weiß, dass sie zwei Söhne hat«, erklärte sie nach einer Weile. Ihr Zeigefinger wanderte nach unten, und stoppte bei zwei weiteren Namen, die sie kannte und von denen sie wusste, dass es in der Familie einen oder mehrere Söhne gab. Aber das war Sandra nicht neu. Im Gegensatz zu jenem Gedanken, der sie unvermittelt traf wie ein Blitz.
Wie hatten sie das nur übersehen könnten? Beinahe hätte sie sich mit der flachen Hand auf die Stirn geklatscht.
»Wir brauchen Ihre Speichelprobe, Frau Wintersberger. Und die Ihres Sohnes«, platzte sie heraus.
»Warum?«
»Könnten Sie bitte Ihren Sohn rufen? Er hält sich doch hier im Haus auf, oder nicht?«, fragte Sandra zurück.
Diesmal lag es an Bergmann, sie überrascht anzusehen.
Kapitel 10
Samstag, 16. Februar 2013
»Und ihr seids euch ganz sicher, diesmal den richtigen Täter festgenommen zu haben?«, zog Julius Sandra auf, kaum dass sie endlich einen der heißbegehrten Tische auf der Sonnenterrasse der Skihütte ergattert hatten. Den Bericht vom Damenslalom hatte Erwin übernommen, sodass Julius und Sandra selbst einmal wieder zum Skifahren kamen. Mittags wollten sie sich für weitere Abfahrten stärken – mit Kaiserschmarrn nach Omas Rezept, für den Julius glatt hätte töten können, wie er ihr bei ihrem letzten Besuch erklärt hatte.
Schon beim Hinsetzen konnte Sandra den Muskelkater spüren, der sich nach der körperlichen Betätigung des Vormittags mit einem leichten Brennen in ihren Oberschenkeln ankündigte. In letzter Zeit war sie viel zu selten zum Laufen gekommen. Außerdem wurden beim Skifahren andere Muskelgruppen beansprucht.
Insgeheim hatte sich Sandra gefragt, wie lange es wohl dauern würde, bis Julius sie auf den Wintersberger-Mord ansprach. Erst gestern Nachmittag hatten sie den Fall ad acta gelegt. Und danach mit Bergmann auf seinen Geburtstag angestoßen, ehe Sandra nach Schladming abgereist war. Beim Abendessen im Hotel-Restaurant hatte Julius ihr zwar zu ihrem jüngsten Ermittlungserfolg gratuliert, doch sich mit beruflichen Fragen wohlweislich zurückgehalten. Stattdessen hatte er sich auf private Themen konzentriert, was Sandra ihm hoch anrechnete, wusste sie doch, wie schwer es ihm fiel, seine Neugier im Zaum zu halten.
»Wir haben den richtigen. Da kannst du Gift darauf nehmen«, antwortete sie mit einem Lächeln. Wie sehr musste ihm diese Frage auf der Zunge gebrannt haben! Mit weiteren war jedenfalls zu rechnen, ahnte Sandra.
Julius schob die Sonnenbrille nach vorn, sodass sie auf seiner leicht geröteten Nasenspitze zu sitzen kam, und sah sie über den Brillenrand hinweg an.
»Kein Gift. Ich bin eher fürs Erschießen«, sagte er und fasste sich theatralisch an die Brust, als wäre er von einer Kugel getroffen worden.
Die Kellnerin, die eben an ihren Tisch herangetreten war, sah ihn von oben herab an.
»Möchten Sie vorher noch was bestellen?«, fragte sie ohne mit der Wimper zu zucken.
Sie lachten über
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