Sternenfaust - 131 - Tod und vergessen
Verzeihen Sie die Störung, Sir.« Sie wartete einen Moment, bis der Admiral ihr mit einem unwilligen Brummen ein Zeichen gab, aufgewacht zu sein. »Ich denke, Sie sollten auf die Brücke kommen. Izanagi möchte Ihnen etwas Wichtiges zeigen …«
*
Ein paar Minuten später betrat ein sichtlich müder Vincent Taglieri die Brücke. Mit einem herzhaften Gähnen und einem Blick, der besagte »Wenn das hier nicht wirklich wichtig ist, scheuche ich Sie persönlich bis zu den Antriebsgondeln!« , hatte er Izanagi das Datenpad abgenommen. Eingehend betrachtete er die gespeicherten Aufzeichnungen. Schließlich ließ er das Pad sinken und sagte: »Wir gehen in meinen Raum, Izanagi.«
Eine Welle der Erleichterung durchflutete den jungen Mann, als der Admiral so kontrolliert mit der Situation umging. Izanagi fühlte sich ernst genommen. Endlich würde man ihm glauben.
»Ich kann keine zweite Spielfigur mit dem Namen Adric erkennen«, meinte Taglieri ruhig. »Was hat das zu bedeuten, Izanagi?«
»Was?« Es gab keinen zweiten Namen in den Aufzeichnungen? Izanagi wollte nicht glauben, was er da hörte. »Aber, Admiral! Der Name ist dort eindeutig verzeichnet!« Izanagi hätte am liebsten weiter gedrängt, doch der veränderte Gesichtsausdruck des Admirals ließ ihn innehalten.
»Hat Turanor Ihnen etwas anvertraut, was ich wissen sollte? Gibt es Störungen in den Aufzeichnungen unserer Bordsysteme, von denen Sie mir berichten wollen?«
Izanagi rieb sich die kalte Feuchtigkeit von den Innenflächen seiner Hände an der Hose ab. Sein Inneres drohte völlig aus dem Gleichgewicht zu geraten. Izanagi spürte den Bildern in seinem Inneren nach, in denen er Admiral Taglieri zusammen mit Adric sah. Aus der Erinnerung heraus beschrieb er dem Admiral diverse Situationen, die er und der Junge gemeinsam erlebt hatten, und lauerte auf ein Zeichen des Erkennens.
Doch die Miene des Kommandanten drückte immer größere Skepsis und Unverständnis aus, und zum Schluss blieb Izanagi nur wieder der verzweifelte Hinweis auf die Speichereintragungen in dem Datenpad.
»Irgendetwas stimmt hier nicht, soviel steht fest«, meinte Taglieri schließlich. »Vielleicht sollten Sie doch noch einmal mit Doktor Tregarde über diese Trugbilder sprechen, Izanagi. Was immer da in Ihrem Hirn vor sich geht, bedarf einer eingehenden Untersuchung.«
Admiral Taglieri hatte sich zurückgelehnt und sprach mit ruhiger Stimme auf den ehemaligen Christophorer ein, so wie Eltern mit ihrem Kind sprachen, wenn es einmal aus einem schlimmen Albtraum erwacht war. Izanagi fühlte eine unfassbare Ohnmacht in sich aufsteigen und konnte den Argumenten des Admirals nichts entgegenhalten. Sein Blick haftete einige Sekunden auf dem Datenpad.
Langsam wurde Izanagi der Umfang seiner Einbildung bewusst. Natürlich konnte die Festlegung eines Namens in einer Simulation kaum als Beleg für die Existenz eines lebenden Wesens angesehen werden. Wieso hatte er sich nur zu dieser verrückten Aktion verleiten lassen?
Weil du wieder einmal deine sensitiven Fähigkeiten außer Acht gelassen hast , schoss es dem ehemaligen Christophorer durch den Kopf.
Es hatten sich auch in der Vergangenheit immer wieder Begebenheiten ereignet, die Izanagi in Verwirrung gestürzt hatten. Seine extrem ausgeprägte Empfänglichkeit für empathische Reize hatte ihn mehrfach zu Einbildungen verleitet.
»Es tut mir sehr leid, Admiral Taglieri. Ich habe mich offenbar auf meine überreizten Nerven verlassen und Sie damit um Ihre verdiente Freischicht gebracht. Ich werde umgehend mit Doktor Tregarde sprechen und mir helfen lassen.«
Mit einer fahrigen Bewegung griff Izanagi zum Datenpad und hätte es um Haaresbreite vom Tisch gefegt.
Doch der Admiral reagierte blitzschnell und bekam das Pad im Fall zu fassen. Dann drückte er dem ehemaligen Christophorer das Pad in die Hand. »Schon gut, Izanagi. Es sind schließlich Ihre besonderen Fähigkeiten, die uns die Verbindung zu den Alendei ermöglichen. Niemand macht Ihnen wegen dieses Zwischenfalles einen Vorwurf.«
Izanagi nickte dankbar und eilte mit wachsender Verwirrung aus dem Raum des Admirals. Als er die Brücke überquerte, trafen ihn neugierige Blicke, die er geflissentlich ignorierte. Da Izanagi den Schiffsarzt nicht auch noch um die Stunden seiner Freischicht bringen wollte, hastete er in seine Kabine.
Gleich nachdem er das Datenpad in einer Ecke abgelegt hatte, nahm Izanagi seine Position zum Meditieren ein.
Es dauerte zwar länger als
Weitere Kostenlose Bücher