Sterbensschön: Thriller -
müsse er nicht.«
Archie warf Henry einen Blick zu und dachte an die Küchenhandschuhe, die sie am Tatort gefunden hatten.
Der Zeitrahmen passte. Archie sah auf die Uhr. Es war fast 15.00 Uhr. »Und bis dahin ist Ihnen nicht aufgefallen, dass sein Wagen noch dastand?«, fragte er.
Sie blickte zu den drei silbernen Fahrzeugen auf dem Parkplatz. Ein Prius neben dem anderen.
»Verstehe«, sagte Archie. Jeder zweite Wagen in Portland war ein Prius oder Subaru.
Archie hörte seinen Namen, und als er aufblickte, sah er, wie ihn Henry zu sich winkte. »Entschuldigung«, sagte er zu Bea und ging in den Schatten des Bambus, wo Henry sich herumdrückte.
Henry hielt sein Handy in die Höhe. »Kelly geht nicht ans Telefon«, sagte er. »Und ich habe eine Streife zu ihm nach Hause geschickt – er macht nicht auf.« Ein uniformierter Beamter kam und gab Henry den Ausdruck eines Fotos der KFZ-Behörde. Das konnten sie inzwischen – Daten in einen Bordcomputer eingeben und ein Foto ausspucken lassen. Die beiden betrachteten das Foto aus Kellys Führerschein. Die Laserqualität war nicht allzu toll, aber es konnte der Mann im Park sein.
Archie suchte die Dachtraufen des Hauses nach Kameras ab. Das Zentrum war eine betreute Wohngruppe für minderjährige Mädchen. Manche waren vom Gericht nach wiederholten kleineren Vergehen hier untergebracht worden – Ladendiebstahl, Schlägereien, Sachbeschädigung –, andere waren von sämtlichen Schulen der Stadt geflogen und wieder andere aus einer Pflegefamilie zu viel geworfen worden. Auf die eine oder andere Weise waren sie alle schwierig. Die Einrichtung bot den Mädchen die Möglichkeit, einen Schulabschluss zu machen und die Chance auf ein Leben ohne Gefängniserfahrung.
»Gibt es Überwachungskameras?«, rief Archie zu Bea.
»Nein.«
Archie fragte nicht, wieso. Kein Geld? Eine Geste des Vertrauens? Es spielte im Grunde keine Rolle. Das Ergebnis war dasselbe: kein Bildbeweis. Robbins war im Augenblick dabei, die Zähne des Opfers mit Kellys zahnärztlichen Unterlagen zu vergleichen. Doch nach allem, was sie bisher wussten, war sich Archie bereits ziemlich sicher, dass sie übereinstimmen würden.
»Überprüfen Sie den Hintergrund der Leute, die hier arbeiten?«, fragte er Bea.
»Natürlich«, sagte sie. »Wir werden vom Bundesstaat finanziert. Es ist Vorschrift.« Man würde Kellys Fingerabdrücke also genommen haben, aber der Staat vernichtete die Fingerabdruckkarten, nachdem die Bewerbung bestätigt war. Immerhin würde das Formular eine Fülle weiterer Informationen liefern – nächste Angehörige, frühere Jobs.
Archies Telefon läutete. Es war Lorenzo Robbins. »Sprechen Sie«, sagte Archie.
»Die zahnärztlichen Unterlagen stimmen überein«, sagte Robbins. »Es ist Jake Kelly.«
Archie warf einen Seitenblick zu Bea. Sie war blass und starrte ihn an. Offenbar hatte sie genau verstanden, worum es in dem Telefonat gegangen war. »Ich rufe Sie zurück«, sagte Archie zu Robbins. Er legte auf und steckte das Handy wieder in die Hosentasche. Es gab nichts Gutes zu sagen in so einem Moment, nichts, was die Sache besser machte. Das hatte er schon vor langer Zeit gelernt.
»Tja, Scheiße«, sagte Bea Adams.
6
»Bist du sauer auf mich?«, fragte Susan. Sie trank einen Schluck Pinot und ließ das Rotweinglas an ihrer Unterlippe verharren.
»Nein«, sagte Leo. »Männer lieben es, wenn man den Namen von einem anderen sagt, während sie ejakulieren.«
Susan stellte ihr Glas auf der Theke ab. Ein Halbmond aus purpurnem Lippenstift zeigte an, wo ihr Mund gewesen war. »So war es nicht«, protestierte sie. »Ich habe ihn im Fernsehen gesehen.«
Leo hob die Hand. »Sei einfach still.«
Ihr Mittagessen war gebracht und abgetragen worden, und Leo hatte kaum ein Wort gesprochen. Hauptsächlich hatte er telefoniert. Er sagte, er würde arbeiten, aber Leo war Anwalt und hatte nur einen Klienten – seinen Vater –, und soweit Susan feststellen konnte, ging es bei seinen Diensten hauptsächlich darum, nach mehreren Stripteaseklubs zu sehen, die das Unternehmen seines Vaters erworben hatte. Sie trank noch einen Schluck Wein. Es war der teuerste offene Pinot, den sie auf der Speisekarte hatten – fünfzehn Dollar das Glas, was ihr verrückt vorkam, aber Leo zahlte, und er konnte es sich leisten. Leos Familie war reich. Und sie hatten ihr Vermögen mit dem Verkauf eines Produkts gemacht, das süchtiger machte als Tabledance. Nachdem Drogendealer einer der wenigen Berufe war,
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