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Sterblich

Sterblich

Titel: Sterblich Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Enger
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Schweigen zum Reden bringen.
    »Das war ich nicht«, sagt er plötzlich leise.
    »Was haben Sie gesagt?«
    »Ich habe ihre Mail nicht gelesen, das war ich nicht.«
    Brogeland verdreht die Augen, als wäre ihm der Welt größte Ungerechtigkeit zugefügt worden.
    »Sie haben uns doch gerade erst gesagt, dass nur Sie diesen Computer nutzen. Stimmt das nun plötzlich nicht mehr?«
    Marhoni schüttelt den Kopf.
    »Das kann nicht sein.«
    »Dann hat also irgendjemand anderes Ihren Computer benutzt, ohne dass Sie davon wussten. Und dieser jemand soll sich dann das Bild Ihrer Freundin mit diesem anderen Mann angeschaut haben? Habe ich das richtig verstanden?«
    Er nickt vorsichtig.
    »Und wer sollte das gewesen sein? Ihr Bruder? Henriette?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Sind sie deshalb beide tot, Mahmoud?«
    »Ich weiß es nicht!«
    »Sie wissen es nicht, nein.«
    Brogeland seufzt und sieht zu Sandland hinüber, die Marhoni genau mustert. Sie sucht nach irgendeiner entlarvenden Gesichtsbewegung.
    »Was halten Sie von der Scharia?«, fährt Brogeland fort.
    »Scharia?«
    »Ja, eine pakistanische Band. Die spielte vor einem Jahr beim Mela-Festival.«
    »Herr Kommissar …«
    »Ja, ich weiß, der war nicht gut. Aber beantworten Sie meine Frage. Was halten Sie davon? Von den Scharia-Gesetzen. Spiegeln diese Gesetze Ihr Frauenbild, Mahmoud?«
    »Nein.«
    »Sie sind also nicht der Meinung, dass die Steinigung von Frauen – um nur wahllos ein Beispiel zu nennen – die passende Strafe für Untreue ist? Oder abgehackte Hände, wenn man etwas gestohlen hat?«
    Brogeland wartet die Antwort nicht ab. Marhoni starrt ihn verständnislos an.
    »Mit wem hat Henriette Sie betrogen, Mahmoud?«
    »Wenn Sie unschuldig sind und sich selbst aus dieser misslichen Lage befreien wollen, rate ich Ihnen sehr, endlich mit uns zu reden.«
    »Wer ist der Mann auf diesem Bild?«
    Brogeland und Sandland fragen abwechselnd. Marhoni seufzt.
    »Je mehr Sie das in die Länge ziehen, desto schlimmer sieht es für Sie aus.«
    »Mit wem hat sie Sie betrogen?«
    »Haben Sie sie deshalb getötet?«
    »Wen wollen Sie schützen?«
    Marhoni hebt die Hand.
    »Sie haben nichts verstanden.«
    Er senkt seinen Blick und schüttelt entschieden den Kopf.
    »Dann helfen Sie uns doch, Mann!«, sagt Brogeland, sieht Marhoni an und wartet auf eine Erklärung.
    »Henriette war nie untreu«, sagt Marhoni, nachdem er lange nachgedacht hat.
    »Was sagen Sie da?«
    »Henriette ist mir nie untreu gewesen.«
    »Und wie wollen Sie uns dann die SMS erklären? Entschuldige! Das bedeutet nichts. ER bedeutet nichts. Ich liebe DICH. Können wir nicht darüber reden? Bitte!«
    Brogeland starrt Marhoni in die Augen.
    »Wollen Sie uns wirklich weismachen, Henriette wäre nie untreu gewesen?«
    »Ja, oder wenn, dann weiß ich nichts davon.«
    »Tja, dann. Wenn Sie keine bessere Antwort haben als das, dann …«
    »Sie hat mir nie etwas von einem anderen Mann gesagt.«
    »Dann war der Inhalt dieser SMS total befremdlich für Sie?«
    »Ja.«
    »Sie hat vorher noch nie über so etwas geredet?«
    »Nein.«
    »Entschuldigen Sie, aber ich denke, Sie werden große Schwierigkeiten bekommen, wenn Sie damit die Geschworenen überzeugen wollen. Sie sollten das wissen, Indrehaug.«
    Brogeland sieht den Anwalt an, der schluckt und ein weiteres Mal den Pony aus der Stirn streicht.

42
    Bevor Henning zu lesen beginnt, verharrt sein Blick eine ganze Weile auf dem Deckblatt. Er spürt, wie angespannt er ist, wie nervös, ohne es sich eigentlich erklären zu können. Vielleicht weil die Antwort auf die Fragen, warum und wie Henriette Hagerup umgebracht worden ist, unmittelbar vor ihm liegt.
    Er holt tief Luft.
    INNEN – EIN ZELT AM EKEBERG – NACHT:
    Eine Frau, MERETE WIIK (21), steht mit dem Rücken zur Kamera. Das Licht fällt auf den Spaten, den sie in der Hand hält. Sie atmet schwer, denn sie ist erschöpft. Sie wischt sich den Schweiß von der Stirn. Dann drückt sie den Spaten in den Boden.
    AUSSEN – VOR DEM ZELT – NACHT:
    Ein Auto fährt draußen vor dem Zelt vor. Der Fahrer schaltet den Motor aus und öffnet von innen die Kofferraumklappe. MONA KALVIG (23) steigt aus. Sie öffnet den Kofferraum und beugt sich darüber.
    INNEN – EIN ZELT AM EKEBERG – NACHT:
    Das Zelt wird von außen geöffnet. MONA kommt herein. Sie trägt eine schwere Tasche. Sie bleibt vor einem Loch im Boden stehen.
    MONA:
    So weit bist du schon.
    MERETE wischt sich den Schweiß ab und lächelt.
    MERETE:
    Das ist

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