Still und starr ruht der Tod
Pullover.« Petronella Kallweit hielt sich die Seite. »Susanne verfügt über eine Kraft, die ihr keiner zutrauen würde. Als ich sie in jener Nacht bei der Hütte festhielt, kämpfte sie sich glatt frei und versetzte mir mit ihrer Taschenlampe einen solchen Schlag in die Seite, dass die Rippe angeknackst ist.«
Katinka puzzelte sich den Rest der Geschichte zurecht. Susanne hatte beobachtet, wie Rita in Arturs Anwesenheit mit dem Hinterkopf auf die Tischkante schlug und zusammenbrach. Dann musste sie auch gesehen haben, wie Artur das Geld an sich nahm, das Rita in der Forsthütte aufbewahrte.
Für eine Weile senkte sich Schweigen auf die fünf Menschen, die in Katinkas Küche Käsewürfel knabberten.
»Wer hat die Security in meinem Innenhof sabotiert?«, fragte Katinka. »Auch Artur?«
»Vermutlich. Ich nehme ihn in die Zange, bis er quietscht, soviel steht fest.« Die Kommissarin rieb sich die Hände. »Wir haben immerhin das Foto, das Sie von den Stiefelabdrücken geschossen haben.«
»War er derjenige, der mich angegriffen hat?«
»Scheint so.« Hardo betrachtete sein Bierglas. »Ich war’s nicht. Und die Frau, die bei dir einbrechen wollte und es womöglich sogar bewerkstelligt hat, kann nur Rita gewesen sein.«
»Artur jedenfalls hat das Loch in das Eis gesägt«, machte die Kallweit weiter. »Wir haben die passende Motorsäge bei den Schweigaus im Keller gefunden. Er sah sich vermutlich gezwungen, seiner Frau zu helfen. Sie wollten Herrn Wischnewski auf diese Weise im See entsorgen.«
Verstohlen sah Katinka zu Dante hinüber. Er wirkte ganz cool. Wie es in ihm aussah, stand auf einem anderen Blatt.
»Sehr kooperativ ist Artur Schweigau nicht«, ließ sich Hardo vernehmen.
»Das wird sich ändern«, bemerkte die Kallweit und fletschte die Zähne.
Als Simone sich verabschiedet hatte, verfielen Hardo und Petronella Kallweit in einen Meinungsaustausch zu dem Fall, an dem Hardo in den letzten Wochen gearbeitet hatte. Katinka nahm Dante beiseite.
»Eine Frage zum Abschluss.«
»Aber bitte, gern.«
»Warum sind Sie zurückgekommen?«
Dante runzelte die Stirn.
»Aus den USA, meine ich!« Katinka blickte ihn prüfend an.
»Subtext.« Dante nickte lässig.
»Subtext?«
Der Reporter beugte sich vor. »Nee. Heimweh. Aber ich habe nichts gesagt, klar?«
Epilog
Am 21. Januar rief ein Mann namens Ewald Tscherner bei Katinka Palfy an.
»Ich vertrete Susanne Schweigau anwaltlich«, begann er das Gespräch. »Sie hat mich beauftragt, Ihnen etwas auszuhändigen. Könnten Sie bei mir in der Kanzlei in Bayreuth vorbeikommen?«
»Okay.« Katinka machte einen Termin für den folgenden Tag aus.
Neugierig fuhr sie nach Bayreuth. Ewald Tscherner war ein schwergewichtiger Mann mit einer Brille, die seine Augen riesig wirken ließen. Eine Art Eulenkopf auf einem Menschenkörper. Er begrüßte Katinka geschäftsmäßig-distanziert.
»Wie ich Ihnen schon am Telefon gesagt habe, vertrete ich Susanne Schweigau in dieser Entführungsgeschichte. Die Anklage lautet unter anderem auf Freiheitsberaubung und Aussetzung, aber es kommt noch mehr hinzu.« Er wies auf den Besuchersessel vor seinem Schreibtisch und sackte selbst auf einen Drehstuhl, der unter seinem Gewicht ächzte. »Wir halten es für das Beste, dass Susanne keine Aussage macht. Ich arbeite eng mit dem Anwalt ihres Mannes zusammen. Man wird sehen. Allerdings habe ich die Aufgabe, Ihnen dies hier zu übergeben.« Er reichte ein Kuvert über seinen Schreibtisch. Katinka griff danach.
»Darin befindet sich die Adresse einer Bank und ein Schlüssel zu einem Schließfach. Susanne bittet Sie, den Inhalt des Schließfaches an sich zu nehmen und einer gewissen Walli zu übergeben.« Der Anwalt sah Katinka prüfend an.
»In Ordnung«, sagte Katinka nur. Sie machte keine Anstalten, das Kuvert zu öffnen.
»Ja, dann.« Tscherner erhob sich und Katinka tat es ihm nach.
»Würden Sie mir einen Gefallen tun?«, fragte sie.
»Welchen?«
»Fragen Sie Susanne, warum sie das tut. Und wenn sie antwortet, teilen Sie mir die Antwort mit?«
Er nickte. »Ich kann es versuchen.«
Zurück im Auto schlitzte sie den Umschlag auf. Eine Bank in Cheb, Tschechien! Katinka fuhr sofort los und war nach knapp zwei Stunden an Ort und Stelle. Während sie tankte, ließ sie sich vom Tankwart den Weg zur Bank beschreiben. Als sie den Motor startete, spürte sie seinen Blick in ihrem Rücken.
Vereinzelt sah man noch Reste von Weihnachtsschmuck und ausgebrannte
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