Sternenspiel
so leicht fälschen wie die Gesichtsform oder der Genotyp.
»Wasser …«, bat ich, während ich mich auf den Boden sacken ließ. »Katti, bring mir Wasser. Mir … mir ist schlecht. Ich brauche Wasser!«
Eine Sekunde kämpften in ihr Verwirrung sowie ein vager Verdacht gegen die Bereitschaft zu helfen. Dann stürzte Katti zum Tunnel, der ins Gebäude des Internats führte.
Ich sprang mit aller Behändigkeit, die mir der alte Körper zugestand, hoch und rannte zur Transportkabine.
Das war’s. Die Atempause war vorbei. Jetzt begann die Flucht.
Und trotzdem danke ich dir, Nik Rimer, ich danke dir für deine Gedichte!
Ich rammte die Faust in den quecksilbrigen Brei im Trichter des Terminals.
Der Augenblick, bis die Steuerungssysteme der Geometer, diese gestutzten Elektronengehirne, mit meinem Bewusstsein in Kontakt traten, zog sich lange und peinigend dahin. Ich war aufgeflogen. Hatte mich enttarnt.
Und ich hatte die Chance eingebüßt, Luft zu holen, ein, zwei Tage in dem warmen Innern des Internats abzuwarten …
Zielort?
»Ausbilder!«
Ich drehte mich um und hakte mich an Kattis Blick fest. Sie war zurückgekommen. Wie angewurzelt stand sie am Rand des Felds, starrte Fed an, der sich gerade noch ans Herz gegriffen hatte – und sich jetzt davonschleichen wollte.
In mir steckt zu wenig vom Ausbilder Fed! Nur das Fleisch.
Seine Seele war mir fremd.
Und Katti hatte gespürt, dass etwas nicht stimmte.
Präzisieren Sie den Zielort!
Wohin sollte ich fliehen? Wo würde man nicht gleich nach mir suchen? Wo konnte ich mich verbergen, mein unbezahlbares Leben retten, meinen zweimal veränderten Körper …
Welche Kabine?
Ich schaffte es nicht einmal, mich zu freuen. Das Steuerungssystem hatte meine Gedanken gelesen und sie für einen Befehl gehalten. Hervorragend.
»Die erste!«, schrie ich.
Treten Sie ein.
»Ausbilder!«, rief Katti, als ich durch die sich öffnende Tür verschwand. »Ausbilder?«
Sie kam auf die Kabine zugerannt, und ich sah ihr Gesicht durch das milchige Glas, spürte ihre Anspannung, fing den bereits verstehenden Blick auf.
Dann flammte unter mir das hellblaue Licht auf.
Flucht.
Das war alles, was mir noch blieb. Mich verstecken, abtauchen, davonstehlen. Ein Mensch – das ist allzu wenig, um die Welt zu verändern.
Ort des Abschieds. Verlassen Sie die Kabine.
Ich verharrte eine Sekunde, bevor ich die Kabine verließ. Durch das Glas fiel Licht herein, ungleichmäßiges, flackerndes, purpurrotes Licht.
In welche Hölle hatte mich die Kabine gebracht?
Ich trat durch die geöffnete Tür und erstarrte.
Es war dunkel. Nacht herrschte – und aus unerfindlichen Gründen meinte ich, sie währe hier ewig. Und es war heiß. Die Hitze schien zudem ebenso ewig wie die Dunkelheit. Schwere und stickige Luft, geschwängert von Aschegeruch.
Über meinen Rücken strich leichter Wind, doch auch er war heiß und klebrig.
Die Kabine befand sich am Rand einer riesigen Steinschale. Im ersten Moment hielt ich das Ganze für einen Vulkankrater, denn unten, in einer Tiefe von einem halben Kilometer, leuchtete dunkelrotes Lavalicht. Aber der schwarze Stein zeigte einen Spiegelglanz von einer Regelmäßigkeit, zu der sich die Natur nie erbarmen würde, wie sie jedoch den Geometern nur allzu gut gefiel.
Ein schmaler Vorsprung, der am Rand der Schale entlanglief, war förmlich von Transportkabinen gespickt. Alle hundert Schritt … alle fünfzig Meter ragte ein Zylinder aus dunklem Glas auf, der im fliederfarbenen Widerschein kaum auszumachen war. Sehr, sehr selten und ungeheuer weit voneinander entfernt standen auf diesem Steinrand auch Menschen. Verschwommene Silhouetten, Schatten des roten Feuers, das tief unten loderte.
Wie verzaubert trat ich an den Rand der Schale vor. Eine Absperrung gab es nicht. Keine Lichtsignale, keine Kraftfelder, keine Kante – nichts, was den steinernen Vorsprung vom Abgrund trennte. Faszinierend. Die Geometer liebten das Leben sehr. Was konnte sie dazu veranlasst haben, dergleichen zu bauen?
Diese Schale aus schwarzem Stein mit einem am Boden schwappenden See aus dunkelroten Flammen und flirrender Luft. Eine Säule aus heißer Luft stieg in den dunklen, völlig sternfreien Himmel auf.
Dann die Stille. Eine lebendige, alle Geräusche aufsaugende Stille, nicht einfach die Abwesenheit von Geräuschen, sondern eine Stille, wie sie im Buche steht.
Ich trat mit dem Fuß heftig gegen den Stein. Kläglich und hilflos verlor sich das Geräusch in der Stille.
Ich drehte
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