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Sterben Sie blo nicht im Sommer

Sterben Sie blo nicht im Sommer

Titel: Sterben Sie blo nicht im Sommer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Constanze Kleis
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mittendrin einfach nur noch nach Hause.
    Welche Unterstützung würden Sie sich wünschen?
    Ich würde einfach gern mehr Geld zur Verfügung haben, um meiner Frau all das zu finanzieren, was ihr gut tut. Zum Beispiel die Gymnastik oder auch spezielle Medikamente. Ich verstehe einfach nicht, weshalb ein Pflegeheim etwa so viel mehr Geld bekommt als ich, und das für eine Pflege, die nicht mal annähernd so gut ist wie das, was wir hier für meine Frau tun können. Und das in einer familiären Umgebung und mit Menschen, die ihr vertraut sind. Wir machen hier die gleiche Arbeit und noch viel besser. Aber ich muss sehr viel aus eigener Tasche bezahlen, und es ist nur eine Frage der Zeit, bis das Geld zu Ende ist. Was mich aber auch ärgert: Dass einem zu alldem auch noch so viele bürokratische Hürden in den Weg gestellt werden.
    Wie meinen Sie das?
    Als Adelheid erkrankte, haben wir hier die ganze Wohnung behindertengerecht umbauen lassen. Ich hatte dafür vier Wochen Urlaub genommen. Meine Frau war in dieser Zeit in einer Spezialklinik für Multiple-Sklerose-Patienten untergebracht. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Anträge ich stellen musste. Wegen jeder Kleinigkeit gab es Debatten, für jedes einzelne Stück, das man für die Pflege braucht. Bis ich gesagt habe: Bringt mir das Zeug her. Ich zahle das, sonst würde vermutlich heute noch die Hälfte fehlen. Oder dieser Wahnsinn mit dem Pflegenachweis.
    Was wird da nachgewiesen?
    Alle drei Monate kommt die Diakonie zu mir, um zu prüfen, ob die Pflegestufe III immer noch berechtigt ist. Was denken die denn? Dass eine Frau mit so schwerer Multipler Sklerose plötzlich aufsteht und zum Tanzen geht? Das kostet jedes Mal 36 Euro. Das sind 144 Euro im Jahr. Klingt erst mal nicht so viel, und ich hoffe, Sie halten mich nicht für einen Pfennigfuchser. Aber letztlich hängt so viel am Geld und es wird einem ja auch dauernd unter die Nase gerieben, wie teuer man kommt. Aber rechnen Sie die Kosten des Pflegenachweises auf 100.000 Pflegefälle um. Was da für diesen Schwachsinn für Summen zusammenkommen, die anderweitig so viel besser investiert wären. Das habe ich den Leuten von der Diakonie auch gesagt. Aber die meinen, so wären nun mal die Bestimmungen und es könnte ja sein, dass andere bloß kassieren und nichts machen.
    Wie finanzieren Sie überhaupt die Pflege Ihrer Frau?
    Ich habe immer viel gearbeitet und gespart. Trotzdem wird das Geld nur noch ein paar Jahre reichen. Jeden Monat geht eine sehr große Summe einfach für die Pflege weg. Egal, wie sehr ich mich einschränke, es wird immer weniger. Ich habe aber aufgehört, mich davor zu fürchten, nicht mehr für meine Frau sorgen zu können. Ich brauche alle meine Kraft für ihre Pflege.
    Die meisten würden jetzt wohl fragen: Warum tun Sie das alles? Sie haben schon weit mehr auf sich genommen, als die meisten für zumutbar halten.
    Ich kann nicht anders. Ich könnte es nicht ertragen, Adelheid nicht gut versorgt zu wissen. Ich finde grundsätzlich, dass man sich immer kümmern sollte. Ich erlebe auch bei meiner Nachbarin wie allein man sein kann, trotz Kindern. Sie hat Alzheimer im Anfangsstadium. Natürlich möchte sie nicht ins Pflegeheim. Um sie kümmern wir uns auch ein bisschen. Sie bekommt täglich ihren frisch gepressten Orangensaft. Ewa und ich sind jeden Tag eine halbe Stunde bei ihr, schauen, wie es ihr geht, sprechen mit ihr und sorgen dafür, dass sie genug Flüssigkeit zu sich nimmt. Ich gehe mit ihr zu den Ärzten, habe ihr Essen auf Rädern organisiert und ihre Unterlagen sortiert. Ihre Tochter war kürzlich mal da und ich hatte sie gebeten, sich mit mir mal eine halbe Stunde über ihre Mutter zu unterhalten. Aber die ist gleich wieder weggefahren.
    Sind Sie nicht auch sehr verbittert?
    Nein. Nur im Moment etwas schwach. Ich war sehr krank. Die Ärzte meinen, das sei stressbedingt. Erst hatte ich eine schwere Lungenentzündung, dann schlimme Hautprobleme und nun eine fast lebensgefährliche Darmentzündung. Ich habe sehr, sehr viel abgenommen dadurch und musste vier Wochen ins Krankenhaus. Dort stand es auch mal kurz auf der Kippe mit mir. In der Zwischenzeit musste Ewa hier alles alleine machen. Das ist eigentlich gar nicht zu schaffen. Trotzdem muss es manchmal auch einfach so gehen. Wie jetzt, wenn Ewa zu ihrer Familie nach Polen fährt. In dieser Zeit muss ich meine Frau das erste Mal in Kurzzeitpflege geben. Mir geht es einfach noch zu schlecht und ich habe einfach keine Kraft.

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