Sternenfeuer: Vertraue Niemanden: Roman (German Edition)
selbst – ihre Eizellen gestohlen worden waren, verstanden, weshalb sie hatte fortlaufen müssen. Alia Khadivi, Deborah Mombasa und Sarah Hodges saßen zusammen auf einem Stockbett am anderen Ende des Bunkers, und Waverly schob sich durch die Menge in ihre Richtung.
»Hat diese Hure Marjorie irgendetwas zu dir gesagt?«, fragte Sarah und schoss einen vernichtenden Blick in die Richtung der zwei Schwestern. Sarah war ein kompaktes Mädchen mit großer Ausdrucksstärke, und jedes ihrer Gefühle spiegelte sich stets eins zu eins und in unmissverständlicher Deutlichkeit auf ihrem sommersprossigen Gesicht wider.
»Ach, mach dir darüber keine Sorgen«, sagte Waverly. »Weißt du denn, was passiert ist?«
Sarah schüttelte den Kopf. »Jeder hier denkt, wir würden erneut angegriffen.«
»Aber die New Horizon ist neun Millionen Meilen vor uns«, warf Waverly ein.
»Ich weiß«, sagte Alia durch ihre geschürzten, tiefrosafarbenen Lippen. Ihr langes, dichtes Haar fiel ihr in ebenholzfarbenen Kaskaden über die Schulter. »Vielleicht ist Seth ausgebrochen.«
»Nein«, platzte es aus Waverly heraus. »Seth würde niemals irgendetwas tun, was das Schiff gefährden könnte.«
»Du solltest lieber hoffen, dass Seth das Problem ist «, sagte Deborah mit einem bitteren Lachen, und ihre Finger fuhren nervös durch ihre dichten schwarzen Locken. »Denn wenn es nichts mit Seth zu tun hat, dann hat es etwas mit der New Horizon zu tun.«
Waverly setzte sich an den Rand des Bettes, direkt neben Sarah. Am liebsten hätte sie nach der Hand ihrer Freundin gegriffen und ihre Finger mit ihren verschränkt, aber sie wollte sich nicht aufführen wie ein kleines, verängstigtes Mädchen.
»Ich wünschte, Kieran hätte nicht alle Waffen versteckt«, sagte Alia. Praktisch veranlagt, wie sie war, hatte Alia es sich zur Aufgabe gemacht, so viele Ernteschäden wie möglich auszugleichen, denn die Familiengärten waren in den letzten Monaten stark vernachlässigt worden. Sie und ihre Helfer brachten endlose Mengen an Körben voll frischer Früchte und frischem Gemüse zu den Wohnquartieren, und oft trafen sie einander in der Küche des Raumschiffs, wo sie riesige Mengen von Gemüsebrei für die jüngeren Kinder einkochten. Alia verbarg selten ihre Gefühle, aber nun wippten ihre Füße in den roten Seidenpantoffeln so stark auf und ab, dass sie das Bett, auf dem die Mädchen saßen, zum Schwingen brachte.
»Wenn sie wollen, dass ich dorthin zurückgehe, müssen sie mich schon durch eine der Luftschleusen hinausbefördern«, sagte Waverly und schob ihre eiskalten Hände unter die Oberschenkel.
»Sag so etwas nicht«, entgegnete Sarah wie aus der Pistole geschossen.
»Und warum nicht?«, fragte Waverly.
Für einige lange Augenblicke spürte sie Deborahs helle, forschende Augen auf sich gerichtet, ehe das Mädchen schließlich sagte: »Du hast uns von diesem Schiff heruntergebracht. Niemand hätte das besser machen können, als du es getan hast. Und das weißt du auch, oder?«
»Ich möchte nicht darüber sprechen.«
»Mach dir nichts aus Marjorie und all den anderen Idioten«, sagte Sarah. »Ignorier sie einfach.«
»Ich mache mir nichts daraus«, sagte sie kühl, aber sie wusste, dass Sarah ihr nicht glaubte.
In der Mitte des Raums hob nun ein Mädchen namens Megan Fuller die Hand und bat um jedermanns Aufmerksamkeit. Mit ihren rundlichen Wangen und dem zotteligen, dünnen braunen Haar war Megan nicht gerade eine klassische Schönheit, aber ihr Lächeln verlieh ihrem Gesicht immer wieder etwas Besonderes: »Kommt! Versammeln wir uns! Bildet einen Kreis!«
»O nein«, seufzte Waverly. »Werden sie je damit aufhören?«
»Die Leute fühlen sich danach besser«, gab Alia unerwartet gleichmütig zurück. »Das musst du zugeben.«
Eine erstaunlich große Menge von Kindern scharte sich um Megan. Die Leute senkten ihre Köpfe, als das Mädchen nun in einen Singsang verfiel und zu beten begann: »Lieber Gott, leite unseren Führer Kieran Alden. Was auch immer heute Nacht geschehen mag, bitte beschütze uns vor unseren Feinden bis zu jenem Tag, an dem wir wieder mit unseren Familien vereint sein werden, sei es in diesem oder im nächsten Leben …«
»Dass wir eines Tages unsere Eltern wiedersehen könnten, ist ein schöner Gedanke«, sagte Deborah abwesend. Kurz nach der Rückkehr auf die Empyrean hatte sie erfahren, dass ihre Eltern bei dem Shuttle-Hangar-Massaker gestorben waren. Sie hatte es tapfer aufgenommen, doch sie sprach kaum
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