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Sternenlaeufer

Sternenlaeufer

Titel: Sternenlaeufer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Melanie Rawn
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hatte noch eine weitere Wirkung: sexuelles Verlangen. Oder vielleicht, kam es ihr plötzlich in den Sinn, als sie fühlte, wie ihre Gabe sich in ihr ausweitete, vielleicht umfasste seine Macht einfach alles, und jeder Aspekt von Körper und Seele wurde von der Droge verändert. Als Reaktion auf die summende Sinnlichkeit in ihr, die sich aus körperlicher und Faradhi -Kraft zusammensetzte, schwankte sie leicht vor und zurück. Hunger breitete sich in ihr aus, nicht nur danach, ihren Gemahl zu berühren, sondern auch danach, ihre Gaben loszulassen. Sie verstand die Droge jetzt. Ihre Angst davor war immer zu groß gewesen, als dass sie deren Wirkung hätte bewusst machen können, aber diesmal würde sie mit dem Dranath arbeiten, nicht dagegen – mit diesem glorreichen, erschreckenden Pulver, dem man nicht widerstehen konnte. Das Verlangen ihres Körpers verging langsam. Es wurde verdrängt von dem Bedürfnis, auf dem letzten Sonnenlicht zu reiten und die Schatten herauszufordern, einen Wirbel aus LUFT zu beschwören, FEUER anzurufen und in ihm das Schicksal zu beschwören.
    Sioned redete sich ein, sie hätte sich entschieden, diesem Drang nachzugeben.
    Mit geschultem Lichtläuferkönnen ließ sie in der leeren Kohlenpfanne ein Flammenbündel aufzucken. Die polierte Schüssel schien sich zu entzünden. Und in den kühlen, halb mannshohen Flammen zeigten sich Bilder voller Klarheit.
    Auch Andry hatte soeben das FEUER angerufen. Er stand im Hof der Schule der Göttin. An den Händen trug er keinen einzigen Ring. Alle höheren Lichtläufer, die dort lebten, standen im Kreis um das Freudenfeuer, das er soeben entfacht hatte. Urival trat vor und reichte ihm den ersten Ring. Einen Augenblick später umkreiste ein Wirbelwind den Hof, zerrte an Kleidern und Haaren und blies Andrys weißen Umhang fest gegen dessen schlanke Gestalt. Urival verlieh ihm den zweiten Ring.
    Sioned sah das Gesicht ihres alten Freundes und Lehrers klarer, als er ins Feuer blickte. Sie runzelte die Stirn. Auf Urivals strengen Zügen zeigte sich flüchtig Gleichgültigkeit. Jeglicher Glanz war aus seinen goldbraunen Augen gewichen. Sein Rang und die Pflicht zwangen ihn, diesem Ritual vorzustehen; sein Gehorsam Andrade gegenüber erlaubte es ihm nicht, sich bei der Wahl des Herrn der Schule der Göttin gegen ihre Entscheidung zu stellen. Er war nicht glücklich darüber, wie Andry aus diesem Ritual hervorgehen würde. Sioned wünschte, sie könnte ihn beruhigen, so wie sie die anderen, die sie heute Nacht umgaben, auch beruhigt hatte. Aber von ihnen allen – einschließlich Andry, der abseits stand – war Urival heute der Einsamste.
    Sioned hörte, wie Hollis den Atem anhielt, als Andry zum ersten Mal vom üblichen Ablauf des Rituals abwich. Niemand war auf diese Änderung vorbereitet. Während die LUFT noch um ihn herumwirbelte, leerte er einen Beutel mit trockenen Erdbrocken auf die Steine. Er löste ein Glasfläschchen mit WASSER von seinem Gürtel, entfernte den Korken und warf es hoch in die Luft. Ein paar glitzernde Tropfen entkamen ihm bei dem Flug nach oben; als es herabfiel, drehte es sich, und ein flüssiger Strom ergoss sich auf die Erde.
    Andry breitete die Arme aus. Die verschüttete ERDE wurde von einem neuen Wirbelwind gepackt und in einer immer enger werdenden Spirale emporgezogen. Kein einziger Wassertropfen fiel auf die Steine, denn die LUFT ergriff auch sie. Glassplitter funkelten wie kleine Messer. Das Freudenfeuer wirbelte in wilden Mustern, und ERDE , LUFT und WASSER wurden von seinem rotgoldenen Herzen aufgezehrt.
    Andry hatte alle Elemente ins Spiel gebracht. Es war eine Demonstration von Macht, die verblüffen sollte. Vielleicht auch eine Warnung, dachte Sioned.
    Er machte eine Geste zu den Flammen hin, und eine Beschwörung wurde sichtbar, eingehüllt in Licht, eine Vision der Schule der Göttin. Aber es war nicht der goldene Schimmer von Sonnenlicht, der auf den Mauern und Türmen tanzte, auch nicht das kühle, silbrige Licht der drei Monde. Eisiges, weißes Sternenfeuer ließ die Steine in der Beschwörung zu scharfen Schatten und Kanten gefrieren und machte aus dem großen Schloss eine Zitadelle stummer Macht.
    Urival trat vor. Sein Gesicht war auch jetzt noch ausdruckslos, als er den dritten Ring auf Andrys Finger schob. Der junge Mann ließ zu, dass die Beschwörung verblasste, und plötzlich blitzte in seinen klaren blauen Augen Vorfreude auf.
    Das Licht des Sonnenuntergangs vergoldete den Hof. Andry nutzte es, um die

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