Stolz und Vorurteil - Vollständige Ausgabe (German Edition)
sie den Bitten ihrer Zuhörer um eine Zugabe nachkommen konnte, löste ihre Schwester Mary sie etwas voreilig am Klavier ab.
Mary, die einzige von den Schwestern, die nicht gut aussah, hatte sich als Gegengewicht hierfür ein gewisses Können und Wissen sauer erarbeitet und war nun stets eifrig darauf bedacht, ihre Errungenschaften zur Schau zu stellen. Leider besaß sie weder Talent noch Geschmack; und obgleich Eitelkeit und Ehrgeiz ihr zu einer nicht geringen Fertigkeit verholfen hatten, sprachen diese beiden Eigenschaften so stark aus ihrer schulmeisterlichen Miene und ihrem eingebildeten Gebaren, daß selbst ein weit höherer Grad von Können, als sie ihn erreicht hatte, ihre Fehler nicht aufgewogen hätte. Dem anspruchslosen, ungekünstelten Spiel Elisabeths hatte man mit viel mehr Vergnügen zugehört als dem sehr viel besseren Marys. Sie konnte zufrieden sein, daß sie nach einem langen, schwierigen Klavierkonzert doch noch Lob und Dankbarkeit mit einigen schottischen und irischen Weisen ernten durfte, die ihre jüngeren Schwestern und ein paar tanzlustige Offiziere von ihr erbaten und dann auch eifrig am einen Ende des Saales ausnutzten.
Mr. Darcy hatte sich in der Nähe der Tanzenden aufgestellt und schaute ihnen voller Geringschätzung zu. Wie töricht, dachte er, den Abend in einer Weise zu verbringen, die von vornherein jede Möglichkeit einer vernünftigen Unterhaltung ausschließt. Er war so sehr in seine ärgerliche Betrachtung vertieft, daß er es nicht bemerkte, wie Sir William Lucas zu ihm getreten war, bis dieser ihn ansprach.
»Eine entzückende und harmlose Beschäftigung für junge Leute, finden Sie nicht auch, Mr. Darcy? Es geht doch nichts übers Tanzen; ich betrachte es immer als eine der vornehmsten Errungenschaften eines wirklich kultivierten Volkes.«
»Gewiß, Sir William — und außerdem hat es noch den Vorzug, auch bei weniger kultivierten Völkerschaften äußerst beliebt zu sein. Jeder Wilde kann tanzen.«
Sir William lächelte nur hierzu. »Ihr Freund ist ein ganz hervorragender Tänzer«, fuhr er nach einer Weile fort, als er sah, daß Bingley sich unter die Tanzenden begeben hatte, »und ich irre mich wohl nicht, wenn ich in Ihnen ebenfalls einen Meister dieser Kunst vermute, Mr. Darcy?«
»Sie haben mich ja in Meryton tanzen sehen, Sir William.« »Das habe ich, und der Anblick hat mir nicht geringes Vergnügen bereitet. Tanzen Sie häufig bei Hofe?«
»Nie.«
»Wäre das nicht eine passende Ehrung für den hohen Ort?« »Es ist eine Ehrung, die ich keinem Ort erweise, wenn ich es irgend vermeiden kann.«
»Ich nehme an, Sie besitzen ein Haus in London?«
Darcy nickte bejahend.
»Ich trug mich seinerzeit selbst mit dem Gedanken, meinen Wohnsitz in London aufzuschlagen, denn ich schätze den Umgang mit der guten Gesellschaft sehr. Aber ich konnte dann doch nicht meine Zweifel unterdrücken, ob die Londoner Luft auch meiner Frau bekommen würde.«
Er sah seinen Gast erwartungsvoll an; aber Darcy schien nicht die Absicht zu haben, das Gespräch fortzusetzen. Während Sir William noch über eine neue Anknüpfung nachgrübelte, entdeckte er Elisabeth nicht weit von ihnen entfernt, und er zögerte nicht einen Augenblick, sich als überlegenen Weltmann zu zeigen.
»Meine liebe Elisabeth«, rief er hinüber, »warum sehe ich Sie nicht unter den Tanzenden? Mr. Darcy, Sie müssen mir erlauben, Sie mit einer ganz reizenden Dame bekanntzumachen. Selbst Sie werden sich mit so viel Schönheit vor Augen nicht mehr sträuben können zu tanzen.«
Und damit ergriff er Elisabeths Hand, um sie Darcy zuzuführen, der zwar etwas erstaunt über den plötzlichen Überfall war, aber durchaus nicht abgeneigt schien. Elisabeth jedoch machte sich heftig frei und sagte in einigem Unwillen zu Sir William: »Ich bitte Sie, ich habe nicht die geringste Lust zu tanzen. Sie meinten doch hoffentlich nicht, ich sei auf dem Wege, um einen Tänzer zu suchen?«
Mr. Darcy bat sie in aller Form und mit größter Höflichkeit, ihm einen Tanz zu gewähren, aber umsonst, Elisabeth ließ sich nicht bewegen; auch Sir Williams Versuche, sie doch noch zu überreden, blieben erfolglos.
»Sie werden doch nicht so grausam sein, Elisabeth, mich um den Genuß zu bringen, Sie tanzen zu sehen; und wenn Mr. Darcy auch im allgemeinen dieses Vergnügen nicht sehr schätzt, er wird uns jetzt bestimmt nicht den Gefallen versagen können.«
»Mr. Darcy ist ein Vorbild der Höflichkeit«, sagte Elisabeth lächelnd.
»Das
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