Steuerflucht - Das Milliardengeschaeft mit dem Schwarzgeld Ein Insider packt aus
Wirtschaftsforschung (IAW) wurden hierzulande 2010 in der Schattenwirtschaft 347,6 Milliarden Euro umgesetzt. Das entspricht 13,9 Prozent des gesamten Bruttoinlandsprodukts (BIP). Unter den Mitgliedsländern der Organisation für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung (OECD) liegt Deutschland damit im Mittelfeld. In den USA ist die Schattenwirtschaft mit sieben Prozent am niedrigsten, in Griechenland mit 25,8 Prozent des BIP am höchsten. Die größten Schattenwirtschaften findet man in den Entwicklungsländern: In Nigeria beispielsweise beläuft sie sich auf 70 Prozent des BIP. Dort wird die Schattenwirtschaft aber nicht so sehr durch Steuerhinterziehung im eigentlichen Sinn, sondern durch Verbrechen und korrupte Bürokratien angetrieben.
Könige beim Schwarzgeld sind jedoch die Inder. Die Superreichen des Superkontinents haben in den letzten Jahren über 500 Milliarden Dollar außer Landes in Steuerparadiese geschafft, um dem Fiskus zu entgehen. Die größte Demokratie der Welt leidet derzeit unter einer nicht enden wollenden Kette von Korruptionsfällen. Dabei zeigt sich immer wieder, dass das Schwarzgeld erst an Orte wie Dubai, Singapur und Mauritius gelangt. Von dort fließt es dann weiter – häufig in die Schweiz und nach London. Es ist also nicht verwunderlich, dass derzeit bei Schweizer Banken die Kunden mit den höchsten Einzahlungsbeträgen aus Indien kommen. Nach einer Untersuchung der Global Financial Integrity (GFI) ist Indiens „Untergrund-Wirtschaft eng mit dem illegalen Finanzausfluss“ ins Ausland verbunden. Auf 50 Prozent des BIP wird in Indien die Schattenwirtschaft geschätzt, über 70 Prozent des generierten Schwarzgeldes landen auf Konten im Ausland.
Steuerflucht: ein globales Problem
Steuerflucht ist kein deutsches, sie ist ein globales Problem. Doch je höher sich derzeit die Schulden einzelner Länder türmen, desto intensiver versuchen nationale Steuerfahnder, Steuerflüchtlingen auf die Schliche zu kommen.
In Afrika sind Steuern eine heikle Angelegenheit. Weil viele Behörden korrupt sind, ist es auch schwierig, Steuern einzutreiben. Es ist nach wie vor einfach, mit den Steuerbeamten Geschäfte zu machen, von denen beide Seiten profitieren. In vielen Ländern des afrikanischen Kontinents fehlen aber auch die Voraussetzungen, um überhaupt steuerliche Bemessungsgrundlagen festzustellen. Grundbuchämter oder Meldebehörden existieren nicht überall oder funktionieren nicht. Tendenziell gilt, dass das Steuerwesen in Nordafrika weiter entwickelt ist als in den meisten Staaten südlich der Sahara.
In Frankreich etwa gehört Steuerhinterziehung zum guten Ton. Unternehmen prellen mit Vorliebe die Körperschaftsteuer und noch lieber die Umsatzsteuer. Wer viel verdient, gibt in seiner Steuererklärung weniger an – in der Hoffnung, nicht erwischt zu werden. Und Reiche, denen die Steuern trotzdem noch zu hoch sind, gehen ins Ausland, nach Belgien, Großbritannien, in die Schweiz oder in die USA. Obwohl die französische Regierung den Spitzensteuersatz und die Vermögensteuer herunterschraubte, kehrte in den letzten Jahren kein prominenter Franzose heim.
Das ehemalige Fußballidol Zinédine Zidane lebt in Spanien, Tennisstar Amélie Mauresmo und die Chansonsängerin Patricia Kaas wohnen in der Schweiz, die Familie Mulliez , Besitzer des Hypermarkt-Imperiums Auchan, in Belgien. In der Schweiz leben etwa 200.000 Franzosen – der Steuer wegen. Insgesamt haben die Steuerfahnder im vergangenen Jahr 16 Milliarden Euro zusätzlich eingenommen. Gleichzeitig wurden von den Franzosen 77.000 Auslandskonten erklärt, dreimal so viel wie im Jahr zuvor. Bei der im Finanzministerium eingerichteten Abteilung zur steuerlichen Legalisierung haben sich zudem 4.700 Steuersünder freiwillig gemeldet. Das brachte Nachzahlungen und Strafgebühren von 1,2 Milliarden Euro ein.
Während in Griechenland die Normalbürger 2012 unter Rentenkürzungen und Massenentlassungen leiden, retten viele Reiche sich und ihr Geld ins Ausland. Die Clans der Latsis , Niarchos und Onassis residieren schon lange in der Schweiz, in Großbritannien oder in Brasilien. Ihre Milliardenvermögen haben sie mit Reedereien in Piräus und Thessaloniki gemacht, den griechischen Spitzensteuersatz haben sie aber nicht gezahlt. Heute fahren ihre Containerschiffe meist unter afrikanischen Billigflaggen. Seit Beginn der Krise sind über 5.000 Griechen ins Visier der Steuerfahndung geraten, weil sie ihr Geld ins Ausland geschafft haben.
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