Sternenfaust - 089 - Sirius III
vorauszuberechnen.
Gerade als Meister Daniel die in den Stein gemeißelte Schrift erreichte, verschwand der Lichtstrahl. Sirius A war offenbar etwas tiefer hinter den Horizont gesunken. Noch sorgte das Licht von Sirius B dafür, dass es nicht völlig dunkel wurde. Meister Daniel konnte die Zeichen auf dem Stein gut erkennen und obwohl er sich vergleichsweise intensiv mit der Kultur der Alt-Sirianer beschäftigt hatte, sagte ihm keines davon etwas.
Dann bemerkte er einen winzigen Ritz im Felsen.
Offenbar war hier ein Stein sehr exakt in eine Lücke hineingepasst worden. Es gab zwei Vertiefungen jeweils an der rechten und linken Seite, die wahrscheinlich als Griff gedient hatten. Kurz entschlossen fasste Meister Daniel hinein. Der Stein ließ sich mit überraschender Leichtigkeit lösen. Es handelte sich um eine Deckplatte von drei bis vier Zentimetern Dicke. Der Stein war offenbar intensiv und mit hoher handwerklicher Präzision bearbeitet worden.
Meister Daniel legte den Stein zur Seite. Das spärlich gewordene Licht reichte vollkommen aus, um zu erkennen, was sich darin befand.
Ein Totenschädel grinste ihn an.
Der Schädel wirkte entfernt humanoid, hatte aber eine deutlich ausgeprägte Nasenpartie und einen unübersehbaren Stirnwulst.
Ein Grab! , ging es Meister Daniel durch den Kopf. Die Angehörigen dieses Alt-Sirianers hatten den gefahrvollen Aufstieg in diese Höhen gewagt, nur um einen der ihren zu bestatten. Und das nicht an einer x-beliebigen Stelle, sondern an einem genau ausgeklügelten Punkt, sodass er dem Licht der Sonne begegnen konnte.
*
»Austritt aus dem Bergstrom-Raum!«, meldete Lieutenant Pierre Templeton, der Rudergänger des Sondereinsatzkreuzers AMSTERDAM.
Commander Michael Tong, der an Bord des Star Corps-Schiffs das Kommando führte, hatte gerade im Sessel des Captains Platz genommen und trank den Becher mit synthetisch auf dem Sirius angebautem, grünem Tee zur Hälfte aus, den er sich aus dem Aufenthaltsraum mitgenommen hatte. Eigentlich war es nicht die Art des sehr korrekten Captains der AMSTERDAM, Getränke mit auf die Brücke zu nehmen. Von jedem seiner Brückenoffiziere hätte sich Tong das auch tunlichst verbeten. Schon als Erster Offizier an Bord der STERNENFAUST hatte er derartigen Schlendrian nicht durchgehen lassen. Umso peinlicher war es ihm nun, mit einem Becher Tee angetroffen zu werden.
»Wohl bekomm’s!«, meinte Lieutenant Commander Brian Niedermayer, Tongs Erster Offizier auf der AMSTERDAM. Ein Offizier, dessen Fähigkeiten Tong durchaus schätzte, der aber, was die äußeren Formen anging, sehr viel lockerer war als sein Vorgesetzter. Im Grunde war Tong froh, dass man ihn nach der Schlacht von Karalon, in der die stark beschädigte AMSTERDAM einen Großteil ihrer Crew verloren hatte, seine Crew von der NEPTUN hatte mitnehmen können. Doch auf der anderen Seite barg das auch Schwierigkeiten, denn so komfortabel ein hoher Vertrauensgrad innerhalb der Crew auch sein konnte, desto schwieriger war es, die nötige Distanz zueinander zu halten, die Commander Michael Tong für unerlässlich für die Disziplin hielt. Nicht zum ersten Mal dachte er neidisch an Captain Dana Frost von der STERNENFAUST, der immer so leicht zu fallen schien, diese Waage zu halten.
Niedermayer hatte seine Bemerkung in einem betont neutralen Tonfall gemacht und sich dabei auch in der Mimik stark beherrscht. Trotzdem war die Süffisanz in seiner Stimme nicht zu überhören. Es war, als freue er sich wirklich darüber, seinen Captain einmal etwas informeller erleben zu dürfen.
Michael Tong war sich dessen bewusst – und es war ihm unangenehm. »Das hat seinen Grund, Lieutenant.«
»Natürlich, Sir«, sagte Niedermayer und nahm unwillkürlich Haltung an.
»Es ist keineswegs so, dass ich beabsichtige, hier irgendetwas einreißen zu lassen oder dass ich von meinen Leuten mehr Einschränkungen und Opfer erwarten würde, als von mir selbst!«
»Sir, daran hätte auch nie jemand gezweifelt«, gab Niedermayer zurück. Ortungsoffizier Lieutenant Derek Batista und Fähnrich Jay Ondeo, der im Augenblick Lieutenant Pemmo Nebbson an der Konsole des Funkers vertrat, wandten sich ab, damit man ihr Schmunzeln nicht sah. Einzig und allein die Waffenoffizierin Celine Al-Malik bewahrte ihr ernstes Gesicht, dessen Ausdruck durch die strenge Knotenfrisur noch unterstrichen wurde, zu der sie ihr rotschwarzes Haar zusammengefasst hatte.
»Es hat mit dem Systemfehler in der Navigationskonsole zu tun«,
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