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Stoerfall in Reaktor 1

Stoerfall in Reaktor 1

Titel: Stoerfall in Reaktor 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfram Hänel
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Kriegerdenkmal neben der Kirche auf sie zugetorkelt. Er ist so betrunken, dass er sich nur hilflos im Kreis dreht, als Jannik gerade noch einen Schlenker machen kann, um den Zusammenstoß zu vermeiden.
    Lukas nimmt wieder das Megafon. »Achtung, Achtung! Schließen Sie Fenster und Türen! Bleiben Sie in Ihren Wohnungen! Schalten Sie Fernseher und Radios ein und unternehmen Sie nichts, bis Sie weitere Anweisungen erhalten. Der Ort wird umgehend evakuiert. In den Sammelstellen bekommen Sie Jodtabletten zugeteilt. Die Vorräte sind ausreichend. Personen über fünfzig Jahren dürfen keine Jodtabletten einnehmen. Ich wiederhole: Warten Sie die Anweisungen ab! Achtung, Achtung …«
    Schräg vor ihnen ist jetzt das Rathaus. Im ersten Stock brennt noch Licht. Im Schatten der Seitenstraße parkt irgendein großer Wagen. Aus dem Polizeirevier gegenüber kommen zwei Polizisten gerannt und setzen sich im Laufen die Dienstmützen auf. Lukas lässt schnell das Megafon zwischen sich und Jannik verschwinden.
    Im gleichen Moment heult wieder die Sirene los, diesmal mit einem an- und abschwellenden Dauerton: Strahlenalarm!
    Die Polizisten zeigen auf das Moped, dann springen sie in den Streifenwagen, der vor dem Gebäude geparkt ist.
    Â»Zurück zur Kirche!«, brüllt Lukas. »Die Bullen haben uns gesehen!«
    Jannik reißt den Lenker herum. Knatternd wühlt sich das Moped durch die Blumenrabatten, über die weiß getünchte Kirchenwand zucken blaue Lichtblitze. Dann sind sie in der schmalen Gasse, die hinter der Kirche zwischen den alten Fachwerkhäusern hindurchführt. Auf dem holprigen Kopfsteinpflaster kommt das Moped ins Schlingern. Haarscharf brettern sie an einer Hausmauer vorbei.
    Â»Bleib cool, Alter!«, brüllt Lukas. »Hier kommen die Bullen nicht durch! Wir haben sie abgehängt! Alles easy! Fahr langsamer, Mann!«
    Aber Jannik reagiert nicht. Im Gegenteil, er scheint völlig weggetreten zu sein. Als sie aus der Gasse herauskommen, biegt er nach rechts auf die Hauptstraße ein und reißt den Gashebel bis zum Anschlag auf. Lukas klammert sich jetzt mit beiden Armen an ihm fest. Das Megafon drückt sich schmerzhaft in seinen Brustkorb. Sie haben mindestens sechzig Stundenkilometer drauf, und die enge Kurve, die zum Wald hinaufführt, muss jeden Moment vor ihnen auftauchen. Aber Jannik macht immer noch keine Anstalten, vom Gas zu gehen. Immerhin schaltet er jetzt das Licht ein und fast sofort reflektiert das rotweiß gestreifte Kurvenschild warnend den Scheinwerferkegel des Mopeds. Noch zehn Meter, noch fünf. Lukas macht die Augen zu und drückt sein Gesicht gegen Janniks Rücken, automatisch legt er sich mit in die Kurve, als wären sie ein Körper, und er spürt, wie das Hinterrad unter ihm wegrutscht, aber dann passiert das fast Unmögliche – das Moped richtet sich wieder auf, sie sind durch, sie haben es tatsächlich geschafft. Jannik hat die Maschine auf der Straße gehalten, es wird kein neues weißes Holzkreuz am nächsten Baum geben …
    Vor Angst hat er Janniks Sweatshirt vollgesabbert, aber er hält sein Gesicht weiter auf die nasse Stelle gedrückt, bis Jannik auf einen Feldweg abbiegt und nach ein paar Metern den Motor ausschaltet. Mit weichen Knien steigt Lukas vom Sitz, seine Hände zittern unkontrolliert, das Megafon rutscht ihm aus den Fingern und poltert zu Boden. Und mit dem Scheppern kommt die Wut. Er packt Jannik am Arm und brüllt: »Bist du noch ganz dicht? Wolltest du uns eben umbringen, Mann? Was sollte das?«
    Â»Ãœber fünfundsechzig«, antwortet Jannik unbeeindruckt. »Wahnsinn! Das habe ich noch nie geschafft!«
    Erst als Lukas mit voller Kraft gegen das Vorderrad tritt und sich dann wortlos abwendet, lenkt Jannik ein: »Okay, was willst du? Ich bin ausgeflippt, stimmt schon, war nicht so gut, aber … Mann, erst der Besoffene da plötzlich und dann die Bullen und …« Er zuckt hilflos mit der Schulter. »Aber ist ja noch mal gut gegangen, also … He, redest du noch mit mir?«
    Lukas hat ihm den Rücken zugewandt und blickt ins Tal hinunter. Im Dorf gibt es kaum ein Haus, das inzwischen nicht hell erleuchtet ist, überall flackern die Fernsehbildschirme. Wendburg ist aufgeschreckt, vorbei ist die Ruhe! Die Zufahrt zum AKW ist jetzt mit Flutlicht ausgeleuchtet, über den Zugängen zu den Gebäuden rotieren gelbe Warnlampen, und Lukas

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